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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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andere an diesem muterfordernden Tag. Sie war widerlich. Wenn sie schon nicht verhaftet wurde, weil sie als Katherine Mortenhoe einen Dreihunderttausend-Pfund-Vertrag gebrochen hatte, dann bestimmt als Gefahr für die öffentliche Gesundheit und Moral… Sie redete sich ein, daß das unbegründet war, dachte an die Randgruppen in der Stadt, an die verrückten, egozentrischen Typen, die je nach Erziehung angestarrt oder nicht angestarrt wurden, mit denen man aber unter keinen Umständen reden durfte. Sogar die Polizei, die diese Leute irgendwie als Sprengstoff ansah, als könnten sie jeden Moment in die Luft gehen, zog es vor, nach Möglichkeit auf die andere Straßenseite zu gehen.
    Katherine machte also einen tiefen Atemzug, öffnete die Toilettentür, nahm ihren Schlafsack zur Hand und wanderte los. Sie war frei. Frei von Harry, frei von Vincent, frei von Dr. Mason, frei von allen Menschen außer sich selbst. Und auch frei, nun diese verbliebene Bindung zu erkunden.
    Auf ihrem Weg durch den Heliport, ungeschickt auf den Holzschuhen daherklappernd, ging sie auf die beiden Polizisten zu, die so freundlich zu ihr gewesen waren. Sie schlurfte langsam an ihnen vorbei. Der eine blickte starr in die andere Richtung. Der andere wirbelte seinen Schlagstock – spielerisch, beruhigend. Ihr kam zu Bewußtsein, daß die beiden nun stellvertretend waren für ihr früheres, normales Ich. Beide versuchten unbewußt und auf ihre Weise den bösen Blick abzuwehren.

    Als Harry anrief, um Vincent zu sagen, daß seine Frau durchgebrannt sei, saß ich in Ferrimans Büro. Wir waren eben erst von der Polizeiwache zurückgekommen, und ich war nicht gerade fröhlich. Die Kautionserstellung hatte sehr lange gedauert, und wir hatten unzählige Formulare in dreifacher Ausfertigung ausfüllen müssen. Selbst wenn ich unschuldig gewesen wäre wie ein neugeborenes Lamm, hätte meine Laune nicht schlechter sein können – nicht nach dieser Prozedur. So verdammt höflich, jeder einzelne.
    Harry war ziemlich außer sich. Obwohl ich auf der anderen Seite des Tisches saß, konnte ich jedes Wort verstehen. Vincent lächelte mich und Harry an und nahm den Hörer auf Abstand, damit ich auch das Gefühl hatte, dazuzugehören.
    »… und jetzt ist sie verschwunden. Kein Gepäck, nichts. Einfach verschwunden.«
    »Hat sie ihre Handtasche mit?«
    »Ich nehme an. Ja – natürlich hat sie ihre Handtasche mit.«
    »Dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, nicht?«
    Ja, Vincent wußte, worauf es ankam. Eine längere Pause trat ein, lang genug, daß er sich eine seiner Zigarren zurechtschneiden und anzünden konnte. Eine Pause, in der Harry laut atmete und sich hörbar in Fahrt brachte.
    »Ich – weiß nicht, was Sie jetzt von uns – von ihr – denken müssen. Ich meine, immerhin hat sie einen Vertrag unterschrieben, und jetzt…«
    »Und Sie auch, Harry. Sie haben auch einen Vertrag unterschrieben.«
    »Ich habe mich daran gehalten. Ich habe meinen Teil des Vertrages erfüllt. Ich würde Sie ja jetzt nicht anrufen, wenn ich nicht…«
    »Sie machen sich Sorgen wegen all des Geldes, Harry. Natürlich machen Sie sich Sorgen.« Vincents Stimme klang so freundlich und sanft und verständnisvoll.
    »Ganz und gar nicht. Ich mache mir Sorgen um meine Frau.«
    Ich hatte schon angenommen, daß mir Harry nicht liegen würde. Jetzt war ich sicher, daß ich ihn nicht mochte. Vincent dagegen liebte ihn jede Sekunde mehr. Je mehr die Menschen versagten, desto mehr liebte er sie. Er liebte sie, weil sie seine Meinung über sie bestätigten. Und er war mein Boss. Ich arbeitete für ihn. Ich arbeitete freiwillig für ihn.
    »Wir kümmern uns um Ihre Frau, Harry. Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen. Und wir sorgen dafür, daß sie sich an den Vertrag hält.«
    »Muß das über die Polizei laufen?«
    »Wer hat etwas von Polizei gesagt?«
    »Na ja, sie hat immerhin das Gesetz übertreten, nicht?«
    »Ich verstehe Ihre Sorge um sie, Harry.« Seinen Zorn auf sie. »Hören Sie, alter Knabe, den Vertrag gebrochen hat sie erst um vier. Und danach brauchten wir einen Gerichtsbefehl, eine Verfügung oder wer weiß was, ehe wir uns an die Polizei wenden können. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen.«
    »Danke, Vincent, vielen Dank.«
    Wieder atmete er schwer. Die Frage, die ihm wirklich wichtig war, konnte er nun nicht mehr stellen. Vincent versuchte, das erste Stück Asche von seiner Zigarre zu klopfen, brachte das aber nicht fertig. Er runzelte die

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