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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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fuhr in den Kreisverkehr, in den die
Von-Esmarch-Straße mündete. »Oder jemand, den keiner für wichtig hält.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das gibt es doch nicht nur in der Politik: Da sind die Blender in
der ersten Reihe, die allen Applaus auf sich ziehen, und dann die in der
zweiten, die die ganze Arbeit machen. Die einen reden, wenn es darauf ankommt,
und die anderen handeln.«
    »Und Sie halten es für möglich, dass dieser Anrufer einer von denen
ist, die handeln? Das würde bedeuten, dass das, was er von sich gegeben hat,
der Wahrheit entspräche?«
    »Nicht unbedingt. Die Tatsache, dass jemand in der zweiten Reihe
sitzt, macht ihn weder frei von Neidgefühlen, noch verpflichtet sie ihn, immer
die Wahrheit zu sagen.«
    »Die Polizei ist im Besitz eines Videos, das Noteboom in der Nacht
des Mordes zeigt.«
    »Wer hat es aufgenommen?«
    »Das haben sie noch nicht herausgefunden. Die Aufnahme fällt
allerdings nicht besonders schmeichelhaft für Herrn Noteboom aus.«
    »Inwiefern?«
    »Nun ja, der Mann torkelt halb nackt in knallbunter Reizwäsche durch
die Wohnung, ganz offensichtlich sternhagelvoll. Und dann stopft er sich mit
vergiftetem Fleisch voll. Wenn ich das mit seinem Internetauftritt vergleiche …«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Herr Frings? Und was erwarten Sie?«
Hillgruber schüttelte tadelnd den Kopf. »Diethardt Noteboom war nicht der
Heilige Vater, er war Politiker, und beileibe kein schlechter. Einer, der das
Zeug zum Staatsmann hatte, und daran kann auch die Farbe der Unterwäsche nichts
ändern. Neulich habe ich gelesen, dass alle großen Männer der Weltgeschichte
über eine überbordende Libido verfügten. Ich möchte fast sagen: an ihr litten.
Verstehen Sie?«
    »Ehrlich gesagt nicht«, sagte ich. »Besonders das Letzte.«
    »Damit meine ich, dass sie vielleicht ohne diese keine großen
Staatsmänner geworden wären.«
    »Die Armen waren also Opfer ihrer eigenen Bestimmung?«
    »Ich meine lediglich, Frings, dass Diethardt sich mit seinem Hang zu
Sexspielchen in prominenter Gesellschaft befindet: Denken Sie an Willy Brandt,
an John F. Kennedy oder Silvio Berlusconi. Die haben doch alle über die
Stränge geschlagen.«
    »Alexander der Sechste«, fügte ich hinzu.
    »Wer?«
    »Rodrigo Borgia«, sagte ich. »Er war Heiliger Vater und hat auch
über die Stränge geschlagen.«
    Der Mann mit den Hängebacken verstand mich nicht. »Und weiter?«
    »Bei ihm hat es nicht so gut gewirkt«, sagte ich. »Als Papst war er
eine Niete.«
    Hillgruber setzte mich am Bahnhof ab. Zwei Minuten später war
ich zu Hause. Als ich meine Jacke an den Haken hängte, fiel ein Kärtchen aus
der Tasche. Ich konnte nicht widerstehen und wählte die darauf gedruckte
Nummer.
    »Ja?«, meldete sich Gorbitschs Stimme.
    »Ich hätte nur eine Frage: Was bedeutet Political PR ?«
    »Private Research.«
    » Research ? Muss es nicht heißen Private Investigations ? Also PI ?«
    »Ole?«, erkundigte er sich misstrauisch. »Bist du das?«
    »Schön, dass du meine Stimme noch kennst.«
    »Ach komm, verarschen kann ich mich selbst.«
    »Ich weiß, aber deshalb rufe ich nicht an. Ich wüsste nur gern,
welche Geschäfte du mit Strumpf machst.«
    »Strumpf?«
    »Thilo Strumpf, dem Guru der Autofahrer, du weißt schon. Deine
Nachbarin ist Fan von ihm, hast du gesagt.« Wie konnte ich nur diese Frau
erwähnen! Aber es war zu spät.
    »Rat mal, was sie jetzt tut«, sagte Gorbitsch, »ich meine, die
Klamm. Jetzt in diesem Moment.«
    »Um noch mal auf Strumpf zurückzukommen …«
    »Rate wenigstens.«
    »Telefonieren. Aber das tust du doch auch«, gab ich zu bedenken.
    »Mit dem einen winzig kleinen Unterschied, dass sie es eben, bevor
du anriefst, auch schon tat. Und zwar seit einer geschlagenen Stunde. Dabei hat
sie mindestens dreimal gekräht. Und was meinst du wohl, was sie danach tun
wird?«
    »Hör zu, Gorbitsch, vielleicht sollte ich einfach später noch mal –«
    »Sie wird es immer wieder tun. Auflegen und wählen und telefonieren.
Es wird wieder dieser verdammte Klingelton sein, und sie wird rangehen und ›Ja,
hi! Wie geht’s denn?‹ sagen. Immer so weiter. So lange, bis …«
    Schweigen.
    »Bis was?«
    Er antwortete nicht.
    »Es wird so lange weitergehen, bis …? Gorbitsch!«
    Er hatte aufgelegt. Na schön, sollte er doch. Mein Expartner konnte
mich mal. Je mehr er am Rad drehte, desto besser. Sollte er ruhig so
weitermachen, ich würde genüsslich zusehen, wie seine Nobeldetektei den Bach
hinunterging, bis sie

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