Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
hatten sie sich angeschrien und über die Umstände von Nikis Tod gestritten. Einer von ihnen musste gegenüber dem Baron geplaudert haben, eine andere Erklärung fiel Puttmenger nicht ein. Aber warum? Und vor allem wer? Oder hatte der Baron andere Informationsquellen?
Puttmenger dachte an die Fotos im Umschlag und an die Hintergründe der infamen Erpressung. Sie lagen zwar über zehn Jahre zurück, hatten aber nichts an ihrer Brisanz verloren. Kam die Wahrheit ans Licht, wäre sein schönes Leben ein einziger Scherbenhaufen. Dann könnte er nur noch auf eine abgelegene Insel in die Südsee fliehen, wo ihn keiner kannte. Das durfte nicht passieren. Wenn ihn der Baron nicht überzeugte, musste er sich was anderes einfallen lassen, noch in dieser Nacht. Denn die Zündschnur brannte. Sie wurde in erschreckendem Tempo kürzer. Blieb das Risiko, dass der Baron herausbekam, womit er erpresst wurde. Dann hätte er noch ein Problem. Aber in diesem Fall würde er seinen Feind kennen.
Na endlich. Vom Erker seines Ansitzes sah er, wie der Land Rover auf sein Grundstück fuhr. Verbeult war der alte Geländewagen schon das letzte Mal gewesen, jetzt war er zudem eindrucksvoll verschlammt, die Reifen sahen aus, als ob der Wagen durch einen Kuhstall gefahren wäre.
Bei der Begrüßung entschuldigte sich der Baron für seine dreckigen Schuhe, er habe sich auf unbekanntem Terrain bewegt. Puttmenger bat ihn herein, das Angebot eines Weines lehnte Emilio ab, stattdessen fragte er nach einem doppelten Espresso. Dann nahmen sie am runden Tisch im Erker Platz. Als Erstes wollte Falko Puttmenger wissen, woher der Baron Kenntnis von der Erpressung habe.
Emilio lächelte hintergründig. Er sei ein ebenso verschwiegener wie vergesslicher Mensch, sagte er, deshalb könne er sich bei bestem Willen nicht mehr an seine Quelle erinnern. Da er über keine weiteren Informationen verfüge, würde er den Professor bitten, ihn kurz ins Bild zu setzen. Dann könne er ihm sagen, ob und inwieweit er in der Lage sei, ihm zu helfen.
Ob der Baron denn Erfahrungen mit Erpressungen habe, wollte Puttmenger wissen.
Das letzte Mal ging es um eine Million Euro, sagte Emilio. Eine reiche und verheiratete Industrieerbin habe sich mit einem Gigolo eingelassen. Die weiteren Details seien ihm leider ebenso entfallen wie der Name der werten Dame.
Wie denn der Fall ausgegangen sei, wollte Puttmenger wissen.
Sehr unerfreulich, sagte Emilio.
Wie bitte?
Für den Gigolo, nicht für die Dame aus besserer Gesellschaft. Leider habe sich der Erpresser dem Zugriff entzogen und sei mit seinem Auto so unglücklich von der Straße abgekommen, dass er dabei den Tod gefunden habe. Die Tasche mit der Million habe ihm Emilio zuvor abnehmen und später der Dame zurückgeben können. Auch sei das Belastungsmaterial durch ein Versehen in Flammen aufgegangen. Wie gesagt, alles sehr unerfreulich. Aber seine Klientin wäre sehr zufrieden gewesen und führe jetzt eine glückliche Ehe.
Falko Puttmenger schien zufrieden. Das sei eine Problemlösung nach seinem Geschmack, meinte er. Was er nicht wusste, war die Tatsache, dass sich Emilio die Geschichte gerade ausgedacht hatte.
Zögernd begann Puttmenger mit seinem Bericht. Er erzählte von den Anrufen des Erpressers, auch dass er Umschläge mit belastendem Material erhalten habe, ohne auf den Inhalt mit einem Wort einzugehen. Dann schilderte er, was der «Mörder» mit seinem Kätzchen gemacht habe, an das sich der Baron sicherlich noch erinnern könne. Er zeigte das Foto. Erzählte dann von dem makabren Scherz mit dem Katzenfutter.
Emilio stellte keine Fragen, er hörte nur zu, nickte gelegentlich, bei dem Katzenfoto zeigte er Zeichen der Abscheu und des Mitgefühls.
Puttmenger zögerte, überlegte, ob er weitermachen sollte. Dann fuhr er mit der Schilderung der Ereignisse auf dem Friedhof fort. Er sparte nichts aus, nur verschwieg er die geladene Pistole. Schließlich machte er ein abschließendes Statement: Er würde sich definitiv unter keinen Umständen dazu äußern, womit er erpresst wurde. Das müsse der Baron akzeptieren. Und falls er durch einen Zufall davon Kenntnis bekäme, dürfe er keine Fragen stellen und müsse schweigen bis zum Tode. Das klinge vielleicht etwas dramatisch, aber das sei sein voller Ernst. Sonst könne der Baron diesen Raum sofort verlassen.
Emilio schmunzelte. Eine ähnliche Vereinbarung habe er auch mit der Dame aus der Industriellenfamilie gehabt, sagte er. Allerdings habe er vom Gigolo gewusst,
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