Tod von Sweet Mister
kurz vorm Siedepunkt, der Schweiß floss nur so. »Die Mutter ist nach Hause gekommen.«
Basil gab Gas und brachte uns schnell fort. Er bretterte mit quietschenden Reifen über den Asphalt und tauchte dann in eine Nebenstraße ab, auf der niemand nach uns suchen würde.
»Also, wenn jemand hinter dir her ist, dann rennst du natürlich, kapiert?«
»Ansonsten nicht«, sagte Basil.
»Mir ist nicht gut.«
»Du bist vielleicht ein Jammerlappen. Das sind nur die Nerven, Fettsack. Schnapp dir ein Bier und entspann dich. Wir haben die guten Sachen, und wir sind weg.«
Auf dem Blatt, das Red bei sich hatte, stand, dass der nächste Auftrag ein Haus in West Table sein sollte, ein ächzendes, kleines weißes Ding mit viel Efeu an den Mauern, gleich beim Stadtpark. Als ich den Pfad zum Haus entlangging, konnte ich durch ein Fliegenfenster bereits die vollen Aschenbecher riechen. Ich hörte jemanden unruhig schlafen, hörte Krächzen und Husten und lange Atempausen.
Die zweite Tür zum Haus ging nach hinten raus. Ich hängte mir die Grit-Tasche um und ging hinein, so als hätte mich eine Stimme hereingebeten. Das erste Zimmer war der Schmutzraum, in dem das Gartengerät und die dreckigen Stiefel standen. Dann kam die Küche. Sie war von der Art, wie ich sie kannte, und die Geräte und das Essen und die Gerüche brachten mich nicht durcheinander. Auf der Anrichte lag ein Block gefrorenes Fleisch, Schwein, glaube ich.
Die Schlafgeräusche leiteten mich. Die kranke Person in diesem Haus war unten im Wohnzimmer. Das Bett wirkte in dem Zimmer irgendwie falsch, aber dort hatten sie es aufgestellt. Darin lag ein sehr, sehr alter Mann, der ziemlich schnell schrumpfte, nahm ich an. Seine Haut hing wie lose an ihm. Auf seinem Kopf fehlten alle Haare, und die Haut spannte sich blass und dünn über den Schädel, sodass ich die Adern deutlich sehen konnte, wie Risse in einer Windschutzscheibe.
Auf einem Tisch nahe seinem Kopf stand eine Lampe, Taschentücher und alle möglichen Medikamente lagen herum.
Mein Gedanke war nur: Hellwach am Morgen, hellwach, bis die Lichter ausgehen.
Plötzlich machte er die Augen auf und sagte: »Kein Spiel heute, Bill?«
»Oh, wir haben gewonnen«, antwortete ich. »Leichte Sache.«
»Nett von dir, die Ernte liegen zu lassen und herzukommen.«
»Kein Problem.«
»Ich bin irgendwie aufs falsche Schiff geraten.«
»Bist du sicher?«
»Ich bin auf dem falschen Schiff. Das falsche Schiff. Kein Spiel, Bill?«
Hinter mir sagte eine Stimme, die mich halb zu Tode erschreckte: »Na los, sprich weiter mit ihm, Junge. Lauter.«
Die Stimme gehörte zu einer winzigen, zarten, alten, weißhaarigen Frau.
»Ich hab ihn durchs Fenster gehört und dachte, er ruft mich, Ma’am«, sagte ich. »Er hält mich für jemand anderen, deshalb muss er mich wohl gerufen haben.«
»Ist nicht das erste Mal«, sagte sie. »Auch nicht das zweite oder dritte Mal. Bill war sein Bruder.«
»Genau wie in Japan«, sagte der Mann. »Gieß dir ’nen Doppelten ein, Bill.«
»Sag ihm, du seist Bill – er ruft schon den ganzen Tag nach ihm.«
»Ich bin Bill«, sagte ich laut. »Ich glaube, wir sind jetzt auf dem richtigen Schiff.«
»Ich dachte, ich wäre auf dem falschen Schiff gelandet.«
»Nein, nein, hör mal, ich bin’s, Bill – wir sind auf dem richtigen Schiff.«
Ich weiß nicht, was der Mann darüber dachte, aber er schloss die Augen.
»Er schläft jetzt vielleicht«, sagte die Frau. Sie schaute mich von oben bis unten an und lächelte. »Möchtest du einen Keks?«
»Okay.«
»Komm mit in die Küche.«
Sie ging aus dem Wohnzimmer, ich drehte mich zu den Medikamenten auf dem Tisch um, schob ganz schnell die Flaschen und alles andere zusammen und ließ es in die Grit-Tasche fallen. In der Tasche klimperte es.
Die Kekse waren aus Haferflocken mit Rosinen, und ich stopfte mir schnell drei oder vier in den Mund. Sie bot mir noch mehr an.
»Ich muss los«, sagte ich. »Zeitungen verkaufen.«
»Ich nehme dir eine ab, Junge. Es war so nett von dir, ihm zuliebe mitzuspielen.«
Der Kranke rief jetzt nach Caleb, fragte, ob Caleb da sei, wo ist Caleb, ach, Caleb.
»Ich weiß gar nicht, wer dieser Caleb ist, nach dem er ruft«, sagte sie. »Das ist mir ein Rätsel. Ich erinnere mich an keinen Caleb.«
»Ich könnte ja auch Caleb sein«, sagte ich. »Ich geh noch mal kurz rein.«
»Das wäre sehr nett von dir.«
Ich ging zurück und stand neben dem kranken Mann.
»Caleb ist da«, sagte ich. »Er ist auf dem
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