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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Dunkelheit fiel.
    Aus dem Dunkel löste sich ein tanzender Zen-Meister. Er schwebte über dem Schiffswrack und schlug mit einem Stab auf die Reling.
    »Stirb mitten im Leben und sei ganz Tod, und du wirst nie wieder sterben.«
    Dann hielt er einen Löwenzahn hoch und strich ihm damit lachend über das Gesicht.
    Lennarts Körper begann, sich zu wiegen. Der gute alte Boyens schaukelt mich in den Schlaf, dachte er. Als er die Augen öffnete, sah er die im Mondlicht glänzende Ruderbank. Sie waren draußen auf dem Meer.
    Ein paar Meter entfernt von seinem Boot fischten Männer mit Stangen kleine Beutelchen aus dem Wasser. Er konnte auch die junge Frau erkennen, die ihm an Bord der Fähre den Koffer in die Hand gedrückt hatte, der angeblich ihm gehörte.
    Ihm fiel der Polizist im Restaurant wieder ein. Ja, sie waren nervös geworden und hatten ihn kurzerhand als Kurier benutzt. Ein völlig verblödeter Pastor, der den Stoff an der Polizei vorbei auf die Insel schaffte. Großartig. Er war tatsächlich der niederrheinische Trottel, für den ihn hier alle hielten.
     
    Dann surrten Außenbordmotoren und Stille senkte sich übers Wasser.
    Seine Arme waren auf dem Rücken an einer Ruderbank gefesselt. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Füße von Meerwasser umspült wurden. Sie hatten ihm die Schuhe ausgezogen. Er konnte sogar den kleinen Schlitz im Boden des Bootes erkennen. Wahrscheinlich mit einem Beil hineingeschlagen.
    Komisch, dachte er, jetzt kommt der Augenblick. Nicht mal das schaffst du.
    »Hör auf zu denken.«
    Er biss einen Fetzen Stoff aus seinem Hemd und spuckte ihn aus. Mit den Zehen stopfte er ihn in den Schlitz.
    Fristverlängerung. Sei das Wasser, sagte er sich, und ahmte mit aufgeblähten Wangen das Geräusch schwappenden Wassers nach.
    »Verbeugen«, sagte er, und senkte den Oberkörper.
    Dann nahm er einen Mundvoll des salzigen Meerwassers und spie es über die Bordwand. Bücken, Wasser in den Mund, ausspucken, Bücken. Gleichzeitig presste er mit dem Zeh das Stückchen Stoff in die Ritze.
     Wenn er den Kopf hob, sah er die Sterne am Himmel. Dann wieder waren es die Margeriten des Kirchengewölbes. Und irgendwo da oben wohnte Maria. Maria, die fremde Menschen aus dem Meer fischte und mit nach Hause brachte.
    Als der Morgen dämmerte, hörte er ein sich näherndes Motorengeräusch. Nach ein paar Minuten konnte er ein orangefarbenes Rettungsboot erkennen.
    Boyens nickte ihm stumm zu und zog ihn in sein Boot. Dann verlor er das Bewusstsein.
     
    *
     
    Als Lennart die Kirche betrat, um den sonntäglichen Gottesdienst vorzubereiten, fand er in der ersten Bankreihe Pastor Hinrichs in einem afrikanisch klingenden Dialekt auf Alanya einredend vor.
    »Ich denke, Sie sind in Husum!«, sagte Lennart.
    »Hab mir Urlaub von diesem Menschenschinder genommen, der vorgibt, meine Schwester zu sein.« Hinrichs musterte ihn von oben bis unten.
    »Pumpt das Boot mit dem Mund leer ... Ich hab Euch Alpenländler unterschätzt.«
    »Die Polizei sagt, dass die festgenommen Drogenhändler leugnen, etwas mit Marias Tod zu tun zu haben.«
    »Haben sie auch nicht«, sagte Hinrichs.
    »Bitte?«
    »Alanya hat es mir erzählt.«
    »Sie verstehen ihre Sprache?«
    »Oh«, sagte er, »Suaheli. Aus meiner Missionarszeit. Boysen hat ihr nachgestellt. Na, sie ist ja auch eine Schönheit.«
    »Boysen?«, fragte Lennart ungläubig.
    »Sie wollte nicht, da hat er mit der Polizei gedroht. Mit Abschiebung.«
    »Aber was hat Maria damit zu tun?«
    »Sie hat sich ihm … tja, angeboten nennt man das wohl. Wenn er nur die Polizei aus dem Spiel lässt. Sie war der felsenfesten Meinung, dass sie eine Verantwortung für Alanya übernommen hätte.«
    »Und Boyens?«
    »Tja, wie das so geht. Wird ganz verrückt von dem Angebot. Trinkt zu viel, und macht es wahr.«
    »Er hat mit Maria ...?«
    Hinrichs nickte.
    »Aber dann bringt er sie um?«
    »Er war betrunken und sie hat … naja, sie hätte sich wirklich einen anderen Zeitpunkt aussuchen können.«
    »Für was?«
    »Maria hat gefragt, wie es denn so sei, mit der eigenen Tochter zu …?«
    »Um Gottes Willen«
    Hinrichs nickte schwer.
     »Boyens war ihr Vater?«
    »Julia wollte kein Gerede und Boyens hatte keine Ahnung. Maria hatte es mit Händen und Füßen aus dem Mädchen herausbekommen und ihm einfach um die Ohren gehauen. Alanya war dabei. Sie hat tatsächlich mit ihrem eigenen Vater geschlafen, um einen anderen Menschen zu schützen. Vielleicht wollte sie ihn auch bestrafen? Wer weiß das

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