Todesangst
geworden zu sein, und an seinem Haaransatz zeigte sich eine feine Schweißlinie.
»Es geht schon«, beruhigte ihn Hayes. Er ließ seine Hand auf den Tisch fallen. »Ich habe über diese Entdeckung noch nichts geschrieben, weil ich überzeugt davon war, daß dies erst der erste Schritt zu einem noch weitaus umfassenderen Durchbruch war. Ich meine damit etwas von der Größenordnung meiner Entdeckung der Antibiotika oder der Helixstruktur der DNA. Ich war so fasziniert von der Sache, daß ich rund um die Uhr geschuftet habe. Aber dann fand ich heraus, daß meine Entdeckung gar kein Geheimnis mehr war - daß sie bereits genutzt wurde. Als mir der Verdacht kam, habe ich…« Hayes brach mitten im Satz ab. Er starrte Howard mit einem Ausdruck an, der rasch von Verwirrung in Angst umschlug.
»Alvin, was ist los mit Ihnen?« fragte der Arzt, doch Hayes antwortete nicht. Er preßte die rechte Hand gegen die Brust, ein Stöhnen entrang sich seinen Lippen, dann schossen seine beiden Hände nach vorn, krallten sich in das Tischtuch, und er riß es an sich. Die Weingläser fielen um, und Hayes versuchte auf die Beine zu kommen, doch er schaffte es nicht. Mit einem erstickten Hustenstoß spie er einen Strom von Blut über den Tisch, der das Tischtuch durchtränkte und Dr. Howard bespritzte, der im Zurückspringen seinen Stuhl umstieß. Der Blutstrom wollte nicht enden, Welle um Welle kam und bespritzte alles ringsum, während die Gäste im Lokal entsetzt durcheinanderschrien.
Als Arzt war es Howard sofort klar, was sich hier abspielte. Das Blut war hellrot und wurde förmlich aus Hayes herausgepumpt. Das bedeutete, daß es direkt aus einer Arterie kam. Während der folgenden Sekunden saß Hayes aufrecht auf seinem Stuhl, Verwirrung und Schmerz verdrängten die Furcht in seinen Augen. Dr. Howard ging um den Tisch herum und legte ihm den Arm um die Schulter. Mehr konnte er nicht machen - es gab keine Möglichkeit, den Blutstrom zu stoppen. Hayes mußte entweder verbluten oder an seinem Blut ersticken. Howard blieb nichts zu tun, als den Mann zu halten, während sein Leben verströmte.
Als Hayes zusammensackte, ließ Dr. Howard ihn zu Boden gleiten. Der Körper eines Erwachsenen enthält etwa sieben Liter Blut, aber das, was sich hier an Blut auf Tisch und Boden ausbreitete, schien erheblich mehr zu sein. Dr. Howard ging zu einem verlassenen Nebentisch und nahm von dort eine Serviette, um sich die Hände abzuwischen.
Erstmals seit Beginn dieses Dramas nahm Howard seine Umgebung wahr. Die Gäste des Restaurants waren von ihren Tischen geflohen und drängten sich im Hintergrund des Raumes zusammen. Einigen war schlecht geworden.
Der Oberkellner stand unsicher auf seinen Beinen, war grün im Gesicht, preßte die Hand vor den Mund und konnte mit Mühe gerade noch sagen: »Ich habe einen Krankenwagen gerufen!«
Jason Howard blickte auf Hayes hinunter. Ohne einen Operationssaal unmittelbar nebenan, ohne eine vorbereitete und sofort funktionsfähige Herz-Lungen-Maschine gab es nicht die geringste Chance zu seiner Rettung. Ein Krankenwagen in diesem Stadium war völlig nutzlos - er konnte nur noch die Leiche wegbringen. Mit einem zweiten Blick auf den jetzt still daliegenden Körper konstatierte Dr. Howard, daß der Mann wohl Lungenkrebs gehabt haben müsse. Ein Geschwür mußte die Hauptschlagader durchbrochen und dadurch den Blutsturz verursacht haben. Wie zum Hohn glimmte die Zigarette noch im Aschenbecher, in dem nun schaumiges Blut stand. Ein dünner Rauchfaden stieg langsam zur Decke.
Aus der Ferne hörte Dr. Howard die auf- und abschwellenden Sirenentöne eines sich nähernden Krankenwagens. Aber ehe dieser noch eintraf, hielt draußen ein Polizeiauto mit kreisendem Blaulicht, und zwei Polizisten in Uniform stürmten in den Raum. Angesichts der blutigen Szenerie prallten sie zurück. Der jüngere der beiden, ein blonder Bursche namens Peter Carbo, der aussah wie neunzehn, wurde sofort grün im Gesicht. Sein Begleiter, Jeff Mario, schickte ihn rasch zur Befragung der anderen Gäste. Er schien, um ein paar Jahre mehr oder weniger, so etwa in Dr. Howards Alter zu sein. »Was zum Teufel ist denn hier passiert?« fragte er, sichtlich verblüfft von der Unmenge von Blut.
»Ich bin Arzt«, sagte Howard. »Der Mann ist tot - verblutet. Es gab nichts, was man hätte tun können.«
Jeff Mario kauerte sich über den Körper von Hayes und versuchte zaghaft, ihm den Puls zu fühlen. Offenbar befriedigt, stand er dann auf und wandte
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