Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
war mit ihrem scharlachroten Lippenstift verschmiert.
Sie hörte einen Moment lang zu, dann sprach sie wieder. »Okay, Dennis, ruf mich an, wenn er bis zwölf nicht da ist. Okay,
bis dann.«
Sie wandte sich van Heerden zu. »Sind Sie gegen eine Tür gelaufen oder ist ihr Ehemann zu früh nach Hause gekommen?«
»Ist Manie da?«
|70| »Wenn er da wäre, würde mich das ziemlich beunruhigen.« Sie ließ den Blick zur Decke schweifen.
Er wartete.
»Manie war mein Schwiegervater, Süßer. Ist seit drei Jahren unter der Erde, Gott sei seiner Seele gnädig. Sie wollen meinen
Mann sprechen, Danie — oder kann
ich
Ihnen irgendwie behilflich sein?« Das unausgesprochene Angebot klang beiläufig, wie aus jahrelanger Gewohnheit.
»Ich beschäftige mich mit dem Mord an Jan Smit. Ich würde gern mit jemandem sprechen, der ihn kannte.«
Sie musterte ihn von oben bis unten. »Für einen Polizisten sind Sie zu dünn.« Dann drehte sie sich um und rief in die offen
stehende Tür hinter ihr. »Danieeeee …« Dann wieder zu van Heerden: »Haben Sie schon was rausgefunden?«
»Nein, ich bin kein …«
»Was?«, sagte Danie Meiring, als er sichtlich genervt den Raum betrat. Dann erblickte er van Heerden.
»Polizei«, sagte die Frau und deutete mit einem rot lackierten Fingernagel auf van Heerden. »Es geht um Jan Smit.«
Meiring war klein und stämmig, sein feister Nacken versuchte sich über den Kragen des sauberen Overalls zu wölben. Er streckte
ihm die Hand entgegen. »Meiring.«
»Van Heerden. Ich würde gern einige Fragen stellen.«
»Hat’s der fette Ire verbockt?« Die kleinen Augen standen eng zusammen, darüber ein aggressives Stirnrunzeln.
Van Heerden schüttelte verständnislos den Kopf.
»Der irische Bulle, O’Hagan oder so. Ist er nicht weitergekommen?«
Es dämmerte ihm. »O’Grady?«
»Genau.«
|71| »Ich bin nicht von der Polizei. Ich betreibe private Ermittlungen für Smits Freundin, Miss van As.«
»Ach.«
»Wie gut kannten Sie ihn?«
»Kaum.«
»Wie war Ihr Umgang miteinander?«
»Wir hatten eigentlich keinen. Sie faxten ihre Aufträge an Valerie, und an Weihnachten schickte ich eine Flasche Whisky an
seine Ladenadresse. Bekam dafür nie mehr als eine Teetasse. Er war nicht unbedingt eine Plaudertasche.«
»Wie lange war er schon Ihr Kunde?«
»Das weiß ich nicht. Valerie?«
Die Frau hatte ihrer Unterhaltung aufmerksam gelauscht. »Oh, seit Jahren. Ziemlich lange bereits. Er war schon ein alter Kunde
von Pa Manie.«
»Fünf Jahre? Zehn?«
»Ja, zehn Jahre leicht. Vielleicht sogar noch länger.«
»Sie haben keine Unterlagen?«
»Nicht mehr aus der Zeit.« Entschuldigend.
»Gab es irgendwelche seltsamen Vorfälle bei Ihren Geschäftsbeziehungen?«
»Das hat der Ire auch schon gefragt«, antwortete Danie Meiring. »Wollte wissen, ob Smit in seinen alten Schränken vielleicht
Gras geschmuggelt hat. Oder Diamanten. Aber woher sollen wir das wissen? Wir haben sie aufgeladen und abgeliefert. Das ist
unser Job.«
»Irgendwelche festen Adressen oder Bestimmungsorte?«
»Nein, wir haben sein Zeug überall im Land abgeholt. Und auch wieder abgeladen, bis auf die großen Antiquitätenläden in Durban
und im Transvaal.«
|72| »Wie hat er gezahlt?«
»Was meinen Sie damit, ›wie hat er gezahlt?‹«
»Per Scheck? In bar?«
»Monatlich per Scheck«, sagte Valerie Meiring.
»Was zum Teufel hat das damit zu tun?«, fragte ihr Mann.
Er hielt seinen neutralen Tonfall bei: »Im Safe waren vielleicht amerikanische Dollar.«
»Wie das?«, fragte Meiring.
»Zahlte er pünktlich? Regelmäßig?«
»Immer«, sagte Valerie. »Wenn nur jeder so zahlen würde.«
Van Heerden seufzte. »Danke«, sagte er und ging zur Tür.
Er wartete lange vor der Auskunft zur Meldestelle in Bellville, bis er an die Reihe kam und die dunkelhäutige Frau müde aufblickte,
um sich seine Frage anzuhören. Er erzählte ihr, er sei von einer Anwaltskanzlei, Beneke, Olivier und Partner. Er benötige
dringend den Geburtsschein eines Johannes Jacobus Smit, Personalausweisnummer …
»Sie müssen an Schalter C dreißig Rand zahlen, Sir, und das Formular ausfüllen. Es dauert dann sechs bis acht Wochen, bis
das Formular von Pretoria bearbeitet wird.«
»Ich habe keine sechs Wochen Zeit. Der Oberste Gerichtshof wird in sechs Tagen über Smits Testament entscheiden.«
»Sonderfälle werden im zweiten Stock behandelt, Sir. Sie müssen persönlich vorstellig werden, wenn es schneller gehen
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