Todesakt: Thriller (German Edition)
Zimmer zu untersuchen, grenze an Lächerlichkeit. Und im Grunde genommen habe Steven Bennett recht: Sie solle einfach tun, was man ihr sage, Hight den Doppelmord im Club 3 AM nachweisen und die Vergangeheit ruhen lassen.
Sie sah erst Vaughan und dann wieder Orth an.
»Wir mussten die Zeit totschlagen. Paladino hat im Vorgarten eine Pressekonferenz abgehalten. Wir saßen im Haus fest.«
»Der Tatort war doch im Club 3 AM.«
Lena schüttelte den Kopf.
»Irgendwas stimmt nicht mit dem Zimmer des Mädchens. Ich habe Dinge gefunden, die dort nicht hingehören. Und auch mit dem Vater ist etwas nicht in Ordnung, und das hat nichts mit den Vorfällen der vorletzten Nacht zu tun. Wenn ich die Zeit anderer Leute verschwendet haben sollte, werde ich mich nicht dafür entschuldigen, denn ich werde es wieder tun, Marty. Sollte jemand ein Problem damit haben oder sich beschwert haben, wäre es besser gewesen, wenn derjenige mich oder sogar Barrera angerufen hätte, anstatt Sie zu belästigen.«
»Es hat sich niemand beschwert«, erwiderte Orth. »Aber vielleicht wollen Sie ja in der Abteilung für Fingerabdrücke vorbeischauen. Sie sind heute Morgen fertig geworden. Ihr Bericht müsste in einer Stunde vorliegen.«
Als Lena Orths Gesicht musterte, wurde ihr plötzlich etwas klar. Der Spurensicherungsexperte wollte sie nicht kritisieren, sondern unterstützen. Orth stand auf ihrer Seite und hatte die Absicht …
»Was haben sie festgestellt?«, fragte sie.
Nach einem raschen Blick zur Tür wandte Orth sich wieder zu ihr um und senkte die Stimme.
»Jacob Gants Fingerabdrücke. Im Schrank, an der Kommode, an jedem Griff und jeder Schublade. Und es sind eindeutig frische Spuren, Lena. Es besteht kein Zweifel: Gant war in den letzten beiden Wochen, bevor er starb, in diesem Zimmer. Er hat etwas gesucht. Wissen Sie vielleicht, was das sein könnte?«
29
Sie wusste nicht, was Gant gesucht hatte, doch ganz gleich, was es gewesen war, es hatte ihn offenbar das Leben gekostet …
Lena griff nach Johnny Boscos Schlüsseln, steckte das Formular, das festhielt, durch welche Hände ein Beweisstück gegangen war, in ihren Aktenkoffer und verließ das Gebäude. Während Vaughan sich eilig wieder an die Analyse der Gerichtsverhandlung gesetzt hatte, hatte sie die letzten beiden Stunden damit verbracht, unterstützt von einem Analysten aus der Fotoabteilung die weiteren im Club 3 AM sichergestellten Überwachungsvideos zu sichten. Der Analyst, er hieß Henry Rollins, hatte jede in der fraglichen Nacht aufgenommene Einstellung überprüft.
Leider ohne neue Ergebnisse.
Tim Hight, beruflich kameraerfahren, hatte es geschafft, einen Bogen um sämtliche Aufnahmegeräte zu machen. Die Feuerleiter an der nördlichen Fassade war ein toter Winkel, über sie war er wahrscheinlich ins Haus gelangt.
Allerdings hatte Rollins Lena auch eine Neubearbeitung jenes Fotos aus der Überwachungskamera an der Straße vorgeführt, das zeigte, wie Hight sich in der fraglichen Nacht im Auto vom Tatort entfernte. Dank der um einiges besseren Bildauflösung nahm der Schatten auf dem Beifahrersitz für Lena Gestalt an und sah für sie eher wie eine Waffe als wie eine Taschenlampe aus. Rollins stimmte ihr zu, war jedoch nicht bereit, sich festzulegen, und sagte, eine weitere Bildbearbeitung werde ihnen bald Klarheit verschaffen.
Nachdem Lena eine weitere Stunde lang mit einem Analysten aus der Abteilung für Fingerabdrücke Gants Fingerspuren untersucht hatte, war ihre Zeit um, und sie musste aufbrechen.
Es stand zweifelsfrei fast, dass Gant während der letzten beiden Wochen in Lily Hights Zimmer gewesen war, er war durchs Fenster eingestiegen. Lena dachte an den Baum hinter dem Haus und fragte sich, wie oft Gant wohl zu Lilys Lebzeiten dort hinaufgeklettert war. Wie viele Nächte hatte er in ihrem Bett verbracht?
Lena hätte nicht rational erklären können, warum sie bei Orths Nachricht sofort vermutet hatte, dass Gant auf Lilys Mobiltelefon aus gewesen war. Allerdings bestand schon ein Unterschied, ob man ein Telefon versteckte oder ein Foto in einer Schatulle verschwinden ließ. Das Telefon wäre im Zimmer sicher nicht sehr lange unentdeckt geblieben. Inzwischen war ein Jahr vergangen. Und wie hätte das Opfer es beiseiteschaffen sollen? Die Verletzung, die der Täter Lily zugefügt hatte, war tödlich gewesen. Mit dem Schraubenzieher im Rücken hatte der Täter sie handlungsunfähig gemacht, und schon kurz darauf war sie gestorben.
Und dennoch hatte
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