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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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bringen, und gleichzeitig war sie sicher vor ihm. Dafür musste sie dankbar sein. Ja, das musste sie.
    “Es tut mir leid.” Die Worte erstaunten sie selbst, für ihn jedoch waren sie wie ein Schock.
    “Was hast du gesagt?”
    Sie räusperte sich. Sie schmeckte die Blutorange in ihrem Mund, schmeckte seine Finger auf ihren Lippen. “Ich sagte, es tut mir leid. Dass ich dir unhöfliche Fragen gestellt habe, dass ich wütend auf dich war, dass ich versucht habe, wegzulaufen, und nicht auf dich gehört habe. Du hast dir viel Mühe gegeben, um mich zu beschützen, und ich bin nur am Jammern. Es tut mir leid. Und ich bin dankbar.”
    Er stand auf und trat so weit von ihr zurück, wie es in dem winzigen Raum möglich war. Seine undurchdringlichen Augen beobachteten sie. “Dankbar? Ich dachte, du hältst mich für eine Ausgeburt der Hölle?”
    “Das bist du auch”, erwiderte sie, als die Wut wieder in ihr hochstieg. “Aber du hast mir das Leben gerettet, mindestens zweimal, und ich habe mich nicht dafür bedankt.”
    “Dann danke mir nicht jetzt. Wenn du wieder sicher in den USA bist, kannst du einen netten Gedanken an mich verschwenden.”
    “Warum tust du das? Ich verstehe nicht, warum du so viel für mich aufs Spiel setzt. Du sagtest, du hättest mich aus einer Laune heraus vor Hakim gerettet, aber das glaube ich nicht. Ich denke, dass du längst nicht so kaltblütig bist, wie du glaubst, und als es ernst wurde, konntest du nicht mit ansehen, wie Hakim eine Frau umbringt. Tief in mir bin ich sicher, dass du ein guter Mensch bist, auch wenn ich nicht weiß, wer oder was du bist, und nicht einmal deinen richtigen Namen kenne.”
    “Du brauchst meinen Namen nicht zu kennen. Außerdem machst du dir etwas vor”, sagte er mit gepresster Stimme. “Ich bin ein kaltblütiger Mistkerl. Es gehört nicht zu meinen Gewohnheiten, Frauen zu retten, die ihre Nase in Dinge hineinstecken, die sie nichts angehen. In deinem Fall ist es einfacher, dich in die Staaten zurückzubringen, als dich hier zu beseitigen.”
    “Du würdest mich nicht töten. Du hast Hakim getötet, aber ich glaube nicht, dass du eine Frau töten könntest.”
    “Ach nein?”
    Der leichte Spott in seiner Stimme verunsicherte sie. Ihr Vater hatte recht, nie konnte sie rechtzeitig den Mund halten. Aber sie musste sich entschuldigen, musste ihm danken. Er hatte sie gerettet und beschützte sie noch immer – vermutlich aus genau jener Menschlichkeit, die er so nachdrücklich leugnete. Es konnten keine persönlichen Gründe sein.
    Er trat zu ihr, nahm ihr Kinn in seine Hand und zog ihr Gesicht dicht an seines. “Sieh mich an, Chloe”, sagte er weich. “Sieh in meine Augen und sag mir, dass du die Seele eines guten Menschen siehst. Eines Menschen, der niemanden töten würde, wenn er nicht dazu gezwungen wäre.”
    Sie wollte ihn nicht ansehen. Seine Augen waren dunkel, undurchdringlich und leer, und für einen kurzen Moment konnte sie die Schwärze dahinter erahnen. Sie versuchte ihren Kopf abzuwenden, doch er verstärkte seinen Griff. Sein Mund befand sich dicht vor ihrem, und sie roch die Blutorange in seinem Atem. “Sag mir, dass ich ein guter Mensch bin, Chloe”, sagte er mit sanfter tonloser Stimme. “Und zeig mir, wie dumm du tatsächlich bist.”
    Seine Worte waren hart und grausam, und sein Gesicht zeigte keinerlei Wärme. Nur einen Schmerz, den er vor allen verbarg, einen tiefen furchtbaren Schmerz, der ihn zerriss. Sie konnte ihn sehen, konnte ihn fast greifbar fühlen, und sie umfasste seine Handgelenke – nicht um seinen Griff zu lockern, sondern um ihn zu berühren.
    “Ich bin nicht dumm”, sagte sie und fühlte sich plötzlich sehr ruhig und sicher. Er regte sich nicht, und sie würde ihn küssen. Würde ihren Mund auf seinen legen, weil sie das wollte. Und er würde sie ebenfalls küssen, weil sich hinter dieser Schwärze ein Verlangen verbarg, das ebenso groß war wie ihres.
    Doch dann war es nicht sie, die die Initiative ergriff, sondern er. Er senkte den Kopf und streifte mit seinem Mund ihre Lippen.
    Es war nur ein federleichter Kuss. “Ich bin der Teufel in Person, Chloe”, wisperte er. “Und du bist eine Idiotin, wenn du das nicht begreifst.”
    “Dann bin ich eine Idiotin”, sagte sie und erwartete, dass er sie erneut küsste.
    Was er aber nicht tat. Einen langen endlosen Moment standen sie so da, bis er sagte: “Komm herein, Maureen.” Die Geheimtür öffnete sich, und blendendes Licht fiel in die Kammer.
    Eine Sekunde

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