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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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auf der Insel greift das alles ineinander. Leben und heizen lassen auf Sylt. Manchmal, wenn mich der Heizölgeruch stört, zünde ich eine kleine Räuchermännchen-Kerze an. Dann wird es hier unten richtig romantisch.
    Der Einzige, der von meiner Bleibe weiß, ist mein Freund Sam. Arbeitet eine Etage über mir. Als Oberkellner. Sam ist schwarz wie eine mond- und sternlose Nordseenacht und trägt immer ein weißes Jackett. Zunächst hatte ich ihn in Verdacht. Doch dann fiel mir ein, dass Sam ja auf dem Festland Geschenke für seine Leute in Burkina Faso einkaufte. Wo also kam die Skeletthand her?
     
    Mit einem Schraubenzieher drehte ich das Ding behutsam um. Irgendwie war ich mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich nicht in einem Horrorfilm gelandet war und die Hand sich gleich selbständig machen würde und nach meiner Kehle greifen und ...
    Hatte ich mal gesehen. »Das Blutmassaker von Scarfield.« Im Schaufenster von »Radio- und Fernseh-Clausen”.
    Keine Würmer dran an der Hand. Auch kein Ring. Die Fingerkuppen waren noch ziemlich gut zu erhalten. Leder. An einigen Stellen wirkte die Hand angenagt. Wie ein Brathähnchen, bei dem man sich das Knochenpulen bis zum Schluss aufhebt und plötzlich keinen Hunger mehr hat. Aber wer nagte schon an einer menschlichen Hand?
    Plötzlich fiel es mir ein. Natürlich! Ein Steinmarder hatte das Ding angeschleppt. Die trieben neuerdings ihr Unwesen auf der Insel. Hatten sich wohl über den Hindenburgdamm gearbeitet. Von wattwandernden Steinmardern hat man schließlich noch nichts gehört.
    Auf alle Fälle gehören sie zu den Zwergen. Hier auf Sylt gibt es nämlich die Zwerge und die Menschen, und dann gibt es noch den Chef von den Meermännern. Heißt Ekke Nekkepenn. Frisst zum Frühstück am liebsten Schiffe und ist auch ansonsten ein sagenhafter Kerl. Die Zwerge und die Menschen - die heißen in der Überlieferung übrigens Riesen - also die kämpfen miteinander. Behaupten jedenfalls die alten Sagen. Und es wird sogar gemunkelt, dass der angeblich ermordete Zwergenkönig Finn noch am Leben sei. Hier, mitten in der Nordsee, wehen dir eine Menge Geschichten um die Ohren.
    Also, wie auch immer, ich hatte eine Menschenhand und die musste der Marder natürlich irgendwo gefunden haben. Geschenke kann man auch zurückgeben, kam es mir in den Kopf.
    Also legte ich die Hand auf einer Bank ab. Direkt neben Fischfeinkost-Gosch. Und wartete. Schließlich wollte ich ja keine kleinen Kinder zu Tode erschrecken. Obwohl, bei dem, was die heute aus dem Fernsehen gewohnt sind, schenken sie eine mumifizierte Hand glatt der Oma, um ihr eine Freude zu machen.
    Nein, hätte sich ein Kind genähert, wäre ich aus meinem Versteck gestürzt. Aber gefunden werden musste die Hand, da half nichts. Sie bei der Polizei abzugeben war mir zu heikel. Weil, wenn man als Penner seinen Wohnsitz auf Sylt genommen hat, wegen eines alten Luxusmantels Omen genannt wird und nichts zum Kurtaxenaufkommen beiträgt, muss man vorsichtig sein.
    Dabei verstehe ich nicht, was die hier gegen einen ordentlichen Penner haben? Die gut betuchten Leute fühlen sich doch erst so richtig reich, wenn sie mal so `ne ganz arme Sau direkt vor sich haben. So gesehen sind wir eine Art Sozialarbeiter, jawohl! Besondere Sozialarbeiter für all die Pelzträger, die beim Juwelier mit glänzenden Augen die glitzernden Steine besichtigen und im Laden Zack! die Kreditkarte zücken.
    In der Friedrichstraße bimmelte der Advent vor sich hin. Das wohlige Kerzenlicht im Stall Bethlehem war hier zu nervös zuckenden Lichterketten mutiert. Überall und unablässig dröhnten »Morgen kommt der Weihnachtsmann« und »White Christmas« durch die Nobelpassage. Zog man erst an den Geschäften vorbei, verwandelten sie sich in schnell in: »Kauf mich, kauf mich«.
    Dabei war die viele Einkauferei ordentlich Stress für die Menschen. Sahen alle gar nicht gut aus. Aschfarben um die Nase herum, und nicht mal der Glühwein färbte die Wangen rot.
    Die Fischbrötchen wurden regelrecht heruntergewürgt. Kein Respekt vor einem frischen Stück Fisch. Dabei ist das schon ein Schicksalsschlag, wenn man als freischwimmender Hering plötzlich bei Gosch zwischen rohen Zwiebelringen auf dem Brötchen landet.
    Erschöpft setzte sich eine Frau im Nerzmantel auf die Bank. Naja, dachte ich, die hat ein totes Tier am Leib, da wird sie sich bestimmt nicht gleich ins Seidenhöschen machen, wenn sie das Päckchen findet.
    Sie putzte sich die Nase und beäugte dabei das kleine

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