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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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und ihre Krallen paddelten wie wild in der Luft. Die Bohnen mit dem Löffel zu katapultieren funktionierte gut. Carl sagte: »Achtung!«, dann schnippten er und ich mit unseren Löffeln und trafen die Hühner mit den Bohnen. Wir ließen sie springen. Sie schienen in der Luft eine völlig andere Form anzunehmen, plötzlich waren sie aufgeblasene, fette Dinger, ihre Füße rannten schon, noch bevor sie den Boden berührten, und sie rissen die Köpfe hin und her, als ob ihre Hälse Gummibänder wären, aber sie blieben in der Nähe. Sie benahmen sich wie Cartoonfiguren. Aber solche, die man riechen und mit Bohnen beschießen konnte.
    »Freut mich, dass es euch schmeckt«, sagte Granny. Sie hatte sich auf eine Decke in den Schatten neben Glenda gelegt und schien betrunken zu sein. »Das tut mir in der Seele gut, zu sehen, wie dir die Bohnen schmecken, mein Sohn.«
    »Ja«, sagte Carl. Er hielt seine Schüssel im Schoß und starrte eine ganze Weile auf die Reste, ein paar weiße Bohnen und getrocknete Sauce. Dann sagte er etwas, und die einzelnen Wörter hatten dabei viel Platz. »Komisch … was man … glaubt … zu vermissen.«
    »Ich glaub nicht, dass ich Bohnen vermissen werde«, sagte ich. »Eis, also das würde ich vermissen. Und Winkeyes.«
    »Du weißt nicht, was du vermissen wirst, Shug.« Ein Flugzeug, eins mit Passagieren drin, flog über uns hinweg, ein silberner Punkt hoch oben im Blau, und machte dieses traurige Geräusch, diese Art von traurigem Summen, von dem einem die Luft aus der Brust weicht, bis sie sich hohl anfühlt. »Könnte Candy Corn sein, könnten die Streichhölzer aus dem Pancake House sein, die dir die ganze Zeit im Kopf herumspuken. Irgendein Blödsinn, den dein Kopf für wichtig hält und vermisst. Ein Foto von deinem Hund. Dein alter Baseballhandschuh. Du kannst es nicht wissen. Erst wenn es so weit ist.«
    Die Sonne war nach Westen gezogen, die Strahlen kamen ganz schräg zu uns und warfen Schatten, die immer länger wurden. Glenda machte leise Furzgeräusche, während sie auf der weißen Decke in den langen Schatten döste.
    Sie trug verwaschene Jeans; beim Dösen breitete sie die Beine zu einem V aus, die blassen Hosenbeine rutschten ihr ein wenig über die Knöchel und ließen Luft an ihre weiße, weiße Haut.
    Sie hatte sich in ziemlich vielen Nächten in meine Träume geschlichen und sich dort breitgemacht und mich dazu gebracht, komische Bilder zu träumen. Die seltsamen Träume spielten stets anderswo, an anderen Orten als die, die ich kannte. Ich schätze, die meisten Träume spielten nahe am Äquator, weil Glenda darin stets entsprechend angezogen war. Sie schritt über riesige Sandflächen, trug schmale Stoffstücke und machte im flachen Wasser eins auf junges Mädchen; holte mit dem Fuß so aus, wie sie es immer tat, lächelte breit, lachte laut. Ich war meistens irgendwo hinter ihr, aber in der Nähe. Überall lagen Kokosnüsse und Bananen und andere Früchte, man brauchte sie nur aufzuheben. Sie sprang und alberte im Sand herum, spritzte das flache Wasser mit den Füßen auf. Sie war für die Hitze richtig angezogen, und diese Eindrücke gaben mir gute Gefühle, die auch über die Träume hinaus in mir blieben, bis hinein in den kommenden Tag.
    Manchmal schwamm sie nackt in den Wellen, kam dann aber nie aus dem Wasser.
    »Ach, hör mal, Shug – warum schwingst du deine Füße nicht mal Richtung Haus rüber und dann mit ein paar Bieren wieder her, hm? Ach, machen wir doch eine Bestellung draus.«
    Ich führte die Bestellung aus. Es würden nicht mehr allzu viele Biere übrig bleiben, wenn sein Durst so anhielt. Ich brachte ihm die beiden kalten Biere, und währenddessen bog Basil von der Schotterstraße in die Einfahrt ein. Es war ein neues Auto. Ein Mercury, ein so großes Modell, dass die Leute es ein Schlachtschiff nannten. Der Wagen hatte eine verschlissene schwarze Farbe. Reds Cowboystiefel ragten aus einem Hinterfenster raus. Basil lenkte an dem Dodge und Grannys klapprigem Ford Kombi vorbei auf den Hof und auf uns zu. Die Reifen knirschten über den Hof, und der röhrende Motor scheuchte die Hühner in den Wald, dann kam der Mercury vielleicht einen halben Meter vor dem Mimosenbaum zum Stehen.
    Basil sprang grinsend heraus, präsentierte seine feinen weißen Zähne, kam schnell auf Carl zu und gab ihm einen Kuss auf den Kopf. Dann verwuschelte er ihm die Frisur, nahm ihn in den Schwitzkasten, aber nur ganz sanft, und sagte: »Wir haben uns Sorgen gemacht,

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