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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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mitten im Meer.«
    Ich hörte an der Tür, wie Klaus mit Frerk Hansen tuschelten.
    »Der Itzik kommt ja doch ins Lager. Ist doch ein Aufwasch.«
    »Der Jude war die ganze Zeit bei mir. Der kann den gar nicht erschlagen haben.«
    »Und wenn schon.«
    »Das macht einen Unterschied. Und außerdem: Was meinst du, was hier los ist, wenn das Funkgerät wieder funktioniert? Mit einer ganzen Kompanie werden die die Hallig auf den Kopf stellen.«
    Dann verließen sie das Haus. Ich blickte aus dem Fenster und sah die Nachbarhallig Hooge. Es musste gerade ein Tief abgezogen sein. Die Luft war klar.
    Deutlich konnte ich auch den alten Kirchturm von Pellworm erkennen. Ich saß auf dem Bett und dachte daran, dass ich mich nun bald wieder mit meiner Allergie beschäftigen musste. Sicher, sie würden mich in ein Gefängnis sperren. Die Namen Majdanek oder Auschwitz las ich erst Jahre später in der Zeitung.
    Es mochten vielleicht vier Stunden vergangen sein. Draußen legte sich die Dämmerung wie eine graue Decke über die weiße Gischt der Wellen, da schloss der Bürgermeister die Tür auf.
    »Kannst gehen«, sagte er. »Petersen ist mit ihnen ins Watt.«
     
    Bis heute weiß ich nicht, womit er diesen gesamten SS-Trupp hinausgelockt hat.
    Petersen kam mit der auflaufenden Flut allein zurück. Als wir uns begegneten, war sein Blick ausdruckslos. Ich half, das Boot im Schlick zu vergraben. Sehr tief.
    Als am nächsten Tag ein Suchtrupp eintraf, erklärte ihnen der Bürgermeister, dass der Untersturmführer von Stein mit seinen Leuten bereits gestern im Boot nach Schlüttsiel aufgebrochen sei. Mehr könne er dazu auch nicht sagen.
     
    Ja, das ist so viele Jahre her und nun soll auch der tote SS-Soldat ein anständiges Grab bekommen. Sonst fängt der womöglich noch an herumzugeistern, mit seinen Totenkopfemblemen und der längst verblichenen Tätowierung am Arm.
     
    Alles schien in Ordnung, doch plötzlich stürmte der Baggerfahrer in den Krug, bestellte atemlos einen Rum und keuchte: »Noch eine Leiche. Der reinste Friedhof ist das.«
    Ich dachte sofort an die verschwundene Lotte, doch das ging mich nichts an. Dietrichsen war vor zwölf Jahren gestorben und jetzt hatte man auch sein zweites Geheimnis ausgegraben.
    Nun kommt auch sie in ein ordentliches Grab. Nicht weit von ihrem Mann. Ich werde ihnen eine Kerze bringen.
    Jahrelang hat Dietrichsen auf einem Doppelgrab gelebt. Ja, vielleicht wird er jetzt seinen Frieden mit Gott gefunden haben.
    Das Töten zieht das Töten an. Soll ich urteilen? Ich, der ich lebe?
    Morgen wird weitergearbeitet. Die Windenwarft bekommt eine neue Aufschüttung. Neu? Na, irgendwoher müssen sie den Sand schon holen.
     

Die Gespenster von Büdelsdorf
     
    Weggefräst haben sie den alten Obereiderhafen. Die Speicher, die Gebäude, den alten Kampnagel-Kran … alles weg. Da, wo Menschen geschuftet und die Säcke aus den Wänsten der Schiffe gehievt, sich den Schweiß aus dem Gesicht und dem Nacken gewischt haben, herrscht jetzt saubere Ödnis. Kein Platz mehr für Schrottfirma Ehrich und windschiefe Schuten. Für ölverschmierte Lappen und knirschende Seile an den Pollern. Der Hafen sieht aus wie ein Fassonschnitt von hinten. Zum Kotzen.
    Soll jetzt alles besser zu den schicken Yachten passen, die sie hierher locken wollen. Und zu den Seniorenresidenzen.
    Wenn etwas so platt gemacht wird, dann passiert es, dass der alte Dreck nach oben kommt. Ist ein Naturgesetz. Müssen ja schließlich irgendwo ihre Stahlgerüste verankern. Im Morast halten sie nicht.
    Und dabei ist es passiert. Sie haben ihn ausgebuddelt. Das heißt die Knochen, die von ihm übrig waren. Mit dem eingeschlagenen Schädel. Das Stück, das da fehlt, sieht aus wie der Umriss von Afrika. Aber Afrika gehört nun mal zu dieser Welt und ohne Afrika in der Schädeldecke kannst du auch nicht leben.
    Immer, wenn ich als Kind mit meinen Angeln und meiner Dose Würmer rüber zur Eider bin, muss ich ihm auf den Kopf gelatscht sein.
    Dabei waren es von der alten Treidelstation, in der ich aufgewachsen bin, nur ein paar Meter.
    In seiner Knochenfaust hielt er immer noch das Medaillon. Hat sich all die Jahre dran festgehalten. An seiner großen Liebe.
     
    »Sie graben alles aus«, hatte mein Vater mir in seiner krakeligen Handschrift auf eine Postkarte geschrieben. »Du musst es jetzt wissen.«
    Statt eines Grußes hatte er seine Nachricht mit einem »Komm!« beendet, dass keinen Widerspruch zuließ.
    Als mich die Nachricht erreichte, war er schon

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