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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Liebhaber«, erklärte sie. »Wenn du das glaubst.«
    Ich fand es ausgesprochen schwierig, durch die offene Gartentür zu gehen. Dabei hatten wir vor zehn Minuten diese Art von Gespräch schon einmal durchgemacht.
    »Jetzt gebe ich auf.« Sie hielt die Finger in die Höhe und zählte ab. »Wenn es nicht der Sex ist und auch nicht Schuldgefühle und nicht Roddie zwei oder meine gute Küche, dann muß ich passen.«
    Sie begann diese Art Spiel nur, wenn sie beunruhigt war. Ich schloß die Augen und senkte den Kopf, damit sie die Wahrheit nicht sah, ging quer durch das Zimmer und legte die Arme um sie. Ich spürte ihre Schulterblätter unter meinen Händen und ihren Busen an meiner Brust. Sie drückte mich an sich, und ich küßte sie. Ich meinte damit: Warte auf mich.
    So standen wir lange Zeit aneinandergeschmiegt, erinnerten uns aneinander, bis der Schmerz hinter meinen Augen zuzunehmen begann und ich das freche Kichern der Bürojungen zu hören glaubte. Schließlich trat ich einige Schritte zurück und öffnete die Augen und wünschte bei Gott und wegen der Bürojungen, sie würde nicht so geküßt aussehen.
    »Ich muß gehen«, sagte ich. Und meinte: Warte auf mich.
    Aber das war etwas, worauf ich kein Anrecht hatte, was ich ihr nicht bieten, was ich ihr nicht wünschen durfte. Sie sah mich an und blickte in meine geschändeten Augen.
    »Ja«, sagte sie. »Das mußt du wohl.«
    Ich verließ die Küche und ging hastig um das Haus, ließ Tracey mit dem Kaffee allein, der gleichmäßig auf dem Herd brodelte.
    »Ja«, sagte sie. »Das mußt du wohl.« Kein Bedauern, keine Freude. Nichts riskierend, Angst vor dem Hineingezogenwerden, Angst vor dem Verletztwerden…
    Es war alles, was ich hatte. Da ich aber Tracey kannte, war das viel. Ich lief los. Ich rannte, keuchte und verlangsamte schließlich meine Schritte, kam zu einer Schnellstraße, fand ein Transportmotel und bestellte mir ein riesiges Frühstück. Die Bürojungen sollten glauben, was sie wollten. Wie Katherine Mortenhoe besaß ich das Talent zur Freude.

    Sie erwachte um halb neun und erfaßte sofort den vor ihr liegenden Tag. Es sollte ein Tag der Pläne, der Entscheidungen werden. Harry hatte ganz recht gehabt, als er vorschlug, irgendwohin zu verreisen. Je weiter, desto besser. Sie sprang aus dem Bett, sah ihre zerknitterte Kleidung im Spiegel, rieb sie mit einem Glättmittel ein und drehte sich langsam im Kreise, während sie über ihr Aussehen nachdachte. Nicht schlecht für vierundvierzig – und sechsundzwanzig Tage vor dem Grabe. Sie begann nach Harrys Reiseprospekten zu suchen. Komisch, wie sich die alte Denkweise hielt. Sie hatte seit zehn oder fünfzehn Jahren nicht mehr an ein Grab gedacht, an ein richtiges Leiche-und-Sarg-Grab. Sie selbst hatte ihren veränderten Organismus einer medizinischen Schule vermacht; junge Leichen – na ja, Leichen im mittleren Alter – mußten gar nicht so leicht zu finden sein. Sie schaute im Schreibtisch nach und hinter der Uhr und in der Schublade des Küchentisches. Dann versuchte sie es im Schlafzimmer und weckte schließlich Harry.
    »Ich kann die Reiseprospekte nicht finden«, sagte sie.
    Diesmal wachte er schneller auf. »Da waren Reporter vor der Tür«, sagte er. »Hast du nicht Ärger gehabt, hereinzukommen?« Und als er dann zu sich kam: »Ich bin fast bis zwei Uhr aufgewesen. Wo warst du denn?«
    Sie setzte sich zu ihm aufs Bett und erzählte ihm alles. Über Mr. Mathiesson, den Unfall, über ihren frühmorgendlichen Besuch auf der Polizeiwache. Wie immer genoß er diese Schilderung ihres aufregenden Lebens. Keiner von beiden verdarb diesen Augenblick mit Bemerkungen über das unpassende Benehmen des anderen.
    »Also haben wir drei Tage Atempause«, sagte sie. »Fluchtzeit. Über die Hügel und Berge – möglichst weit fort.«
    »Wird man uns nicht verfolgen?«
    »Nicht, wenn wir schlau sind. Wir müssen schlaue Pläne schmieden. Angefangen bei den Reiseprospekten, die du mir gezeigt hast.«
    Er kroch ein wenig in sich zusammen. »Du schienst daran kein großes Interesse zu haben«, sagte er. »Ich… Ich habe sie weggeworfen.«
    »Macht nichts.« Sie küßte ihn auf die Stirn. »Wir können uns leicht neue besorgen.«
    »Ich habe Vincent versprochen, ich würde ihm Bescheid geben, wenn wir die Stadt verließen.«
    »Das Versprechen wirst du wohl brechen müssen.«
    »Ich habe gewissermaßen auch etwas unterschrieben.«
    »Was kann er schon tun, Liebling? Er hat bestimmt nicht die Stirn, dich vor ein

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