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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Geschichte. Aber diese Geschichte klang seltsam.
    Ein junges Mädchen klaut eine Plastikblume und einige Zeit später verschwindet sie von der Insel. Niemand fragt nach, keiner weiß was. Dann taucht sie wieder auf. Naja, ein Teil von ihr. In meinem Heizungskeller.
     
    *
     
    Ich besorgte mir ein Telefonbuch und fand den Namen Paulsen gleich im Dutzend. Schon bei der vierten Adresse hatte ich Glück.
    Das Haus mit den heruntergelassenen Rollläden lag in einer menschenleeren Seitengasse.
    Das Gefühl, dass die Mädchenhand mich nicht mehr loslassen würde, schlüpfte durch die Löcher meines Mantels und kroch an meinem Rücken herunter. Das Mädchen rief mich.
    Ich verzog mich wieder in meinen Heizungskeller und wartete. Irgendwann nickte ich ein und ein Alptraum knotete sich unter meinem Kopfkissen zusammen. Aus einer Klappe am Heizungskessel winkte plötzlich ein Arm, und wie ich die Tür mit einem Stöckchen zuschieben will, da merke ich, das Stöckchen ist kein Stöckchen sondern ein blutiger Mittelfinger.
    Aus der Zeitung erfuhr ich am nächsten Morgen, dass die Eltern des Mädchens ihr Kind aufs Festland geschickt hatten. In ein Heim. Wegen einer gestohlenen Plastikblume? Das hatte auch der Reporter gefragt. Nein, das Kind sei »debil« gewesen. Hätte alles verwechselt, in seiner eigenen Welt gelebt. Dabei leben wir alle in unserem eigenen Universum.
    Sam kaute auf ein paar Kürbiskernen herum.
    »Wieso schickt man ein solches Mädchen ins Heim?«
    »Warum schickt man einen jungen Afrikaner aus Burkina Dingsda nach Sylt?«
    »Ich bin ganz von allein gekommen«, sagte Sam.
    »Weil du keine Arbeit hattest.«
    »Weil ich Priester war und gegen die Landbesitzer gepredigt habe und … ist ja auch egal.«
    »Essen Priester immer so, ich meine diese Gabel- und Messerakrobatik?«
    »Was hat das mit dem Mädchen zu tun?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich. »Aber sie gehört zu den Zwergen und hier auf Sylt gibt es einen Kampf zwischen den Zwergen und den Menschen«.
    »Gespenstergeschichten?«, fragte Sam mit einem Gesicht, als erschiene ihm gerade seine tote Urgroßmutter.
    »Am Südostende von Kampen, beim Golfplatz, hinten am Reisehoog. Da gibt es ein Hünengrab, da wohnen sie.”
    »Wer?”
    »Die Zwerge und auch ihr Chef. König Finn.«
    Sams Stimme wurde noch heiserer als sonst.
    »König Finn?«
    »Die leben wie die Menschen, nur, dass sie nett miteinander sind. Tolle Kerlchen, nur über ihre Kleinwüchsigkeit darf man sich nicht lustig machen. Aber manchmal stehlen sie neugeborene Kinder und legen stattdessen einen Zwerg unter die Bettdecke. Einen Wechselbalg. Na ja, und die Zwergenmänner stehen auf Menschenfrauen.«
    »Omen, du spinnst.«
    »Ist wahr. Steht so in der Sage, und Sagen stimmen immer.”
    »Unsinn«, sagte Sam, der jetzt ganz hektisch seine Kürbiskerne zermalmte.
    »Also wenn du die ganze Geschichte hören willst: König Finn trifft jedenfalls auf Isa aus Braderup und die klagt, dass sie immer so viel arbeiten muss. Er macht ihr also einen Heiratsantrag und ne Menge Versprechungen und zack sind sie verheiratet und kriegen ne Menge Kinder.«
    Sam starrte mich wütend an.
    »Und so leben sie glücklich bis zum heutigen Tag.«
    »Falsch”, sagte ich, »Bis zur Schlacht von Wenningstedt, da haben die Zwerge dann gegen die Riesen, also gegen die Menschen verloren ...«
    Sam erhob sich und schlug beim Hinausgehen die Tür krachend hinter sich zu.
    Aber darauf war ich noch gar nicht gekommen: Ein Zwerg hatte die kleine Isa geheiratet und die Riesen haben sie zurückgeholt. So ähnlich muss das gewesen sein!
     
    Am nächsten Tag war endlich Schluss mit dem Warten. Die Sylter Inselrundschau brachte es in riesigen Lettern: »Vater von Isa tot aufgefunden«.
    Die Geschichte spitzte sich zu und am liebsten hätte ich mich da rausgehalten. Aber inzwischen war ich mir sicher, dass die kleine Isa den Marder beauftragt hatte, ihre Hand hier bei mir abzuliefern. So als Botschaft aus dem Jenseits.
    Touristen hatten Isas Vater am Strand gefunden. Erschlagen mit einem Spaten. Direkt vor dem Miramar.
     
    *
     
    Als die Polizisten das Haus verlassen hatten, in dem Isas Mutter wohnte, wartete ich noch eine halbe Stunde. Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und ging auf die Haustür zu. Schon beim zweiten Klingeln öffnete eine großgewachsene Frau. Sie hielt den Kopf leicht gebückt.
    »Was wollen Sie?«
    Erstaunt registrierte sie, dass da kein Polizist vor der Tür stand. Auch wie ein Reporter sah ich wohl nicht

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