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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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besser Piratin. Hat immer rumgesponnen.«
    »Sie meinen, Sie hat es mit der Wahrheit nicht so genau genommen?«
    »Sie hatte so ihre Geschichten.«
    »Fantasie. Und ein großes Herz. Schon als Kind hat sie dauernd streunende Katzen und Hunde und kranke Vögel angeschleppt.«
    Aus dem Nebenzimmer hörte Lennart ein dünnes Wimmern.
    »Ihre Großmutter?«, fragte er.
    Mit harscher Stimme rief sie zur Tür: »Kannst ruhig rauskommen.«
    Aus der Tür trat eine dunkelhäutige Frau.
    »Die hat sie auch mitgebracht. Stellen Sie sich das vor. Eines schönen Tages auf einer Sandbank gefunden. So etwas gibt es doch gar nicht! Mitten im Meer. Vielleicht über Bord gesprungen. Klatschnass war die, als sie das Mädchenhier anschleppte.«
    »Und woher kommt sie?«
    »Keine Ahnung. Redet nicht viel. Na, sag schon.«
     Marias Mutter wandte sich an die verschüchterte dunkelhäutige Frau: »Woher du kommst, will der Pastor wissen.«
    Julia Meran lehnte sich zurück.
    »Sehen Sie? Manchmal schüttelt sie gnädigerweise den Kopf und dann versteckt sie sich in der Abstellkammer. Wie ein kleines Kind, dabei ist die mindestens, na mindestens dreißig Jahre ist die.«
    »Und warum gehen Sie nicht zur Polizei?«
    »Wer weiß, was sie auf dem Kerbholz hat. Und dann werden wir da reingezogen. Aber heute Morgen hab ich gedacht, ich melde die und erzähl denen, dass sie dir zugelaufen ist und dann wird man weitersehen. Heute Morgen hab ich das gedacht.«
    »Die junge Frau schluchzte. Tränen liefen über ihre Wangen.
    »Und was ist, wenn sie der Polizei irgendwas erzählt? Ich will nicht, dass Maria in den Dreck gezogen wird.«
    »Hat sie denn einen Namen?«
    »Alanya.«
    Die dunkelhäutige Frau blickte kurz auf, dann strich sie die Tischdecke glatt.
    »Tut mir leid«, sagte Lennart. »Aber was da beerdigt wird, das ist nur ihre Hülle und es gibt etwas, das …«
    »Sparen Sie sich ihre Predigt für die Beerdigung auf«, sagte Julia Meran.
    »Ich weiß, dass solch ein Mensch in den Himmel kommt. Wenn nicht Maria, wer sonst?«
     
    Im Flurspiegel sah Lennart, dass sein zerrissenes Hemd aus der Hose gerutscht war. Eilig stopfte er es zurück. Er musste es unbedingt nähen, denn ganz sicher war auf der Insel kein weißes Hemd mit einem Stehkragen zu bekommen. Und die Kleidung von Pastor Hinrichs kam wegen der Übergröße nicht infrage. Er konnte hier schließlich nicht als Gespenst herumlaufen.
    Sein Ersatzhemd lag in seiner Alpener Wohnung. Ihm fiel ein, dass er Frederike anrufen musste. Er hatte es versprochen. Alpen war weit weg. Eine ganz andere Welt, eine Landschaft, in der sich die Augen an der Landschaft festhalten konnten. Hier verlor sich der Blick irgendwo auf dem Meer.
    Auf der Straße trat ihm Kustos Boyens entgegen.
    »Gepäck, das ich ins Pastorenhaus bringen soll?«
    »Wissen Sie etwas über diese Drogengeschichte? Das ist merkwürdig.«
    »Ist eigentlich ganz einfach. Nur, dass es keiner wissen will.«
    »Und?«
    »Das Zeug wird mit der Fähre hergeschafft. Oder auf Segelyachten.«
    »Ja, ja«, sagte Lennart. »Das Böse kommt vom Festland.«
    »Keine Ahnung«, sagte Boyens, »aber hier auf der Insel wachsen nun mal keine Cocasträucher und auch kein Klatschmohn. Und ob das Klima so gut für das Gedeihen von Haschisch ist …?«
    »Aber hier gibt es doch Abnehmer, Konsumenten.«
    »Dürftig«, sagte Boyens. »Aber es gibt den Zwischenhandel nach Dänemark, England, vielleicht Schweden.«
    »Keine Zollkontrollen?«
    Boyens zuckte mit den Schultern.
    »Höchstens Stichproben.«
     
    Gleich am nächsten Tag machte sich Lennart an die Rede, die er an Marias Grab halten wollte. Die Beerdigung fiel tatsächlich auf Maria Himmelfahrt. Und davon musste seine Rede handeln. Doch so sehr er auch grübelte, alles, was ihm einfiel, erschien ihm zu pathetisch, zu schwülstig und verlogen.
    Ihm fiel wieder der Satz aus dem kleinen Büchlein mit Weisheiten von Zen-Meistern ein, das Frederike ihm geschenkt hatte.
    »Die Dinge sind nicht so, wie sie zu sein scheinen. Aber auch nicht anders.«
    Er beschloss, die auf das Kirchengewölbe gemalten Blumen in das Zentrum seiner Predigt zu stellen. Über das himmlische Paradies wollte er reden, das nirgends anders zu finden sei, als hier auf Erden. Er wollte aus dem Lukasevangelium zitieren, in dem Jesus zu seinen Jüngern spricht: »Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden. Man kann auch nicht sagen: Sieh hier! Oder: Da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.«
    Das

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