Todesangst
erfahren hatte.
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen.«
Carol zog die Augenbrauen hoch, doch dann sah sie sein Lächeln und lachte ebenfalls. »Für einen Augenblick dachte ich schon, Sie meinten das ernst.«
Er erzählte ihr von seiner Kindheit in Los Angeles, seiner Ausbildung in Berkeley und an der Harvard Medical School und schließlich seiner Zeit als Assistenzarzt am Allgemeinkrankenhaus von Massachusetts. Ohne daß er es eigentlich gewollt hatte, ertappte er sich dann plötzlich dabei, wie er ihr auch von Danielle berichtete und der schrecklichen Novembernacht, in der sie starb. Noch niemand hatte ihn dazu gebracht, so aus sich herauszugehen, noch nicht einmal der Psychiater, von dem er sich nach dem Tod seiner Frau behandeln ließ. Schließlich schilderte er ihr sogar seine derzeitige Depression wegen des Todes so vieler seiner Patienten und dann den heutigen Anruf seines Kollegen Wanamaker mit der Nachricht, daß nun auch Marge Todd gestorben sei.
»Ich fühle mich geehrt dadurch, daß Sie mir all das erzählen«, sagte Carol ernst. Mit soviel Offenheit und Vertrauen hatte sie tatsächlich nicht gerechnet. »Sie haben eine Menge verkraften müssen.«
»Das Leben ist nun einmal so«, antwortete er seufzend. »Ich weiß eigentlich auch nicht, warum ich Sie mit alldem gelangweilt habe.«
»Von Langweilen kann überhaupt keine Rede sein«, sagte Carol. »Ich finde, daß Sie eine sehr schwere Situation gut bewältigt haben, denn es war bestimmt sehr schwierig, wenn auch sicher sehr positiv, daß Sie Ihr ganzes Arbeits- und Lebensumfeld bewußt verändert haben.«
»Finden Sie?« fragte der Arzt. Es war ihm gar nicht bewußt geworden, da er ihr das erzählt hatte. Er hatte nicht vorgehabt, sich so persönlich Carol gegenüber zu äußern, aber nachdem er es nun einmal getan hatte, hatte er eigentlich ein gutes Gefühl dabei.
Da sie ihre Gemeinsamkeit genossen, war es schon halb elf vorbei, als sie endlich reisefertig waren. Dr. Howard bat einen Hoteldiener, ihm seinen Wagen vor den Haupteingang zu stellen, und sie fuhren mit dem Aufzug hinunter zur Eingangshalle. Genau Carols Vorhersage entsprechend, hatte sich, als sie vor das Haus traten, der Himmel bereits wieder bezogen, und es fiel ein leichter Regen.
Mit Hilfe des im Wagen vorgefundenen Stadtplans und der Erinnerung von Carol Donner fanden sie den Weg hinaus zur medizinischen Fakultät der Staatsuniversität. Carol zeigte dem Arzt den Forschungsbau, in den damals Hayes gegangen war. Sie traten durch den Haupteingang und wurden sofort von einem uniformierten Wachmann angehalten, da sie keine Anstecker trugen, die sie als Universitätsangehörige ausgewiesen hätten.
»Ich bin Arzt und komme aus Boston«, stellte sich Dr. Howard vor und zog seine Brieftasche heraus, um sich auszuweisen.
»Woher Sie kommen, ist mir völlig egal. Kein Anstecker, kein Eintritt - so einfach ist das. Wenn Sie hier hereinwollen, müssen Sie sich in der Zentralverwaltung anmelden.«
Da es unverkennbar war, daß jeder weitere Versuch, mit dem Mann zu verhandeln, nutzlose Zeitverschwendung wäre, begaben sie sich zur Zentralverwaltung. Auf dem Weg dorthin fragte Howard seine Begleiterin, wie es denn Hayes in bezug auf den Wachdienst gehalten hätte.
»Er rief seinen Freund vorher an«, antwortete sie, »und der kam zum Parkplatz.«
Die Dame der Verwaltung war sehr freundlich und entgegenkommend und legte Carol sogar ein bebildertes Verzeichnis der Fakultätsangehörigen vor mit der Empfehlung, zu versuchen, doch dort den Bekannten von Dr. Hayes herauszufinden. Aber Gesichter waren offenbar nicht genug, und es gelang Carol nicht, den Mann ausfindig zu machen. So erhielten sie die nötigen Ansteckausweise und gingen zum Forschungsbau zurück.
Carol führte Dr. Howard hinauf in den vierten Stock. Der Korridor dort war angefüllt mit überzähligen Möbeln und Geräten, und die Wände schrien förmlich nach einem frischen Anstrich. Ein beißender Geruch nach einem chemischen Mittel in der Art von Formaldehyd lag in der Luft.
»Hier ist das Labor«, sagte Carol und hielt vor einem offenen Durchgang an. Auf dem Schild neben der Tür standen die Namen Dr. rer. nat. Dr. med. Duncan Sechler und Dr. rer. nat. Dr. med. Rhett Shannon. Sie standen, wie das der Arzt vermutet hatte, vor der Abteilung Molekulargenetik.
»Welcher Name wohl?« fragte Dr. Howard.
»Ich kann es nicht sagen«, antwortete Carol Donner, trat auf einen jungen Assistenten zu und fragte, ob einer der beiden
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