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Todes Kuss

Todes Kuss

Titel: Todes Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TASHA ALEXANDER
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ich. „Ja, fast bedaure ich, Andrew Palmers Einladung angenommen zu haben.“
    „Sie könnten ihm immer noch absagen“, schlug Margaret vor.
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Wer ist dieser Andrew Palmer überhaupt?“
    „Er war mein Tischnachbar an dem Abend bei Mr Bennett“, klärte ich sie auf.
    Margaret krauste die Nase. „Ich erinnere mich.“ Sie wandte sich Ivy zu: „Mögen Sie ihn?“
    „Er entstammt einer angesehenen Familie.“
    „Auf mich hat er wie ein Langweiler gewirkt.“
    „Im Gegensatz zu den meisten anderen Gentlemen, die ich kenne, erwartet er nicht, dass eine Dame sich sklavisch an alle gesellschaftlichen Regeln hält“, mischte ich mich wieder ein. „Das gefällt mir.“
    „Verständlich.“
    „Ich muss mich verabschieden.“ Ivy erhob sich. „Wir wollen morgen abreisen. Da muss ich mich vergewissern, dass alles richtig gepackt wird. Ich hoffe, wir haben bald Gelegenheit, unsere Bekanntschaft zu vertiefen, Margaret. Jetzt wäre dafür sicher nicht der geeignete Moment, denn ich weiß, dass Sie mit Emily über Homer reden wollen. Zu diesem Thema könnte ich nicht viel beitragen.“
    „Sie sollten Homer lesen!“
    „Die Ilias ist ein wundervolles Epos“, unterstützte ich Margaret.
    Doch Ivy schüttelte nur lachend den Kopf.
    „Sie ist ein liebes kleines Ding“, meinte Margaret, als meine Freundin zur Tür hinaus war, „aber vielleicht ein bisschen … einfach.“
    „Sie ist der liebenswerteste Mensch, den ich kenne“, verteidigte ich Ivy.
    Wir vertieften das aber nicht weiter, sondern wandten uns den Büchern zu, die Margaret mitgebracht hatte. Als Erstes reichte sie mir ein paar ordentlich zusammengelegte Seiten. „Ich würde Ihnen empfehlen, mit den Vorträgen von Matthew Arnold zu beginnen. Er ist der Professor, der in Oxford für Aufregung gesorgt hat, weil er seine Vorlesungen nicht in Latein, sondern in Englisch hält. Diese Texte befassen sich mit den Vorzügen und Schwächen der verschiedenen Homer-Übersetzungen.“
    „Für all das danke ich Ihnen sehr.“
    „Wie lange beabsichtigen Sie noch in Paris zu bleiben? Ich selbst will in ein paar Tagen nach London reisen, um mir eine Vortragsreihe am University College anzuhören. Was halten Sie davon, mich zu begleiten?“
    „Eigentlich möchte ich noch nicht nach England zurückkehren.“
    „Schade. Nun, vielleicht fällt mir ja noch jemand ein, der Sie hier in Paris in Altgriechisch unterrichten könnte.“
    „Bitte, machen Sie sich keine unnötige Mühe. Zunächst einmal möchte ich sowieso Popes Übersetzung der Ilias zu Ende lesen. Mir ist bewusst, dass eine Übersetzung kein Ersatz für das Original ist. Doch Popes Verse faszinieren mich.“
    „Das verstehe ich gut.“
    „Ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden für Ihre Unterstützung. Wollen wir uns noch ein wenig mit Homer beschäftigen, ehe Mr Palmer mich abholt?“
    Da uns nicht mehr viel Zeit blieb, beschlossen wir, uns gegenseitig aus der Ilias vorzulesen. Obwohl Margaret sich zweifellos bereits viel intensiver mit der Dichtung beschäftigt hatte als ich, gelang es mir doch, einen angemessen dramatischen Ton zu finden. Margaret zeigte sich tief beeindruckt und bat mich, der besseren Wirkung wegen, auf einen Stuhl zu steigen. Ich tat ihr den Gefallen und begann, die Klage der Andromache, der Frau von Hektor, dem wichtigsten Heerführer des Trojanischen Krieges, zu deklamieren, in er sie ihrer Angst, bald Witwe zu werden, Ausdruck verleiht. Sie befürchtet in diesem sechsten Gesang der Ilias , ihr Mann könne im Krieg fallen.
    „… dich töten gewiss die Achaier“, rief ich und war so vertieft in den Text, dass ich nicht bemerkte, wie die Tür geöffnet wurde und jemand ins Zimmer trat. Erst als Mr Palmer direkt vor mir stand, sah ich ihn. Seine verwirrte Miene brachte mich zum Lachen. Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren. Doch zum Glück gelang es mir, obwohl Meg mich fest geschnürt hatte, auf den Boden zu springen, ohne zu stürzen.
    „Lassen Sie uns morgen weitermachen, Emily“, meinte Margaret, die ebenfalls herzhaft lachte.
    „Gern.“
    Wir verabschiedeten uns voneinander, während Mr Palmer sich ungewohnt still verhielt. Erst als Margaret gegangen war, erkundigte er sich: „Was um Himmel willen haben Sie auf diesem Stuhl getan?“
    „Fragen Sie besser nicht“, antwortete ich. Anschließend warf ich mir einen leichten Umhang über die Schultern und verließ an Andrew Palmers Seite das Hotel.
    Draußen wartete die Kutsche, die er für

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