Todesakt: Thriller (German Edition)
Liste der Beweisstücke anlegen«, erwiderte sie deshalb, langweilige Verwaltungsarbeit vorschützend. »Noch mehr Berichte und Papierkrieg. Sie kennen das ja. Ich hatte gehofft, dass die Sachen noch nicht im Piper Tech eingelagert worden sind. Bei dieser Hitze noch einmal quer durch die Stadt zu gurken hätte mir gerade noch gefehlt.«
Die alte Frau glaubte ihr und grinste sie an.
»Schon gefunden, meine Liebe. Alles ist hier. Bin gleich zurück.«
Lena blickte der Sachbearbeiterin nach, die einen langen Flur entlangging und um eine Ecke bog. Da der Lagerraum hinter der Theke riesengroß war, würde sie vermutlich eine Weile brauchen.
Lena stand Höllenqualen aus, denn schließlich befand sie sich in einem verglasten Raum mit freier Sicht auf den stark frequentierten Korridor, der als Abkürzung zwischen dem Gebäude und dem Parkhaus auf der anderen Straßenseite diente. Lena schaute auf die Uhr und stellte fest, dass es fast zwölf Uhr war. Als sie den Kopf hob und Barrera und den stellvertretenden Polizeichef Ramsey erkannte, wandte sie sich zur Theke um. Doch schon im nächsten Moment öffnete sich die Tür hinter ihr. Sie hörte Barreras Stimme, und Furcht durchzuckte sie, als treffe sie der Atemhauch eines Drachen.
»Gamble?«
Sie nahm sich zusammen und drehte sich um. Barrera hielt die Tür auf. Ramsey stand hinter ihm auf dem Flur. Die Zeit reichte nicht, um sich Gedanken darüber zu machem, was ihr Gesichtsausdruck wohl vermittelte.
»Ich wollte Ihnen nur das Neueste erzählen«, sagte er. »Dieses miese kleine Dreckstück von einem Klatschreporter ist wieder auf freiem Fuß. Dick Harvey wurde heute Morgen entlassen. Offenbar gibt er Ihnen die Schuld an seiner Verhaftung und schreit nach Rache. Ich an Ihrer Stelle würde nicht zu viel Zeit vor dem Fernseher verbringen.«
Lena hörte Schritte hinter sich: Die alte Frau kehrte zurück. Timing war das halbe Leben. Sie holte tief Luft.
»Spitze«, erwiderte sie. »Danke für den Tipp.«
Barrera ließ den Blick durch den Raum schweifen und schien etwas zu ahnen, sagte aber nichts. Lena rechnete jeden Moment mit dem Satz: »Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen?« Doch er riet ihr nur, ein Auge auf Harvey zu haben, bezeichnete ihn noch einmal als mieses kleines Dreckstück und schloss die Tür.
»War das Ihr Chef, Schätzchen?«
Lena drehte sich um, während Barrera und Ramsey davongingen. Die alte Frau stand, einen Asservatenkarton in der Hand, hinter dem Maschendraht. Sie nickte Lena zu, entriegelte das Fenster und schob den Karton über die Theke.
»Ja«, erwiderte Lena. »Wie er leibt und lebt.«
28
Der Karton war nicht sehr groß. Während Vaughan den Parkplatz verließ und auf den Freeway zusteuerte, schlitzte Lena das Packband mit einem Schlüssel auf und nahm den Deckel ab. Sie fand eine Auflistung des Inhalts und vergewisserte sich, dass alles da war. Die Jeans des Mädchens, die Stiefel, ein Gürtel und ein paar Socken – nicht sehr ergiebig. Auf einem an die Liste gehefteten Zettel stand, was sonst noch von der Kleidung der Jugendlichen vorhanden war. T-Shirt und Bluse waren tiefgefroren und wurden im Tresor der Kriminaltechnik aufbewahrt, weil beide Kleidungsstücke Blutflecken von den Wunden des Opfers aufwiesen.
Inzwischen hatte Vaughan den Freeway erreicht, wechselte die Spur und fuhr in östlicher Richtung zum San Bernadino Freeway.
»Warum wurde die Kleidung nicht vor der Verhandlung ans Labor geschickt, wenn der Täter möglicherweise DNA hinterlassen hat?«
»Das hat man sicher getan.«
»Und warum tun wir das dann noch mal?«
Lena versuchte, sich ihre Zweifel nicht anmerken zu lassen. »Weil sie nicht dasselbe gesucht haben wie wir. Überlegen Sie mal, was die schon in der Hand hatten. Gants Sperma. Seinen Speichel. Warum also Zeit und Geld verschwenden, wenn sie glaubten, dass alles komplett war? Nachdem sie Gant hinter Schloss und Riegel hatten, hätte das keinen Sinn ergeben. Schließlich hatten sie ihren Schuldigen.«
»Richtig«, antwortete Vaughan. »Ich werde nur den Verdacht nicht los, dass sie schon vor dem Prozess von der Schlamperei im Labor wussten und nicht erst eine Woche nach Verhandlungsbeginn, als es schon zu spät war. Doch die Kleidung ist bereits untersucht und auf Haare und Fasern getestet worden. Sicher hat das Labor jeden Zentimeter unter die Lupe genommen und auf Körperflüssigkeiten überprüft. Und anschließend haben sie die Sachen in einen Karton gesteckt und ins Lager geschickt. Was sollte
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