Tod ist nur ein Wort
Auf ihrer glatten makellosen Haut schien Gilles Hakims Brutalität nur noch ein entfernter Albtraum zu sein. Falls er je zum Komitee zurückkehrte, würde Thomason seinen Kopf fordern, weil der dieses flüssige Gold an einer Zivilistin verschwendet hatte. Egal. Er würde Chloe alles geben, was er konnte.
Das schloss auch die Sicherheit und den Frieden ein, die er ihr nur verschaffen konnte, wenn er völlig aus ihrem Leben verschwand.
Monique stellte die letzte Gefahr dar. Er wusste noch immer nicht, wie sie jenen Abend hatte überleben können, doch sie war die unberechenbarste Person, mit der er es bei seiner Arbeit für das Komitee je zu tun gehabt hatte. Besser gesagt, die unberechenbarste Person unter jenen, die noch lebten. Denn Menschen wie sie wurden in dem Geschäft normalerweise nicht alt – man gefährdete seinen Auftrag nicht durch persönliche Emotionen, man tötete aus keinem anderen Grund als dem Job, man fühlte keinen Hass, keine Liebe.
Doch Monique wurde so zerfressen von Hass, dass es ihr gelungen war, zu überleben. Und statt ihre Machtzentrale neu aufzubauen, machte sie Jagd auf Chloe Underwood, weil sie wusste, dass sie damit ihn traf. Weil sie ihn aus seinem Versteck locken wollte, um ihn zu töten.
Wenn er Monique aufhielt, gab es kein Problem mehr, zumindest nicht für Chloe. Um das sicherzustellen, würde er sogar Harry Thomason die Kehle durchschneiden.
Er fühlte, wie ihr Herz schneller schlug, spürte den leichten Schauer, der über ihren Körper fuhr, und wusste, dass sie die Augen aufschlug, obwohl ihr Gesicht ihm abgewandt war. Er war auf seltsame Weise auf sie eingestimmt – sie hatten nur wenige Male miteinander geschlafen, und doch kannte er ihren Körper, ihren Puls, den Rhythmus ihres Herzschlags und ihre Atemzüge so gut wie sich selbst. Seine Fingerspitzen tanzten sacht über ihren Arm, und er spürte ihre Reaktion. Sie wollte mehr. Und Gott mochte ihm beistehen – er ebenfalls.
“Sie kommen bald”, sagte er sanft. “Wir müssen uns anziehen.”
Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, und er sah die Tränenspuren auf ihrem ungeschminkten Gesicht und das zerzauste Haar. Sie wirkte jünger, als er sie je erlebt hatte, und unschuldig auf eine Art und Weise, die nichts mit den letzten Stunden zu tun hatte. Unschuldig in ihrem Herzen, dort, wo sich bei ihm nur eine leere Hülle befand.
“Müssen wir das?” Ihre Stimme war leise, heiser und sexy. Er konnte kaum fassen, dass er sie schon wieder begehrte. Nur gut, dass er in ein paar Stunden entweder tot oder fort wäre. Nun, da er seinen Schutzschild aufgegeben hatte, wurde es schwerer und schwerer, ihn wieder aufzubauen. Ihr Leben hing von seinen Fähigkeiten ab. Für Verwundbarkeit war da kein Platz.
“Wir müssen”, erwiderte er und strich ihr das Haar aus der Stirn. Sie nahm seine Hand und führte sie an ihren Mund. Sie hatte Spuren an seinen Handgelenken hinterlassen, dort, wo sie ihn sogar blutig gebissen hatte, als er ihre Schreie dämpfte. Auf eine merkwürdige Art befriedigte ihn das. “Wenn wir irgendeine Chance haben wollen, zu überleben, müssen wir bereit sein.”
“Irgendeine Chance? Wie groß ist sie?”
Er zuckte die Achseln. “Es sollen schon größere Wunder geschehen sein.”
“Dann kannst du mich auch belügen.”
“Warum sollte ich?”
Sie setzte sich auf. Im Mondlicht sah sie zauberhaft aus, wirkte nicht länger unsicher. Er hatte ebenfalls Spuren an ihrem Körper hinterlassen – Bissmale an ihren Brüsten und rote Striemen, wo seine Bartstoppeln ihre Oberschenkel aufgekratzt hatten. Das würde heilen. Wie auch die Wunden in ihren Seelen.
“Wenn wir sowieso sterben werden, kannst du mir ruhig ein paar nette Lügen erzählen”, sagte sie. “Letztlich spielt es keine Rolle mehr, und ich sterbe glücklich.”
“Ich habe nicht die Absicht, einen von uns sterben zu lassen. Und wohin sollten Lügen uns bringen?”
“Wenn wir überleben sollten, verspreche ich, dass ich es vergesse. Sag mir nur, dass du etwas für mich empfindest. Wie wichtig ist schon die Wahrheit, wenn wir sowieso sterben?”
“Gerade weil wir vielleicht sterben, ist die Wahrheit wichtig”, erwiderte er, ohne Anstalten zu unternehmen, sie zu berühren. “Und dir zu sagen, dass ich etwas für dich empfinde, ist Zeitverschwendung. Ich wäre nicht aus meinem Versteck gekommen und um die halbe Welt gereist, wenn du mir nichts bedeuten würdest.”
Ihr Lächeln war verführerisch und so lieblich, dass es ihm das Herz
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