Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
selber Mut zu. “Okay.”
    Er blies die Kerzen aus, und sie hörte in der plötzlichen Dunkelheit, wie die Tür aufgeschlossen wurde. Als er ihre Hand nahm, zuckte sie zusammen.
    Instinktiv wollte sie sich losmachen, doch er hielt sie fest. “Du wirst ohne mich nicht bis zum Badezimmer kommen”, sagte er sachlich.
    Sie atmete tief ein. “In Ordnung”, sagte sie.
    Sich an ihm festzuhalten half, auch wenn sie das nicht zugeben würde. Sie tasteten sich in der Dunkelheit die enge Stiege hinunter und gelangten zu einer Tür neben einem alten Ofen. Er öffnete sie und drückte ihr die kleine Taschenlampe in die Hand, bevor er ihr einen aufmunternden Schubs versetzte. “Mach sie erst an, wenn die Tür zu ist. Ich warte hier.”
    Das Badezimmer war tatsächlich einfach, aber die Toilette funktionierte, aus dem Wasserhahn kam kaltes Wasser, und es gab sogar einen kleinen Spiegel. Sie hätte darauf verzichten können, doch die Neugier siegte, und nachdem sie ihren Mund ausgespült und sich gewaschen hatte, warf sie einen Blick hinein.
    Sie war auf tief liegende Augen und ein blasses Gesicht gefasst, darauf, dass man ihr die Schrecken der vergangenen Tage ansah. Stattdessen sah sie aus wie Chloe: zupackend, durchaus hübsch und immer noch mit den abscheulichen Sommersprossen auf Nase und Wangenknochen – der Fluch ihres Lebens. Ihre Haare sahen lächerlich aus, standen wie ein dunkler Heiligenschein von ihrem Kopf ab. Doch sie war keine Heilige.
    Sie atmete tief durch, machte die Lampe aus und stellte fest, dass sie keine Ahnung hatte, wie die Tür aufging. Sie zog leicht daran, und sie glitt auf. Sie konnte ihn in der Dunkelheit nicht sehen, doch diesmal zuckte sie nicht zusammen, als er ihre Hand nahm und sie zurück zur Kammer führte. In der Sicherheit des winzigen Dachraumes fühlte sie sich fast glücklich.
    Sie kroch wieder auf das Bett – der Raum war so winzig, dass sie einander ständig berührten. Er zündete die Kerzen erneut an, griff in seine Jacke und holte eine Waffe heraus, die er auf den Tisch legte. Sie betrachtete sie wie eine giftige Schlange, doch die Waffe sollte sie schützen und nicht töten. Hoffte sie jedenfalls.
    “Und was jetzt?”, fragte sie.
    “Jetzt essen wir”, erwiderte er, woraufhin sie ihn am liebsten umarmt hätte. “Es waren nicht viele Geschäfte geöffnet, doch ich habe ein bisschen was bekommen. Und sag mir nicht, du hättest keinen Appetit – du musst essen. Die Sache ist noch nicht vorbei, und du brauchst deine ganze Kraft.”
    “Ich würde das niemals sagen. Ich sterbe vor Hunger. Was hast du mitgebracht?”
    Sie hatte die große Papiertüte vorher nicht bemerkt. Er hatte Baguette gekauft, ein bisschen Brie, zwei Birnen und zwei Blutorangen. Und natürlich eine Flasche Wein. Sie wollte lachen, doch das wäre genauso wie weinen. Sie könnte nie wieder damit aufhören. Einfach nur durchatmen, ermahnte sie sich.
    Er setzte sich auf die andere Seite des Bettes, und das kärgliche Mahl lag zwischen ihnen ausgebreitet. Ihr einziges Werkzeug war sein Taschenmesser, doch es gelang ihm damit, den Wein zu öffnen, und dann reichten sie es einander abwechselnd, um Brot und Käse abzuschneiden.
    Die Birne war köstlich – reif und weich, und sie wischte sich gerade den Saft mit einer der mitgebrachten Papierservietten vom Mund, als sie bemerkte, dass er sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck betrachtete.
    Er reichte ihr die Weinflasche. Da es nichts anderes zu trinken gab und auch keine Gläser, musste sie ebenso wie er aus der Flasche trinken. Sie nahm einen langen Schluck und fühlte, wie sich die Wärme in ihr ausbreitete. Als sie die Flasche zurückreichte, berührten sich ihre Finger. Sie zog ihre Hand hastig zurück, und er lächelte.
    Als sie satt waren, räumte er das Bett ab und stellte die Reste des Essens neben den Kerzenleuchter auf den Tisch. Sie bemerkte, dass keiner von ihnen die Orangen angerührt hatte.
    “Was jetzt?”, fragte sie und lehnte sich gegen die Wand.
    “Jetzt schlafen wir.” Er breitete eine der dünnen Decken auf dem Boden aus. Die Kammer war gerade groß genug, dass er neben dem Bett liegen konnte.
    “Ich habe stundenlang geschlafen”, wandte sie ein. “Tagelang, scheint mir. Ich weiß nicht, ob ich noch schlafen kann.”
    Er sah sie direkt an. “Und was, schlägst du vor, sollen wir tun?”
    Sie wusste natürlich keine Antwort darauf. In den zwei Jahren, seit sie in Paris wohnte, hatte sie sich ein sehr lässiges Schulterzucken abgeguckt.

Weitere Kostenlose Bücher