Tod von Sweet Mister
Glenda hob die Hände, damit ihre Fingernägel sie beschützten, doch Red packte sie an beiden Handgelenken und schüttelte und schüttelte sie.
»Komm her! Komm her, du Hexe! Und du auch, Fettsack.«
Ich hatte einen großen Batzen Abendessen auf den Teppich gespuckt.
Er packte mich am Nacken, schleifte uns in die Küche und schrie: »Wehe, ihr lenkt die Neugier der Bullen auf mich! Seid ihr wahnsinnig geworden?«
Die Küche war voller Diebesgut. Die Beute war diesmal Limonade, Limoflaschen in Holzkästen, stapelweise, von Wand zu Wand. Das Deckenlicht verschwand dahinter. Vielleicht zweihundert Kästen, schätzte ich, dazu noch ein paar Kisten anderer Sachen.
Basil stand zusammengekauert neben der Spüle. Er war nicht gern dabei, wenn Red so war. Er legte keinen Wert darauf, in der Nähe zu sein, wenn Red sich die Familie vornahm.
»Das Zeug wird bis morgen Abend aus deiner Küche verschwunden sein, Glenda«, erklärte er. »Es gibt da einen Typen, der uns alles abnimmt.«
»Sag ihr nichts – vielleicht verrät sie es aus Versehen dem netten Bullen.«
Glendas Auge schwoll zu, selbst in dem schlechten Licht konnte ich sehen, wie sie direkt auf der Augenbraue ein blutiges Ei bekam, dabei spannte sich die Haut, bis das Auge ganz traurig verzogen war. Ihre Nase war zu einem hässlichen Rosa geprügelt, ihre Oberlippe geschwollen, aber nirgendwo konnte ich Blut sehen. Sie versuchte, nicht zu weinen, konnte aber ein paar Tränen nicht unterdrücken.
An jenem Abend überkam mich etwas Komisches, ich sah weg, versuchte, nicht zu weinen, versuchte, mich nicht auf ihn zu stürzen. Doch die Vernunft versagte, ich warf mich gegen ihn, aber er schubste mich nur hart zu Boden und lachte.
»Ich würde dir ja eine pfeffern, Junge, aber Scheiße spritzt so.«
Glenda versuchte, ihn zu schlagen, doch er krallte sich in ihre Brustwarzen, drückte richtig fest zu und drehte sie, bis Glenda zusammensackte, stöhnte und schluchzend zurückwich.
Wieder stürzte ich mich auf ihn. Er schubste mich gegen den Kühlschrank, so leicht, als würde er ein Kissen wegschleudern. Ich hob meine Fäuste, meine zitternden Fäuste. Die Kistenstapel schienen auf Reds Seite zu sein, sie engten mich ein und deckten ihn von hinten ab.
»Okay, Baby! Du denkst daran, mir jetzt eine zu verpassen, oder, Fettsack? Findest du, du bist schon so weit? Hm?« Jedes Mal, wenn er »Hm« sagte, warf er meinen Kopf nach hinten, sodass er gegen die Kühlschranktür donnerte. »Hm? Hm? Hm? Hm? O ja, Baby, du willst mir eine verpassen! Willst Daddy schlagen! Hm? Na, komm schon, Junge. Schlag deinen Daddy! Ich meine es ernst, komm schon. Hm? Willst du nicht? Hm? Du hast die Fäuste doch schon oben, Junge, also schlag zu. Na komm schon, komm schon. Hm? Hm?«
»Alter«, sagte Basil mahnend, »Alter, verdrisch ihn nicht so, dass wir ihn nicht mehr brauchen können. Verdrisch ihn nicht so – wir brauchen den Burschen bald noch.«
»Hab ich dich gefragt, verdammt? Hab ich das?«
Basil hob die Hände und gab auf.
»Mach dir keine Mühe, mich auszupeitschen, Red – ich wurde schon ausgepeitscht. Weißt du noch? Kannst du dir sparen.«
»Ach, Mann«, winkte Red ab. »Ach, Mann, lass uns abhauen.«
»Das ist mal eine Idee.«
»Lass uns abhauen und die Sau rauslassen.«
»Gekauft, Mann.«
Red drehte sich zu Glenda um. Er atmete so schwer, dass seine Nasenflügel bebten, und kräuselte die Lippen, als wollte er irgendeinen Mist ausspucken, den er ihr schon das ganze Leben lang ins Gesicht spucken wollte. Glenda hob ihr Gesicht nicht zu ihm hoch.
»Jetzt hör mal zu – ich gehe aus, verstanden, ich gehe aus und lasse es richtig krachen. Fick dich! Und dein fetter Sohn? Dieser Sack voller Scheiße wird niemals in das Alter kommen, niemals, in dem er sich mit mir anlegen will, kapiert? Der Tag wird nicht kommen, an dem er mich wegen dir verprügeln kann. Jetzt nicht, niemals. Also fickt euch.«
Glenda und ich kauerten auf dem Fußboden und keuchten schwer. Das schlechte Licht half uns dabei, uns noch nicht anschauen zu müssen. Wir hörten die Fliegentür klappern. In jener Nacht hasste ich Red wie nichts sonst. Wir hörten Autotüren schlagen. Glenda hatte am Kleid zwei Knöpfe verloren. Wir hörten den Motor aufheulen und den Wagen die Zufahrt entlangrollen.
»Ich denke, ich hol mal Eis«, sagte ich. »Wenn wir welches haben.«
»Nein, nein, Schätzchen – bleib sitzen. Ich hole Eis. Du bleibst sitzen. Diesmal ist Mom dran mit Eisholen.«
DAS NÄCHSTE ZIEL
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