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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Oberstaatsanwältin sagte gar nichts. Ihre Lippen bildeten einen dünnen Strich.
    Während sich die Polizisten nach draußen bequemten, sagte Norbert: »Euren Kaffee haltet mal schön warm. Ich vermute, ihr werdet ihn noch brauchen …«
    »Könnte eine lange Nacht werden«, sagte ich.
    »So weit ist es noch nicht, mein Lieber. Freu dich nicht zu früh«, sagte er leise. »Frau Heuwinkel«, sagte er dann, an Hermine Heuwinkel gewandt, »ich erwarte Sie um sechzehn Uhr im Präsidium. Meinetwegen bringen Sie Ihren Anwalt mit. Aber halten Sie mir Moritz vom Leib!«
    Grußlos verließ er das Zimmer.
    Als ich schon dachte, es wäre überstanden, kam er doch noch einmal zurück: »Ach ja: Ollie soll sich morgen früh um neun im Büro von Frau Dr. Rosenstolz einfinden.«

II. D URCH DEN W OLF GEDREHT
    Menschen,
die beim Anblick einer Metzgerei in Ohnmacht fallen, sind mir ein Graus.
    (Wolfram Siebeck)
    Ich erwachte erneut von der Kälte. Sie war in meinen Körper gekrochen und breitete sich dort aus wie ein Geschwür. Sie zermürbte mich. Ich konnte nicht mehr klar denken. Nur noch an die Kälte und daran, wie ich sie überlebte.
    Irgendwann war die Frage nicht mehr, wie ich sie überlebte, sondern wie lange.
    Ich begriff, dass ich eine höhere Überlebenschance hatte, wenn ich mich bewegte. Es bedurfte einer fast schon unmenschlichen Anstrengung, meine Starre zu überwinden. Jedenfalls empfand ich es als unmenschlich. Es dauerte mehrere Minuten, bis ich mich endlich hingekniet hatte, und noch länger, bis ich mich an der Wand hochgezogen hatte. In gebückter Haltung setzte ich einen Fuß vor den anderen.
    Mittlerweile war mir eingefallen, was passiert war.
    Doch wie ich hierhergekommen war, wusste ich immer noch nicht.
    Vielleicht war es auch nur ein Versehen. Irgendwann würde sich die Tür öffnen und sich alles als Missverständnis erweisen.
    Doch diese Hoffnung starb schnell. So ein Versehen gab es nicht. Es gab keine Frau Schlüter, die am Montagmorgen den Kopf in die Kühlkammer stecken und ausrufen würde: »Mein Gott, Herr Morgenstern, Sie haben wir ja völlig vergessen!«
    Trotz der Kälte spürte ich noch Schmerzen. Mein Kopf pochte wie eine zu laute Standuhr. Doch noch heftiger schmerzten meine Finger. In einem Anfall von Verzweiflung hatte ich die hauchdünne Eisschicht von den Wänden gekratzt, in der Hoffnung, darunter eine Tür, ein Schloss, einen Hebel oder irgendetwas zu finden, das mich hier rausbrachte.
    Es gab tatsächlich eine Tür. Sie war schätzungsweise achtzig Zentimeter breit und einen Meter achtzig hoch. Allerdings hatte sie weder ein Schloss noch eine Klinke. Zumindest nicht von innen.
    Ich kratzte und schlug dagegen, bis ich merkte, dass nicht nur meine Fingerkuppen bluteten, sondern auch meine Knöchel. Wegen der Kälte meldete sich der Schmerz erst mit einiger Verzögerung. Dafür aber blieb er.
    Nachdem ich die Tür entdeckt und erfolglos dagegengehämmert hatte, versuchte ich es mit Gewalt. Doch es war genauso sinnlos wie meine Bemühungen zuvor. Nachdem ich fünfmal Anlauf genommen hatte und gegen die Tür gerannt war, schmerzte meine Schulter, und mein Kopf tickte nun wie eine Zeitbombe.
    Irgendwann bekam ich Hunger. Weil ich meine Finger nicht mehr benutzen konnte, riss ich mit den Armgelenken eine der Würste ab und schlug die Zähne hinein. Ich spuckte die Pelle auf den Boden und biss herzhaft in den Schinken.
    Ich tippte auf Westfälischen Schinken. Geräuchert.
    Fast musste ich lachen, als ich daran dachte, dass man früher, als man die Schinken noch zu Hause im Rauch selbst räucherte, vom Schinkenhimmel sprach.
    Ich war im Schinkenhimmel! Das war zumindest etwas, an das ich mich klammern konnte.
    Besser als nichts.
    Doch das Lachen verbiss ich mir. Ich hatte Angst, überzuschnappen.
    Nach dem Verzehr des salzigen Schinkens bekam ich Durst.
    Gierig leckte ich die Eisschicht von den Wänden.

Zwischenspiel:
    Natürlich verschwindet niemand so einfach mir nix, dir nix. Jeder Mensch hat seinen Anfang, und jeder hat sein Ende – ob vorbestimmt oder nicht, das spielt keine Rolle. Er wird geboren, und er stirbt irgendwann. In der Zwischenzeit schlägt er Wurzeln. Einem Menschen, der einfach so dahingeht und verschwindet, dem fehlt etwas. So etwas wie der letzte Anker, den er setzt, bevor er wieder in See sticht.
    Und deshalb kann ich nicht zur Tagesordnung übergehen und hinnehmen, dass sie einfach verschwunden sein soll. Ich habe nachgefragt.
    Das Seniorenzentrum St. Agnes liegt genau

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