Tod to go (Crime Shorties)
Untersturmführers ins Fleisch.
Hatte er Verdacht geschöpft? Konnten diese Leute von der SS uns Juden tatsächlich riechen, wie sie immer behaupteten?
Ich deutete auf die Priele Ley, Oster- und Westerwehl, die sich zwischen den Halligen Nordermarsch und Langneß hindurchzogen.
»Die beiden Halligen sind zusammengewachsen«, sagte ich munter.
Und dann kam er zu Sache.
»Juden?«, fragte er und Gottseidank sprach er das »n« am Ende des Wortes deutlich aus.
»Hier auf der Hallig? Ausgeschlossen. Alles alteingesessene Familien.«
»Wir sind hier schließlich in vorderster Front. Ein jüdischer Spion, der den Engländern unsere anfliegende Luftflotte meldet ... eine Katastrophe. Sie verstehen?«
»Also von Juden weiß ich nichts«, sagte ich.
»Und Zugereiste? Ist ihnen da irgendetwas aufgefallen?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er erzählte mir von einem Brief, der in der Kieler SS-Standortverwaltung eingegangen sei.
»Und darin ist von einem Juden die Rede.«
»Auf Langneß.«
Ich tat, als müsste ich nachdenken.
»Warum fragen Sie nicht den Absender?«
»Anonym«, sagte er.
Ich wusste sofort, dass Petersen den Brief geschrieben haben musste. Er machte mich noch immer für die tote Kuh verantwortlich. Dabei hatte er sie in seinem Suff draußen gelassen, als die Sturmflut auflief.
Rechtzeitig geweckt hatte ich ihn, doch dann musste ich die Schafe in die Scheune der Kellswarft treiben. Ich konnte doch nicht überall sein.
»Nach Plan ausschwärmen«, sagte der Untersturmführer und an mich gerichtet: »Sie können jetzt gehen.«
Die Soldaten schienen genaue Order zu haben, wo sie zu suchen sollten.
Im Gasthof war die Stimmung gedrückt. Nur der Bürgermeister war optimistisch.
»Wirst sehen, die bauen eine Rampe für die Wunderwaffe«, sagte er zum Wirt. »Das ist die Vorinspektion.«
Als er den georderten Schnaps hastig heruntergestürzt hatte, machte er einen tiefen Atemzug.
Und dann hörten wir die scharfe Kommandostimme des SS-Mannes. Sie mussten irgendetwas gefunden haben.
»Sofort zwei Mann das Boot sichern«, befahl der Untersturmführer.
Auf der Windenwarft hatten zwei Männer der SS-Truppe einen ihrer Kameraden gefunden. Deutlich war zu sehen, dass er versucht hatte, ein Loch in die Warft zu graben. Jemand hatte ihm den Spaten abgenommen und damit seinen Schädel gespalten.
»Was hat er denn auch da zu graben?«, sagte der Bürgermeister, der mithilfe der Schnäpse deutlich mutiger wurde. »Wenn Sie die Warften durchlöchern, können sie uns gleich im Meer ersäufen.«
Der Leutnant versuchte sein Funkgerät in Gang zu bringen, doch die Salzluft musste die Elektrik angegriffen haben.
»Scheißgerät«, sagte er zum Funker.
»Weiter versuchen. Sofort Meldung, wenn Sie durch sind.«
»Am Besten, ich nehme es auseinander und säubere die Kontakte.«
»Dann los.«
»Kann aber dauern.«
»Quatschen Sie nicht rum.«
Auch Dietrichsen stand teilnahmslos in der Menge vor der Leiche. Er wohnte in einem der Häuser auf der Warft. Ein seltsamer Bursche. Schon seit zwei Jahren redete er so gut wie gar nicht mehr.
Ein Eigenbrötler, der ein paar Hühner hielt und die Eier an die Halligbewohner verkaufte. Er warte auf die Rückkehr seiner Lotte, hieß es im Gasthof.
Die hatte sich eines Nachts aus dem Staub gemacht. Niemand wusste Genaues und auch Dietrichsen hatte nie darüber geredet.
»Ist der zu einsam gewesen«, hatte mir einmal die Frau des Bürgermeisters zugetuschelt. »So wie die sich rausgeputzt hat. Der hatten wir nichts zu bieten.«
Im Gasthof hatte sie mit anderen Männern getanzt und eines Tages war sie plötzlich von der Hallig verschwunden. Muss mit irgendeinem Fischerschiff auf und davon sein.
»Du bist und bleibst ein Bauer«, hatte sie Dietrichsen mitten auf dem Tanzboden ins Gesicht geschrien. Daran konnte sich die Frau des Bürgermeisters noch genau erinnern.
Jetzt stand er teilnahmslos vor dem Leichnam des erschlagenen SS-Manns. Seine Hühner pickten im Gras. Einige Soldaten scheuchten sie zur Seite und legten eine Decke über ihren toten Kameraden.
Petersen kam. Er zog am Kragen seiner Wolljacke, flüsterte dem Untersturmführer etwas zu und deutete auf mich. Der Mann baute sich vor mir auf und ich konnte seinen Atem spüren.«
»Keine Juden, was?«, sagte er zu mir und verzog höhnisch das Gesicht.
Sie sperrten mich in ein Zimmer im Haus von Frerk Hansen.
»Sie bürgen für diesen Juden«, sagte er zum Bürgermeister.
»Wo soll der denn hin? Wir sind
Weitere Kostenlose Bücher