Todesakt: Thriller (German Edition)
tot.«
Lena überlegte. Vor acht Jahren waren Schüsse aus fahrenden Autos in L. A. an der Tagesordnung gewesen. Allerdings war das vermutlich nicht der Grund für ihre Gedächtnislücke. Ihr Bruder war vor acht Jahren ermordet worden. Sie hatte sich damals eine Auszeit genommen.
Vaughan beugte sich vor. Sein Tonfall wurde sanfter. »Elvira Wheaten. Der Name des Kindes war Shawn. Die beiden sind nicht zufällig in eine Schießerei zwischen zwei Banden geraten, Lena, sondern wurden absichtlich niedergemäht. Wheaten hat sich gegen die Kriminalität im Viertel engagiert und wurde deshalb zur Zielscheibe. Higgins kandidierte gerade für das Amt des Staatsanwalts und brauchte Schlagzeilen. Und Bennett war damals sein Lieblingskind. Mich wundert es, dass Sie sich nicht erinnern.«
»Mich auch«, antwortete sie.
»Es gab einen Augenzeugen. Einen Jugendlichen namens Wes Brown. Er hat Cobb und Bennett geholfen, die Schützen im Auto zu identifizieren, weigerte sich aber, vor Gericht auszusagen.«
Der Name Wes Brown kam Lena bekannt vor. Und im nächsten Moment fiel ihr ein, dass der Junge es kurz darauf selbst in die Schlagzeilen geschafft hatte.
»Wes Brown wurde ermordet«, merkte sie an.
Vaughan nickte.
»Drei Monate nachdem der Prozess vorbei und Higgins in Amt und Würden war. Brown ist nicht vor Gericht aufgetreten. Sein Name wurde geheim gehalten. Obwohl die Täter nie erfuhren, wer sie enttarnt hat, haben sie ihn trotzdem erwischt. Ein Vierteljahr später war Brown tot.«
»Aber Higgins hat den Prozess gewonnen.«
»Mit Browns Aussage wäre es eine todsichere Sache gewesen, doch so mussten er und Bennett sich stärker ins Zeug legen. Ich war damals schon hier tätig und weiß noch, wie sie sich abgemüht haben – vor Gericht und im Wahlkampf. Und so hat Higgins schließlich seinen Schuldspruch gekriegt, das in den Medien ordentlich ausgeschlachtet und zu guter Letzt auch den Wahlsieg in der Tasche gehabt.«
»Und Bennett und Cobb sind aneinandergeraten, weil Cobb Brown nicht dazu bringen konnte auszusagen.«
Wieder nickte Vaughan.
»Klingt logisch, wenn man es sich genauer überlegt. Bennett ist nicht der Typ, der sich für Browns Ängste interessiert hätte. Wahrscheinlich hat er Cobb vorgeworfen, er gefährde den Prozessausgang und damit Higgins’ Wahl. Wenn viel auf dem Spiel steht, geschehen die merkwürdigsten Dinge. Als Brown ebenfalls ermordet wurde, musste sich Higgins einiges anhören. Das hat sicherlich auch nicht zur Versöhnung beigetragen.«
»Und so hat Cobb seinen Freund verloren«, stellte Lena fest. »Seinen besten Kontaktmann in der Staatsanwaltschaft.«
»Ich glaube, danach hat es auch noch eine Scheidung gegeben. Geldprobleme. Alles wirkte aussichtslos.«
»Bennett hat ihn nicht mehr gebraucht.«
»Bis Lily Hight umgebracht wurde und Cobb den Fall bekam. Dann ging die Sache nämlich wieder von vorne los.«
»Higgins wollte eine dritte Amtszeit und wusste, dass dazu Schlagzeilen und ein neuer Sensationsprozess nötig sind, den er gewinnen könnte. Und Bennett wollte natürlich den Helden spielen, um selbst in vier Jahren zu kandidieren. Und so kam plötzlich wieder Cobb ins Spiel.«
Vaughan lächelte Lena an.
»Und wen hat Cobb da wohl angerufen, nachdem Sie ihn gestern um die Fallakte gebeten hatten?«
»Steven Bennett«, erwiderte sie. »Seinen nun wieder besten Freund. Den Mann, der ihm zurück an die Spitze verhelfen kann.«
»Also fast genauso wie früher, nur dass es diesmal nicht geklappt hat. Der Prozess hat alles zum Einsturz gebracht.«
»Der Prozess und die Zeitung von heute«, antwortete sie. »Wo steht Ihr Auto?«
»Im Parkhaus. Wieso?«
»Möchten Sie mit mir eine Spazierfahrt zum kriminaltechnischen Labor unternehmen?«
»Warum?«, fragte er. »Was wird hier gespielt?«
»Ich möchte Orth Lilys restliche Kleidung bringen.«
Vaughan sah sie an und nickte.
»Dann also los.«
»Dann treffen wir uns in einer Viertelstunde am Parker Center«, entgegnete Lena. »Warten Sie auf dem Chefparkplatz bei Ihrem Auto.«
27
Inzwischen lag es für sie auf der Hand.
Der gesamte Prozess gegen Jacob Gant stand und fiel mit den DNA-Spuren am Körper und an der Kleidung von Lily Hight. Für Cobb, Bennett und Watson war die Übereinstimmung mit der von Gant der Beweis gewesen, dass sie ihren Mörder hatten. Und als die Proben – zusammen mit dem Höschen des Opfers – im Labor verschlampt worden waren, hatte Paladino die Geschworenen von der Unzuverlässigkeit der vor
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