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Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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Entziehungsklinik angerufen und ihr aus lauter Selbstmitleid gesagt hatte, sie solle nicht mehr auf ihn warten (Wenn du mich verlässt, wirst du es so was von bereuen) und einen Neuanfang wagen (Bring mir Stoff oder du wirst es so was von bereuen).
    »Ich komme am Freitag hier raus«, hatte Cynthia gesagt. »Dann bring ich dir was mit.«
    Wenn er an sie dachte, dann war sie seine Cathy. Er war Heathcliff, der finstere Grübler und die Liebe ihres Lebens. Sie waren füreinander bestimmt, seit sie sich als Jugendliche zum ersten Mal begegnet waren. Richtigen Spaß hatten sie eigentlich nie miteinander gehabt, aber sie hatten es auch nicht darauf angelegt. Er würde niemals zulassen, dass sie ihn verließ. Sie würde es niemals wollen.
    »Cynthia«, sagte er. Das war das einzige Wort, das ihn schwach machte.
    »Heath«, sagte sie. Das war ihre Art, Abschied zu nehmen.
    Im nächsten Jahr saß Heath wieder mit dem Lineal in der Hand vor seinem Tisch und schrieb einen zweiten Brief an den Bewährungsausschuss.
Ihr könnt mich allesamt am Arsch lecken. Der Typ war keine Geisel. Das war nur ein Scheiß-Sozialarbeiter. Kam dauernd in meine Zelle, um mir ein Ohr abzukauen.
    Wie üblich rief Heath bei Cynthia an, ehe die Tinte unter seinem Ablehnungsschreiben getrocknet war. Handys waren in diesem Gefängnis ebenso unverzichtbar wie streng verboten, und Heath hatte immer das neueste Modell unter seiner Matratze versteckt. In dieser Haft war es ein iPhone. Er benutzte es, um Pornos zu gucken. Er benutzte es zum Spielen. Er benutzte es, um seinen Nachschub an Drogen zu organisieren. Dazu hatte er draußen drei Arten von Kontakten: den Dealer (es gab drei Dealer, denen er vertraute; zwei von ihnen hatte er während früherer Prozesse gedeckt), die Person, die dem Dealer das Geld gab (er hatte Geld bei einem Freund in Manchester gebunkert, der große Furcht vor ihm hatte) und den Kurier (vom Dealer organisiert und sich verschiedener Methoden bedienend, um den Stoff ins Gefängnis zu schaffen – oft unter Zuhilfenahme eines bestechlichen Wärters). Heath verwendete das Handy auch für den Fall, dass draußen etwas schiefging und eine Strafaktion nötig wurde: Bei solchen Gelegenheiten musste er alles Nötige veranlassen, damit Soundso von Soundso zum Krüppel geschlagen wurde. Und natürlich war das Handy der direkte Draht zu seiner großen Liebe. Mit einem Handy in der Zelle war Heath der Geschäftsführer einer voll funktionsfähigen Firma.
    »Ach, Heath«, sagte Cynthia, als er sie anrief, um ihr die schlechte Neuigkeit mitzuteilen. »Was soll ich ohne dich nur tun?«
    Cynthia hatte ihn jahrelang regelmäßig besucht, aber im Verlauf des letzten Jahres war der Glanz in ihren Augen mit jedem Besuch ein wenig mehr erloschen. Ihr Haar war jetzt dünn und trocken, und sie trug es ungewaschen und unfrisiert. Entglitt sie ihm? Sie war sich längst selbst entglitten.
    Es tut mir leid, den Sozialarbeiter letztes Jahr als Geisel genommen zu haben, schrieb Heath zwölf Monate später.
Ich wollte einfach längere Besuchszeiten erzwingen. Ich habe nicht verstanden, wie man mir wegen irgendeines Zufallstests die Besuchszeiten streichen konnte. Ich habe jetzt einen weiteren Kurs in Opfereinfühlung abgeschlossen, und mir ist inzwischen klar geworden, dass der Sozialarbeiter große Angst gehabt haben muss, als ich ihn in eine Decke wickelte. Das tut mir sehr leid, weil er ja nur versucht hat, seine Arbeit zu tun. Da ist es auch keine Entschuldigung, dass die Arbeit bescheuert ist und der Typ nichts draufhat.
Bitte ziehen Sie eine Freilassung auf Bewährung für mich in Betracht. Ich bin jetzt ein anderer Mensch. Ich will Schluss mit den Drogen machen. Wirklich.
Wenn ich an den Mann denke, den ich umgebracht habe, empfinde ich großes Bedauern. Diese Sache hat mein Leben ruiniert.
HEATH JONES
    »Nein«, sagten die zwei Männer und zwei Frauen, die auf der anderen Seite des Tisches saßen. »Wir glauben nicht, dass Sie schon so weit sind.«
    Am nächsten Tag besuchte ihn Cynthia. Heath hatte mit seinem kürzlich nachgerüsteten iPhone bei ihr angerufen und ihr die schlechte Nachricht mitgeteilt. »Ich kann hier nicht länger warten«, sagte sie. »Ich muss woanders hin, bis du rauskommst.«
    Heath war am Boden zerstört, aber er verstand, was sie fühlte. »Beim nächsten Mal komme ich raus«, sagte er. »Auf die eine oder andere Art. Du wirst zu mir zurückkommen.«
    »Natürlich werde ich das«, sagte sie.
    Das letzte Jahr war am langsamsten

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