Todesangst
Und ich meine, Sie sollten nun auf Ihr Zimmer gehen und die ganze Sache überschlafen.«
»Wir brauchen Schutz«, beharrte Howard und versuchte dabei, seiner Stimme Autorität zu verleihen. »Was sollen wir denn tun, wenn der Killer wiederkommt?«
»Schauen Sie, mein lieber Freund, ich kann schließlich nicht die Nacht über hier sitzen und Ihr Händchen halten. Ich bin der einzige, der Dienst hat, und ich muß schließlich diesen ganzen verdammten Kreis im Auge behalten. Schließen Sie sich in Ihrem Zimmer ein, und gönnen Sie sich ’ne ordentliche Mütze Schlaf.«
Mit einem letzten Kopfnicken zum Geschäftsführer des ›Salmon Inn‹ schlurfte der Sheriff aus der Tür.
Der Geschäftsführer seinerseits lächelte Dr. Howard etwas mitleidig zu und verzog sich in sein Büro.
»Das ist doch nicht zu fassen«, sagte Howard mit einer Mischung von Verwirrung und Furcht. »Ich kann nicht glauben, daß niemand diesen südländischen Typ bemerkt hat.« Er trat in die Telefonzelle und blätterte das Telefonbuch nach Privatdetekteien durch. Es gab davon mehrere in Seattle, aber wo er auch anrief, überall meldete sich nur der Anrufbeantworter. Er hinterließ jeweils einen Namen und die Telefonnummer des Hotels, hatte aber wenig Hoffnung, daß ihn noch jemand zurückrufen würde.
Als er aus der Telefonzelle herauskam, erklärte er Carol, daß sie sofort abreisen würden. Sie folgte ihm die Stufen hinauf. Doch beim Eintreten in ihr Zimmer protestierte sie: »Es ist bereits halb zehn!«
»Das ist mir gleich. Wir reisen so schnell wie möglich ab. Bitte packen Sie Ihre Sachen zusammen!«
»Habe ich eigentlich überhaupt nichts zu sagen?«
»Nein! Es war Ihre Entscheidung, diese Nacht noch hierzubleiben, und Ihre Entscheidung, diesen hilfreichen Polizisten zu rufen. Jetzt bin ich an der Reihe, und ich sage: Wir reisen ab!«
Etwa eine Minute lang stand Carol regungslos mitten im Zimmer und sah Howard beim Packen zu; dann fand sie, daß er vielleicht doch recht hätte. Zehn Minuten später trugen sie, wieder in ihren eigenen Kleidern, ihre Koffer zum Empfang hinunter, um sich abzumelden.
»Leider muß ich Ihnen diese Nacht noch berechnen«, sagte der Mann am Empfang.
Howard versuchte nicht, mit ihm darüber zu handeln. Er bat vielmehr darum, ihm seinen Wagen vor den Eingang zu fahren, und drückte dem Mann fünf Dollar Trinkgeld in die Hand, woraufhin der diesem Wunsch bereitwillig nachkam.
Jason Howard hatte gehofft, daß er sich weniger ängstlich und weniger angreifbar fühlen würde, wenn er erst einmal in seinem Wagen säße. Leider war keines von beidem der Fall. Als er vom Hotel wegfuhr und dann die dunkle Bergstraße hinunter, wurde ihm vielmehr so richtig bewußt, wie abgeschnitten sie hier waren. Eine Viertelstunde später entdeckte er im Rückspiegel Scheinwerfer hinter sich. Zunächst wollte er sich gar nicht darum kümmern, aber dann bemerkte er, daß sie immer näher kamen, obwohl er ständig beschleunigte. Sein früheres Angstgefühl kehrte zurück, seine Handflächen wurden feucht.
»Da ist einer hinter uns«, sagte er.
Carol drehte sich um und schaute durch das Rückfenster. Sie durchfuhren gerade eine Kurve, und die Lichter verschwanden. Doch auf der nächsten Geraden waren sie wieder da - näher als vorher. Carol blickte starr vor sich hin. »Ich habe Ihnen ja gesagt, wir sollten dort bleiben.«
»Sehr hilfreich!« entgegnete er sarkastisch.
Er trat das Gaspedal noch weiter durch. Jetzt waren sie schon auf über sechzig Meilen pro Stunde auf dieser schmalen und kurvigen Straße. Er umklammerte das Lenkrad fester. Zugleich warf er einen Blick in den Rückspiegel. Der Wagen war jetzt dicht hinter ihnen, seine Scheinwerfer wirkten wie die Augen eines Monsters. Howard versuchte sich irgend etwas einfallen zu lassen, aber er sah keine andere Möglichkeit als die, den Verfolger abzuschütteln. Sie kamen zur nächsten Kurve, Jason Howard zog das Steuer herum und sah, wie sich der Mund des Mädchens neben ihm zu einem unterdrückten Schrei öffnete. Der Wagen drohte auszubrechen. Er bremste, und sie schleuderten erst auf die eine, dann auf die andere Seite. Carol griff haltsuchend nach dem Armaturenbrett; Howard fühlte, wie sich sein Anschnallgurt straffte.
Er mühte sich, den Wagen wieder in seine Gewalt zu bekommen, was ihm schließlich auch gelang. Das Auto hinter ihnen verringerte den Abstand immer mehr, seine Scheinwerfer erfüllten das Innere ihres eigenen Wagens mit fast unerträglicher
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