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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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anschließenden Tischecken gab es noch. Hier hatte er mit Susi gesessen. Ein blondes Mädchen, das aussah wie diese Schlagersängerin France Gall. »…und an der Hüfte Bananen.«
    Aber das hatte man hier natürlich nicht gespielt, sondern die Musik der Beatles mit all dem Obladi-Oblada-Gedudel, aber es gab auch Cream, Nice, Golden Earring oder Jethro Tull. Und die wichtigste Frage der Welt war: Ist nun Ginger Baker der beste Drummer aller Zeiten oder ist es Charly Antolini?
    Er sah sich mit Susi in der Nische sitzen. Vorsichtig tastete er unter ihren Pullover. Die durch den Gummizug abgeschnürten Finger. Der Duft von Frau.
    Und stets der jagende Gedanke, gleich fragt dich jemand nach dem Ausweis.
    Er musste hier raus.
    Die tote Maria war höchstens zwei Jahre älter als er damals.
    Vor ihm duckte sich die aus einer Mischung von gotischem und barockem Stil errichtete Kirche. Gräber aus den letzten drei Jahrhunderten reihten sich aneinander.
    Der Innenraum überraschte ihn. Vom Gewölbe leuchteten braune Margeriten herunter.
    Die Orgel stand auf einem Podest, das dem Achterdeck eines Segelschiffs ähnelte. An den Orgelpfeifen war ein Stern befestigt. Das Holzkruzifix auf dem Altar fiel dagegen schlicht aus.
    »Wir haben unseren eigenen Geschmack«, sagte ein Mann, der eine Kerze im Arm trug. Er mochte um die fünfzig Jahre sein. Durch seine rosige Gesichtshaut schimmerten zahlreiche Äderchen. Ja, Lennart konnte sich den Mann gut auf der Brücke eines Schiffes vorstellen. Mit einem Kaffeepott in der Faust.
    »Wenn ich helfen kann ...«
    »Danke«, sagte Veen. »Sie sind Boyens?«
    Der Mann nickte.
    »Vielleicht könnten wir Marias Beerdigung besprechen.«
    »Also, der Herr Pastor kennt sich damit ja nicht aus, aber die Leiche muss erst von der Polizei freigegeben werden.
    »Und wer kann mir Auskunft geben?«
    »Na, die Polizei. Vielleicht auch der Bestatter. Gleich in der nächsten Straße.«
    Der Mann, der Lennart öffnete, sah mit seiner hageren Figur und dem langen Cut tatsächlich aus, als wäre er gerade einem Western entsprungen: Wenn der Sargmacher zweimal lächelt.
    »Freigegeben? Längst passiert«, verkündete er.
    »Was heißt das?«
    »Liegt in der Kühlung. Wollen Sie einen Blick auf ihren Leichnam werfen?«
    Später wusste Lennart nicht mehr, warum er zugestimmt hatte.
    Der Bestatter hob das Laken an. Lennart sah sofort, dass Maria niemals ein Junkie gewesen war. Er hatte zwei Jahre in einem Hospiz für Aids-Kranke gearbeitet, wusste, wie die Körper von Junkies aussahen. Sie hatten Entzündungen, Schwellungen, Blutergüsse. Hier waren außer der einen gesetzten Nadel nicht mal Einstiche zu sehen. Hingegen gab es Würgemale am Hals.
    »Nie und nimmer hat sie Drogen genommen«, sagte er.
    »Das geht mich nichts an«, sagte der Bestatter.
     
    Die Familie der toten Maria Meran lebte in einem der Neubauhäuser am Rande von Wyk. Veen klingelte. Eine Frau mit verweinten Augen öffnete und schüttelte den Kopf.
    »Wir wollen mit der Presse nichts zu tun haben.«
    »Julia Meran? Ich vertrete Pastor Hinrichs. Wir müssten über die Beerdigung Ihrer Tochter sprechen. Es tut mir sehr leid.«
    Sie nickte und zog die Tür auf.
    Auf Badelatschen schlurfte sie über einen braunen Sisalteppich. Ausgewaschene Shorts schlackerten um ihre Oberschenkel.
    Lennart meinte, am Ende des Flures einen Schatten gesehen zu haben.
    Sie setzten sich in eine Sofagarnitur, die in den späten Siebzigern der letzte Schrei gewesen sein mochte.
    Gegenüber stand eine Vitrine aus Schleiflack, daneben ein altdeutsches Küchenbuffet und überall Ständer mit Blumentöpfen.
    »Sie war anders, sie war immer anders«, sagte die Frau und steckte sich eine Zigarette an. »Schon als Kind.«
    Veen nickte.
    »Ein gutes Kind.«
    »Neben der Leiche lag ein Fixerbesteck.«
    »Sie war naiv, vielleicht wollte sie es nur ausprobieren. So war sie, irgendwie gutgläubig und manchmal sogar etwas dumm. Naiv eben.«
    »Und Sie sind wirklich nicht von der Presse?«, sagte sie und blickte auf das vor ihm liegenden Blatt Papier.
    »Ich mache mir Notizen für die Predigt.«
    Sie nickte erneut und schnäuzte sich die Nase.
    »Hat sich immer unten am Wasser rumgetrieben. Stundenlang ist sie durchs Watt. Schon als sie ganz klein war.«
    Mit dem Zeigefinger strich sie über den Tisch.
    »Maria hat nichts ernst genommen. Für sie war alles ein Spiel.«
    »Ja?«
    »Irgendwie nicht von dieser Welt.«
    »Ich verstehe.«
    »Räuber und Gendarm hat sie gespielt. Oder

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