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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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dann einfach weiter
     und war selbst ein wenig darüber überrascht: »Ich … habe einen Vergewaltiger festgenommen, der es auf Kinder abgesehen hatte.
     Ein sanfter, knubbeliger alter Mann, neunundfünfzig Jahre alt, der aussah wie das perfekte Double des Nikolaus. Der insgesamt
     siebzehn kleine Mädchen zwischen vier und neun Jahren mit Wilson’s Toffee in seinen Wagen gelockt und hinauf nach Constantiaberg
     …«
    »Sie haben Ihr Ziel erreicht«, sagte sie leise.
    Er ließ sich in seinen Bürostuhl zurückfallen.
    »Dann lassen Sie mich verdammt noch mal meine Arbeit erledigen.«
     
    Der Nordwestwind blies draußen die Dunkelheit gegen die Fensterscheiben, während drinnen Wilna van As redete und mit Worten
     nach Jan Smit suchte und die verschränkten |51| Hände in ihrem Schoß niemals ganz zur Ruhe kamen. »Ich weiß nichts. Ich weiß nicht, ob ich ihn kannte. Ich weiß nicht, ob
     es überhaupt möglich war, ihn zu kennen. Aber es hat mich nicht gestört. Ich habe ihn geliebt, er war … Es war, als hätte
     er eine Wunde, als hätte er … Manchmal, wenn ich nachts neben ihm lag, dachte ich, er sei wie ein Hund, der zu oft und zu
     brutal geschlagen worden war. Mir ging vieles durch den Kopf. Manchmal dachte ich, vielleicht hat er irgendwo noch eine Frau
     und Kinder. Denn als ich schwanger war, da sah er regelrecht verängstigt aus. Ich dachte, er hat vielleicht eine Frau und
     Kinder, die ihn verlassen haben. Oder dass er eine Waise war. Vielleicht gab es auch etwas anderes, aber er war durch irgendetwas
     so schwer verletzt worden, dass er es anderen nicht zeigen konnte. So viel wusste ich, aber ich habe ihn nie danach gefragt.
     Ich weiß nichts über ihn. Ich weiß nicht, wo er aufgewachsen ist, ich weiß nicht, was mit seinem Vater und seiner Mutter geschehen
     ist, und ich weiß nicht, wie er mit dem Geschäft begonnen hat. Aber ich weiß, dass er mich auf seine Weise geliebt hat, er
     war freundlich und gut zu mir, und manchmal lachten wir zusammen, nicht oft, aber hin und wieder, über andere Leute, ich wusste,
     er mochte keine selbstgefälligen Menschen. Und solche, die mit ihrem Geld angeben. Wahrscheinlich hat er schwere Zeiten durchmachen
     müssen. Er ist immer sehr sorgsam, sehr vorsichtig mit seinem Geld umgegangen. Ich glaube, er hatte Angst vor anderen Menschen.
     Vielleicht war er auch schüchtern … Es gab keine Freunde. Nur uns beide. Mehr brauchten wir nicht.«
    Nur der Wind und der Regen, die gegen das Fenster schlugen. |52| Sie sah auf, blickte zu Hope Beneke. »Es gab oft diese Momente, in denen ich fragen wollte. In denen ich ihm sagen wollte,
     er könne es mir erzählen, dass ich ihn immer lieben werde, ganz egal, wie groß der Schmerz sei. Es gab Momente, in denen ich
     fragen wollte, weil ich so fürchterlich neugierig war, weil ich ihn kennen wollte. Ich glaube, das lag daran, weil ich ihn
     einordnen wollte. Das machen wir mit allen Menschen, ordnen sie irgendwo in unserem Kopf ein, damit wir wissen, was wir ihnen
     das nächste Mal sagen oder was wir ihnen geben sollten, das macht das Leben etwas leichter.
    Aber ich habe ihn nicht gefragt. Denn wenn ich gefragt hätte, dann hätte ich ihn vielleicht verloren.«
    Sie sah zu van Heerden. »Ich hatte nichts. Manchmal fragte ich mich, ob sein Vater auch getrunken hat und seine Mutter auch
     geschieden war und er vielleicht auch aus zerrütteten Verhältnissen stammte. So wie ich. Aber wir hatten uns, und mehr brauchten
     wir nicht. Deshalb habe ich nicht gefragt. Noch nicht einmal, als ich schwanger war und er sagte, wir müssten was dagegen
     tun, weil Kinder das Böse dieser Welt nicht verdient hätten und wir sie davor nicht beschützen könnten. Damals habe ich ihn
     nicht gefragt, weil ich wusste, dass er geschlagen worden war. Wie ein Hund. Zu oft. Also ließ ich abtreiben. Und dabei auch
     gleich einen Eingriff vornehmen, damit ich nie wieder schwanger werden konnte.
    Weil ich wusste, dass wir nur uns beide brauchten.«
    Und dann wischte sie den Tropfen von der Nasenspitze und sah auf ihre Hände, und er wusste nicht, was er sagen sollte, und
     wusste, dass er seine anderen Fragen nicht mehr anbringen konnte.
    |53| Das Haus war eine Grabkammer.
    »Ich denke, wir müssen los«, sagte die Anwältin schließlich und erhob sich. Sie ging zu van As und legte der Frau eine Hand
     auf die Schulter.
    Sie liefen nebeneinander durch den Regen über die Straße zu ihren Autos. Als sie den Schlüssel in die Tür ihres BMW

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