Tod ist nur ein Wort
Sie lag im Bett, in der Dunkelheit, und sie hatte geträumt, dass sie Bastien wiedergesehen hatte.
Dann bemerkte sie, dass jemand in dem Sessel am Fenster saß. Sie erkannte nur die Silhouette, doch sie wusste sofort, dass sie nicht geträumt hatte.
Sie setzte sich nicht auf, bewegte sich nicht. Ihre Stimme war sehr ruhig, als sie sprach. “Warum bist du wirklich hier? Es ist nicht wegen des Colliers, oder?”
Er musste gewusst haben, dass sie wach war. Er schien jederzeit ein besonderes Gespür für sie zu haben.
Oh Gott, hoffentlich nicht in jeder Beziehung.
Sie betete, dass er nichts von den wirren und widersprüchlichen Gefühlen wusste, die er in ihr auslöste. Für einen Augenblick sagte er nichts – lange genug, dass sie sich verschiedene Antworten ausmalen konnte. Dass er ohne sie nicht leben konnte, dass er sie noch einmal sehen musste, dass er sie liebte …
“Jemand will dich umbringen.” Seine Stimme war gelassen, ausdruckslos.
Im Prinzip hatte sie nichts anderes erwartet, und jener verrückte Moment der Hoffnung hatte nicht lang genug angedauert, um sie nun Enttäuschung verspüren zu lassen. Jedenfalls nicht viel. “Natürlich”, erwiderte sie. “Warum sollte sich irgendetwas verändert haben? Und du bist hier, um mich zu retten? Ich dachte, du hättest deine Pflicht schon erfüllt. Du hast mich aus Frankreich rausgebracht – alles Weitere sollte meine Sache sein. Oder vermutlich die der amerikanischen Polizei oder der CIA oder wessen auch immer.”
Er schwieg, und sie setzte sich verärgert auf. “Warum zum Teufel sollte irgendjemand mich töten wollen? Du bist ein viel naheliegenderes Ziel. Ich habe niemandem etwas getan – ich war nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich stelle keine Bedrohung dar für eure kranken Pläne, die Welt zu beherrschen.”
“Du hast zu viel Fernsehen geguckt”, sagte er. Mit dem Aussehen hatte sich auch sein Akzent geändert, er war jetzt weniger ausgeprägt. Sie fragte sich, ob er erneut seine Identität gewechselt hatte.
“Wer will mich töten und warum? Und warum sollte es dich kümmern?” Bitte, dachte sie. Sag etwas, mit dem ich leben kann. Ich möchte hören, dass ich mehr als nur ein Hindernis bin.
Doch sie wusste, was er sagen würde. Er hatte es schon zu oft gesagt. Er empfand nichts für sie – er fühlte sich nur verantwortlich. Und das wollte sie nicht hören.
Er erhob sich, und seine Silhouette zeichnete sich vor dem mondbeschienenen Fenster ab. Einen Moment fürchtete sie, er könnte erschossen werden. Doch das Licht war zu diffus – der Schnee musste dichter geworden sein, während sie bewusstlos war –, und solange das Licht nicht eingeschaltet war, konnte niemand hineinsehen. Zu ihrem Erstaunen setzte er sich neben das Bett auf den Boden.
“Monique hat überlebt”, sagte er sanft.
“Du hast mir gesagt, sie sei tot. Jemand hätte ihr ins Gesicht geschossen.”
“Das ist das, was ich gesehen habe. Doch jene Nacht war ein einziges Chaos – ich muss mich geirrt haben. Ich weiß nur, dass sie überlebt hat und dass sie hinter dir her ist.”
“Nun, du kannst mich vor einer einzelnen Frau beschützen, oder? Das hast du schon einmal getan.” Die Erinnerung an Maureen, die kopfüber und blutend im Schnee lag, war noch immer in ihr Gehirn eingebrannt und ließ sie schaudern.
“Sie kommt nicht allein.”
Er hatte sich an den Nachtschrank gelehnt, die Hände ruhten auf seinen Knien, und er wirkte ganz gelöst. “Aber warum?”, fragte Chloe. “Wenn sie jemanden töten will, warum dann nicht dich? Ich war nur eine unschuldige Zuschauerin.”
“Das bist du noch immer. Und sie will mich unbedingt töten. Ich bin nur ein bisschen schwerer aufzuspüren als du. Also muss sie sich vorerst mit dir zufriedengeben.”
“Was bin ich doch für ein Glückskind”, murmelte sie. “Immer die zweite Wahl.”
“Tut mir leid, aber möchtest du lieber halb Europa auf deinen Fersen haben? Das kannst du haben.”
“Und wie würdest du das anstellen?”
“Indem ich einfach bei dir bleibe.”
Sie sah ihn überrascht an. Er hatte das beiläufig gesagt, und sie wusste, dass er keinerlei Interesse oder Absichten hatte, länger bei ihr zu bleiben, als er das musste. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie sich nicht wiedergesehen. Hatte er das vorhin nicht gesagt?
“Warum also will sie mich töten? Abgesehen von dem Umstand, dass ich sie eine räudige Hure genannt habe. Ich kann ihr doch egal sein.”
“Nein”, sagte er. “Das
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