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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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hätte er es niemals über sich
gebracht, aus dem Schuppen ein langes Messer zu holen und Frau Klamm brutal
abzustechen, während sie unter der Dusche stand. Gorbitschs Mutter war die
Mörderin. Obwohl sie gar nicht mehr am Leben war, sondern tot auf einem Stuhl
im Keller saß. Eifersüchtig, wie sie war, duldete sie nämlich nicht, dass ihr
Sohn sich mit jungen Dingern wie Frau Klamm einließ.
    Dann kam der Morgen, und alles sah anders aus: Draußen lagen fast
zehn Zentimeter Neuschnee und der blaue Himmel lachte über der Stadt.
Jauchzende Kinder und Autofahrer, die bei laufendem Motor ihre Scheiben vom
Schnee befreiten, erzeugten eine allseits friedliche Winterstimmung. Eine
Idylle, die fast noch schöner war als die auf Keksdosen abgebildete. Ich ging
hinunter ins Restaurant und überredete Aristides zu einem griechischen
Frühstück. Er setzte mir Kaffee, bestehend aus Prütt, Zucker und etwas
Flüssigkeit, vor, dazu ein Glas Leitungswasser und eine Handvoll
verschrumpelter Oliven.
    »Was soll das werden?«, fragte ich enttäuscht. »Seit wann ist euer
Frühstück auch Bestandteil des Sparpakets?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du was Richtiges willst, komm zum
Mittagessen wieder. Dann gibt’s Lamm in Zitronensoße.«
    Lamm war auch nicht so mein Fall, also löffelte ich den Kaffee,
ausgeschlafen und erleichtert, dass die Schatten der Nacht sich verzogen
hatten. Jan Willem Gorbitsch war nicht Norman Bates, und der schreckliche Mord
unter der Dusche hatte nicht stattgefunden. Zugegeben: Frau Klamm war trotzdem
tot und Gorbitsch nach wie vor der ideale Verdächtige. Also gut, dachte ich –
einmal angenommen, er war nicht der Täter, wer kam dann in Frage? Wollte jemand
ihm den Mord in die Schuhe schieben? Und einmal abgesehen davon, dass mir das
egal sein konnte, schließlich war es lange her, dass er mein Partner gewesen
war. Dass er es nicht bei einer Trennung im Guten belassen konnte, sondern mich
beruflich zu ruinieren suchte, indem er mir mit seiner ehemaligen Zahnarztpraxis
Konkurrenz machte. Ich trank das Wasser, die Oliven ließ ich stehen, nach ihrem
Aussehen zu urteilen, hatten das schon einige vor mir getan. Und dann fasste
ich den Entschluss, die Noteboom-Sache erst mal auf Eis zu legen und
stattdessen bei Gorbitsch herumzuschnüffeln. Keine Ahnung, warum. Vielleicht ja
deshalb, weil ich mir tatsächlich einbildete, er hätte dasselbe für mich getan.
Eine zu abenteuerliche Vorstellung.
    Es war kurz vor zehn, als ich das Reihenhaus im Geistviertel betrat.
Gorbitsch war nicht zum Aufräumen gekommen – wann denn auch, er hatte anderes
um die Ohren. Aber auch bevor er unter Mordverdacht gestanden hatte, war er nie
ein ordentlicher Mensch gewesen. Winterschuhe, Socken und Pantoffeln lagen im
Flur herum, in der Küche türmte sich das benutzte Geschirr von gestern und auf
den Treppenstufen warteten halb leere Kaffeetassen darauf, dass sie jemand mit
nach unten nahm. Das Schlafzimmer im ersten Stock war geprägt von Gorbitschs
Prinzip, einmal getragene Klamotten nicht zu waschen, sondern lieber neue zu
kaufen. Ich bahnte mir einen Weg durch das Chaos, trat ans Fenster und sah in
den Garten hinunter: Alles lag unter einer liebreizenden Schneedecke, einschließlich
des Gartenstuhls, auf dem die Verblichene ihre Telefongespräche geführt hatte.
Neben dem Schlafgemach befand sich das Arbeitszimmer, ein enger,
schlauchförmiger Raum, nicht breiter als der Schreibtisch. Die Kripo hatte den PC zwecks Festplattencheck mitgenommen und dabei
sämtliche Papierstapel zum Einsturz gebracht, die Gorbitsch auf dem Boden
angehäuft hatte. Jetzt lag alles wild durcheinander: Kontoauszüge,
Einkaufsquittungen, Reiseprospekte, Flyer von Pizzabringdiensten, private und
geschäftliche Korrespondenz. Interessant war ein Schnellhefter mit der
Aufschrift »Klienten«. Leider enthielt er nur eine Handvoll Blätter, darunter
eine Liste mit Summen – Geldzahlungen vermutlich – und ein handschriftliches
Schreiben ohne Briefkopf:
    Herr Gorbitsch, ich beziehe mich auf unser
Telefonat neulich bezüglich Ihres Angebotes, Stichwort: Personal Firewalling.
Bitte betrachten Sie sich hiermit als engagiert und machen Sie sich
unverzüglich ans Werk, wie wir es besprochen haben. Die Honorierung wird, wie
vereinbart, ausschließlich in bar erfolgen. Nochmals möchte ich betonen, dass
Sie Kategorien wie Freund oder Feind nicht zu beachten haben. Es geht lediglich
darum, sensible Daten zu erheben, die im Falle eines Falles als

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