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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Sittenverfall
starkgemacht hatte? Eine interessante Frage. Ich sah auf die Uhr: Es war kurz
nach vier. Vielleicht würde mir der Chef von Europas Nummer eins in Sachen
Weihnachten höchstpersönlich Antwort geben.
    Draußen fror es immer noch und der Weg ins Auenviertel war weit, vor
allem, wenn man ihn auf Aristides’ klappriger Rostlaube zurücklegen musste.
Soweit ich es im Kopf überschlug, müsste ich über fünfzig Mal nach links
abbiegen. Für einen Moment überlegte ich, Gorbitsch anzurufen und ihn zu
fragen, ob ich sein neues Rad ausleihen durfte, ließ es aber dann doch sein und
nahm den Bus vom Bahnhof aus. Eine knappe halbe Stunde später arbeitete ich
mich von der Haltestelle zusammen mit einer Masse von Einkäufern in Richtung
»World of Christmas« vor.
    Wir sind Weihnachten! , verkündete ein
monströses Transparent, das direkt über dem Eingangsbereich flatterte. Von
Weihnachtsstimmung konnte, als ich mich dem Einkaufszentrum näherte, allerdings
nicht die Rede sein. Der Zugang zur »World« war abgesperrt, zwei querstehende
Streifenwagen blockierten ihn zusätzlich mit eingeschaltetem Blaulicht und
ein Einsatzleiter hielt ein Megafon in der Hand: »Hier spricht die Polizei!«,
konnte ich verstehen, dann wurde ich weggeschubst. »Kripo Münster,
Sondereinsatzkommando«, sagte der Rempler. »Bitte begeben Sie sich aus der
Gefahrenzone.«
    »Verdammte Scheißkerle!«, schrillte eine andere Stimme, sie kam vom
Flachdach des Gebäudes. »Haut alle ab, sofort, sonst fließt hier Blut!«
    »Seien Sie vernünftig und handeln Sie nicht unüberlegt«, riet das
Megafon.
    Die Gestalt auf dem Dach gestikulierte. »Ich habe eine Bombe und
werde nicht zögern, sie zu zünden.«
    »Sie hier?«, raunte jemand hinter mir. Ich drehte mich um und
brauchte ein paar Sekunden, um den Mann wiederzuerkennen. »Hallo, Sundance«,
sagte ich.
    »Der Typ ist komplett durchgeknallt«, erklärte er. »Wir haben ihn
doch nur höflich gebeten, das ›World of Christmas‹ zu verlassen. Konnten wir
denn ahnen, dass er krank ist?«
    »Krank?«
    »Das Killervirus. Der Kerl kann einem leidtun.«
    »Aber warum wollten Sie, dass er geht?«
    »Weil das mein Job ist. Wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus.«
    »Sie sind also für Schubert tätig? Das trifft sich gut. Ich würde
ihn nämlich gern sprechen. Dieses Mal sogar freiwillig.«
    »Na, dann folgen Sie mir mal unauffällig.«
    Sundance schleuste mich an einem Reporterteam des Lokalfernsehens,
das live berichtete, vorbei zu einem Seiteneingang. Ich bekam gerade noch mit,
wie das SEK den Mann überwältigte und unter dem
Applaus der Schaulustigen abführte.
    Mit dem Aufzug gelangten wir in die Chefetage.
    »Wie geht’s Butch?«, erkundigte ich mich. »Ich hoffe doch, Sie
arbeiten nach Ihrer kleinen Meinungsverschiedenheit neulich noch zusammen.«
    »Ja und nein.«
    »Ja und nein?«
    »Wissen Sie, wie lange wir diesen Job schon machen? Und es ist immer
das Gleiche: Nörgler rausschmeißen, Typen zusammenschlagen, Drohanrufe tätigen,
Kidnapping und dann alles wieder von vorn. Eines Tages hast du genug davon.«
    »Kann ich verstehen.«
    »Aber Butch nicht. Wenn’s nach ihm ginge, würde er immer so
weitermachen. Er nimmt es persönlich, dass ich endlich mal umsatteln will.«
    »Was schwebt Ihnen denn vor: Profikiller? Terrorist?«
    »Eigentlich hatte ich an Sie gedacht.«
    »An mich?«
    »Privatdetektiv«, sagte er.
    Wir waren oben und verließen den Lift.
    »Hier lang.« Sundance schob mich einen mit bunten Lichterketten
beleuchteten Flur entlang. »Der Chef ist heute nicht besonders gut drauf«,
sagte er. »Nur, damit Sie Bescheid wissen.«
    »Wieso?«, meinte ich. »So ein Amokläufer ist doch beste Werbung
heutzutage.«
    »Das Virus. Wenn das in seinem Laden grassiert, kann er
dichtmachen.« Der Schläger klopfte an eine Tür, und bevor er öffnete, raunte er
mir noch zu: Ȇberlegen Sie sich das. Ich will ja nicht bei Ihnen einsteigen.
Nur mal reinschnuppern.«
    Der Leibwächter hatte recht: Franz Schuberts Laune war nicht die
beste. »Herr Frings.« Immerhin wusste er meinen Namen noch. »Ich kann mir nicht
denken, was wir noch zu besprechen hätten.« Der Chef des Weihnachtsladens trug
heute vorwiegend weiß: weißes Rüschenhemd, weißes Jackett. Das brachte seine
künstliche Bräune besser zur Geltung.
    »Aber Sie wollten mich doch sprechen.«
    »Ich wollte Sie sprechen?«
    »Vorgestern Nacht. Ihre Mitarbeiter haben mich sogar mit dem Wagen
abgeholt.«
    Endlich schien er

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