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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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das vielleicht in
der Zeitung?«
    »Der Punkt geht an Sie«, gab der Hauptkommissar zu. »Das werden wir
noch überprüfen müssen. Ebenso sein Alibi.«
    »Welches Alibi hat er denn?«
    »Sie, Frings. Zur mutmaßlichen Tatzeit, das wäre zwischen neunzehn
Uhr und zweiundzwanzig Uhr, war er gar nicht da, sondern mit Ihnen unterwegs.«
    »Das hat er gesagt?«
    »Allerdings. Und Sie müssten das noch bestätigen.«
    »Na klar«, sagte ich.
    Gegen Mitternacht war die Spurensicherung fürs Erste
abgeschlossen. Die Kripo packte zusammen, ich räumte das benutzte Geschirr in
die Küche nebenan. Silke Klamms Haus wurde versiegelt und Gorbitsch abgeführt.
Er wirkte entspannt, regelrecht heiter, dabei war er nie ein heiterer Mensch
gewesen. Er hatte wieder dieses Buddhahafte an sich, als sei er mit dem ganzen
Universum im Reinen. Das machte mir Sorgen.
    Ein Beamter hielt seine Hand schützend über seinen Kopf, als er ihn
in den Streifenwagen verfrachtete und die Wagentür schloss. Endlich rückte die
Kripo ab. Zurück blieb ein grell erleuchteter Elch in Klamms Vorgarten, der
einen Schlitten zog.
    Ich ging nach nebenan und packte noch ein paar Sachen ein –
Schlafanzug, Zahnbürste, das Übliche für die U-Haft. Dann rief ich ein Taxi und
fuhr zur JVA in der Gartenstraße. Es war schon
fast ein Uhr in der Nacht, als ich ihm seine Sachen überbrachte.
    »Danke für deine Hilfe, Ole«, sagte er müde. »War trotzdem ein
schöner Abend, was?«
    »Bevor ich irgendwas für dich tun kann, will ich wissen: Hast du die
Frau umgebracht oder nicht?«
    »Du brauchst nichts für mich zu tun, Ole. Aber danke.«
    »Hör auf mit diesem Scheiß!«
    »He, gönnst du mir nicht, dass ich mich freue? Zugegeben, dieser
Mord kam mir ziemlich recht, aber das heißt doch nicht, dass ich sie umgebracht
habe. Man wird sich doch noch freuen dürfen, oder?«
    »Wenn ich dich mit einem falschen Alibi decken soll, dann solltest
du mir wenigstens die Wahrheit erzählen.«
    »Falsches Alibi?«
    »Du hast gesagt, du bist zur Tatzeit gar nicht zu Hause gewesen,
sondern mit mir unterwegs.«
    »Genau. Stimmt doch auch.«
    »Blödsinn, Jan! Ich bin um halb neun gekommen und habe dich
vorgefunden, wie du dagesessen und irgendwie abwesend die Wand angestarrt
hast.«
    »Ganz recht: Ich war abwesend. Also nicht da.«
    »Warst du doch!«
    »Weißt du, dieses verdammte Haus ist mein Zuhause und auch wieder
nicht. Und ich bin immer da und auch wieder nicht. Das ist schwer zu erklären.
Kennst du den Film ›The Shining‹?«
    Gorbitsch hatte den Verstand verloren. Das war die Lösung, deshalb
wirkte er so seltsam abgeklärt! »Verdammt, Jan, ich will nur eins wissen: Hast
du Silke Klamm mit der Christbaumspitze erdolcht?«
    Er warf mir einen Blick zu, der mir einen kalten Schauer über den
Rücken jagte. Nicht dass darin Mordlust aufgeblitzt hätte. Für einen Bruchteil
einer Sekunde hatte mir nur der alte Gorbitsch zugeblinzelt. He, sei entspannt , hatte er gesagt. Raffst
du denn nicht, dass alles nur Theater ist? Mein Gefühl trog also nicht:
Diese gute Laune, die buddhistische Gefasstheit und das Serientätergehabe – das
alles war gar nicht wirklich, sondern nur gespielt. Und das bedeutete, dass
mein Expartner weder Mystiker noch Psychopath war, sondern ein eiskalter,
berechnender Mörder.
    »Wenn du unbedingt was für mich tun willst«, bat der Killer, »dann
sorge dafür, dass ich nach Hause kann, und zwar möglichst bald.«
    »Das wird nicht so leicht sein.«
    »Trotzdem. Ich will doch auch ein bisschen von der Situation profitieren.«
    »Profitieren? Was zum Teufel meinst du, Jan?«
    »Im Garten sitzen und in der Nase bohren. Das Zwitschern der Vögel
hören. Das ist das erste Mal, seit ich in dieser winzigen Hütte wohne, dass es
wirklich still ist.«

18
    In dieser Nacht schlief ich unruhig und träumte von
Gorbitsch. Nicht davon, dass er in U-Haft saß, sondern dass er günstig ein
kleines Motel erworben hatte, draußen an der B 54 in Richtung Steinfurt. Da
führte er ein beschauliches, wenn auch karges Leben, ganz allein mit seiner
kränklichen Mutter, bis eines Tages Silke Klamm, in meinem Traum eine kühle
Blondine mit ungeheuerem Sexappeal, in einer chromblitzenden Limousine vorfuhr.
Sie war auf dem Weg zu einer Telefonkonferenz in Burgsteinfurt und wollte ein
Zimmer für eine Nacht. Gorbitsch geriet ins Stottern, als er sich mit ihr
unterhielt – so wie immer, wenn er einer Frau gegenüberstand, deren
Attraktivität ihn einschüchterte. Ganz sicher

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