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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Sauerteig. Auch hatte Rudl aus einem Glasballon Rotwein eingeschenkt. Das alles ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Er sah Emilio beim Essen zu, trank reichlich vom Wein – und schwieg.
    Es dauerte lange, bis Emilio die Initiative ergriff.
    «Du kannst dich genau an den Tag erinnern, oder?», fragte er. «An den Tag vor zehn Jahren, als der Mann vom Berg gefallen ist.»
    Rudl kniff die Augen zusammen. «Hmmm.»
    «Zu Steff hast du gesagt, dass das Wetter gut gewesen sei.»
    Der Senner zeigte ein angedeutetes Nicken.
    Emilio ließ sich Zeit, bevor er weitermachte. «Du hast sicher recht», sagte er.
    «Sowieso.»
    Wieder gab es eine lange Pause. Rudl nahm ein Stück vom Speck.
    «Woher weißt du das?», fragte Emilio schließlich. «Nach so langer Zeit?»
    Der Senner nannte als Antwort Tag und Monat, ohne weiteren Kommentar.
    Emilio stellte fest, dass die Angabe stimmen konnte. Was noch nicht erklärte, warum Rudl sich daran erinnerte. Der nahm noch einen Schluck vom Rotwein. Dann sagte er lapidar: «Der Sterbetag meiner Muatr.»
    «Ach so», sagte Emilio, «tut mir leid.»
    Rudl zuckte mit den Schultern. «I hob Enzian pflückt, für ihr Marterl.»
    «Hast du den Wanderer gesehen, der später ums Leben gekommen ist?»
    Rudl nickte: «Freilich.»
    Emilio wusste nicht, ob er den Bogen überspannte, aber er hakte nach: «Wie hat er ausgesehen?»
    Rudl pulte mit einem Finger im Ohr. «Rote Hosn, rote Jackn», sagte er schließlich.
    «Das war Niki», bestätigte Emilio.
    «Sowieso», sagte Rudl.
    Emilio dachte, es sei besser, mit der nächsten Frage etwas zu warten. Der Senner räumte das Holzbrett und die Weingläser weg.
    «Hast du außer Niki damals noch jemanden gesehen», fragte Emilio, «oder irgendwas beobachtet?»
    Rudl massierte sich sein Ohrläppchen. «Hmmm.»
    Dann stand er auf und gab Emilio seine schwielige Hand. «Pfiati», sagte er, drehte sich um und verschwand in seiner Hütte.
    Emilio blieb noch eine Weile sitzen. Er kam zur Erkenntnis, dass jeder weitere Versuch zum Scheitern verurteilt wäre. Er überlegte, ob er Rudl für die Brotzeit etwas Geld dalassen sollte. Aus dem Bauch heraus entschied er sich dagegen. Er sagte laut «Servus» und machte sich auf den Rückweg über die Almwiese, an den Kühen vorbei zu seinem Landy.

[zur Inhaltsübersicht]
    40
    Falko Puttmenger war froh, dass seine champagnerselige Ehefrau und die beiden missratenen Kinder wieder zurück nach Deutschland gefahren waren. Sie trieben ihn schon im Normalfall in den Wahnsinn, in seiner momentanen Situation konnte er sie erst recht nicht brauchen. Er hatte immer noch Zweifel, ob es richtig war, diesen Baron einzuschalten. Normalerweise war es am besten, heikle Dinge im Alleingang und ohne Mitwisser zu erledigen. Mit dieser Strategie war er in der Vergangenheit immer gut gefahren. Aber der aktuelle Fall war alles andere als normal. In seinem Berufsleben war er es gewohnt, seine Gegner zu kennen. Dann konnte man sie analysieren, einen Plan entwerfen und sie in einem gut vorbereiteten Überraschungsangriff aus dem Feld schlagen. Aber im aktuellen Fall war ihm der Feind unbekannt. Er wusste nicht, wie er aussah, woher er seine Informationen hatte, wo seine Stärken lagen – und seine Schwachstellen. Wie konnte man einen Angriff parieren und zum Gegenschlag ausholen, wenn man einem Phantom gegenüberstand? Sein Versuch, die Initiative zu ergreifen, war auf dem Friedhof in Tramin kläglich gescheitert. Er wusste nicht mehr weiter, hatte keine neue Idee. Sein Pulver war verschossen. Er kam sich vor wie ein dressierter Tanzbär, der am Nasenring durch die Manege geführt wurde. Ein Bild, das ihm ganz und gar nicht gefiel. Wenn schon, dann waren die anderen die Tanzbären und er der Dompteur, aber nicht umgekehrt. Natürlich, er könnte einfach bezahlen und hoffen, dass es dann vorbei wäre. Aber erstens hing er an seinem Geld, und zweitens misstraute er dem Prinzip Hoffnung.
    Puttmenger sah auf die Uhr. Wo blieb der Baron? Pünktlichkeit schien seine Stärke nicht zu sein. Es war ihm immer noch ein Rätsel, wie der Mann ahnen konnte, dass er erpresst wurde. Ihm fiel das Treffen mit den Amici del Vino ein. Seinen Freunden hatte er davon erzählt, in der Hoffnung, dass man in der Not zusammenstehen würde. Immerhin hatte auch Rottenthaler bestätigt, dass er erpresst wurde. Und die anderen hatten entweder gelogen oder waren tatsächlich nicht betroffen. Jedenfalls hatten die Idioten nichts begriffen. Statt sich zu solidarisieren,

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