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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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verkomplizieren.
    Gevögelt hatte er sie schon – was etwas ganz anderes war. Das musste reichen. Sein Verlangen war ganz natürlich, und er kannte sich selbst gut genug, um es unterdrücken zu können. Wenn es um Leben und Tod ging, erwachten sämtliche Urinstinkte. Nicht schön, aber wahr. Gefahr erregte ihn.
    Sich in Todesgefahr zu befinden, egal ob er gejagt wurde oder selber jemanden jagte, entfachte in ihm immer das Verlangen, das Leben zu spüren und eine Frau zu nehmen. Ob das nun der Instinkt eines Höhlenmenschen war, der seine Art erhalten wollte, oder eine seltsame Faszination für Leben und Tod, das Verlangen war da. Je nach Situation gab er ihm nach oder auch nicht. Oft traf er bei einem Einsatz Agentinnen, die das gleiche Verlangen hatten, und eine schnelle, scharfe sexuelle Vereinigung schärfte in Gefahrensituationen sogar die Sinne.
    Doch Chloe war keine Agentin. Sie war zehn Jahre und eine ganze Ewigkeit jünger als er, und wenn es um Leben und Tod ging, würde sie nicht einen Gedanken an Sex verschwenden. Sie würde eine Weile brauchen, bevor sie den Anblick ihrer ermordeten Freundin und die Stunden mit Hakim verkraftet hatte. Aber sie würde es schaffen. Sie mochte fast noch ein Mädchen sein, doch sie war stark und unverwüstlich. Trotz ihrer Platzangst hatte sie sich mit ihm zurück in das dunkle Loch getraut und schlief jetzt.
    Er konnte seinen Duft an ihr riechen, wahrscheinlich von seinem Mantel, der nun über sie beide ausgebreitet war. Aus irgendeinem Grund fand er das erotisch. Aber schließlich fand er alles an ihr erotisch.
    Der gottverdammte Schnee hätte nicht ungelegener kommen können. Wenn der Schnee nicht wäre, säße sie schon in einem Flugzeug über dem Atlantik, und er könnte sich auf seinen Auftrag konzentrieren. Seinen letzten Auftrag.
    Er musste zu Ende bringen, was er im Château angefangen hatte. Musste herausfinden, wie die Gebiete aufgeteilt wurden und wer Remarques Platz einnehmen würde. Hakim hatte niemals genug Macht dafür gehabt. Tatsächlich war er nur ein überschätzter Verwaltungsassistent gewesen, der die Dinge am Laufen hielt, während die Bosse die Verhandlungen führten. Um Kohlköpfe und frisches Kalbsfleisch. Um Langstreckenraketen und thermogesteuerte Geschütze. Um Biowaffen und C4-Plastiksprengstoff und Blut überall.
    Das große Fragezeichen bildete Christos. Warum war er nicht aufgetaucht, und wenn er es inzwischen war, mit welchem Plan? Denn der Christos, den er kannte, hatte immer einen ausgefeilten Plan. Es gab mindestens eine Person im Château, die mit seinen Vorhaben vertraut war – das gehörte zum Arbeitsstil von Christos. Das konnte der Baron sein, der längst nicht so harmlos war, wie er wirkte, oder vielleicht sogar Monique. Sie war sehr schwer festzunageln. Sie hatte ein Faible für Schmerzen und für Lust, und er musste erst noch herausfinden, wo sie verwundbar war. Es konnte Ricetti sein oder Otomi, Madame Lambert oder sogar Ricettis Assistent. Es spielte keine Rolle, dass der junge Mann, der sich als sizilianischer Dealer ausgab, ebenso ein Agent des Komitees war wie Bastien. Er war nicht der Einzige dort, und jeder konnte die Seiten wechseln, wenn der Preis stimmte.
    Eins stand fest: Christos durfte die Führung des Kartells nicht übernehmen, und es lag an ihm, das zu verhindern. Thomason hatte sich unklar ausgedrückt, was das Schicksal der anderen Waffenhändler anging. Würde man sie sich neu organisieren lassen, wenn der Anführer beseitigt worden war? Vermutlich ja – das Komitee wusste gern, wer seine Gegner waren. Doch das war nicht sein Problem. Er musste nur noch einen Menschen töten. Und dann war er fertig. Aus. Vorbei.
    Er bewegte seinen Kopf ein wenig, sodass sein Gesicht ihr zerzaustes Haar streifte. Als geschorenes Lamm sah sie völlig anders aus. Jünger und verwundbarer. Und noch begehrenswerter.
    Doch sie war tabu. Er hatte kein Recht und keinen Grund, sie zu berühren. Außerdem würde es die Dinge nur unnötig verkomplizieren.
    Überhaupt sollte er aufhören, an sie zu denken, und so viel Schlaf mitnehmen, wie er kriegen konnte. Es spielte keine Rolle, dass ihr Duft überall war. Er war professionell genug, um solche Ablenkungen zu ignorieren. Er schloss die Augen, atmete ihren Duft, lauschte ihren Atemzügen und schlief ein.
    Es war Mittag. Chloe hatte keine Ahnung, woher sie das wusste – der Raum war stockdunkel, kein Lichtstrahl drang durch das Dachfenster. Doch sie verfügte über eine innere Uhr –

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