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Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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von der Sache zu machen. Er konnte sich den Gedanken nicht aus dem Kopf schlagen, daß der Tod ihn regelrecht verfolge. Das führte dazu, daß er sich auf seltsame Weise für Alvin Hayes verantwortlich fühlte, gerade so, als ob der Mann noch am Leben sein könnte, wenn er sich nicht ausgerechnet mit ihm getroffen hätte. Natürlich war es ihm klar, daß bei vernünftiger Betrachtung derartige Gedanken unsinnig waren. Aber Gefühle ließen sich nicht immer auf einen Nenner mit der Vernunft bringen.
    Nach einer scharfen Linkskurve setzte der Krankenwagen etwas zurück und hielt dann an. Als die hintere Türe geöffnet wurde, wußte Dr. Howard gleich, wo sie waren. Es war der Hof des Allgemeinkrankenhauses von Massachusetts, ein Dr. Howard sehr vertrauter Ort. Hier hatte er vor Jahren seine Zeit als Assistenzarzt verbracht. Er kletterte hinaus, während die beiden Sanitäter routiniert die Leiche von Alvin Hayes ausluden. Das Fahrgestell klappte unter der Bahre heraus, und geräuschlos rollten sie die sterbliche Hülle des Forschers zunächst in den Notaufnahmeraum, wo eine Schwester sie nach ein paar Sätzen gleich in einen Raum für Verletzte weiterdirigierte.
    Obwohl er Arzt war, war Dr. Howard nicht vertraut mit dem üblichen Ablauf der Dinge in einem Fall wie dem Tod von Hayes. Er war bereits darüber verblüfft gewesen, daß sie bei der Notaufnahme landeten, nachdem ja feststand, daß jede Hilfe für Hayes zu spät kam. Aber dann fiel ihm ein, daß Hayes ja erst einmal offiziell für tot erklärt werden mußte. Das hätte ihm aus seiner Zeit als Assistenzarzt noch in Erinnerung sein müssen.
    Der Aufnahmeraum für Verletzte war in der üblichen Weise ausgestattet, mit jeder Art von sofort einsetzbarem Gerät. In einer Ecke war ein Waschbecken, und als erstes wusch sich Dr. Howard Hayes’ Blut von den Händen. Ein kleiner Spiegel über dem Waschbecken zeigte ihm, daß er auch im Gesicht eine ganze Menge von getrockneten Blutspritzern hatte. Er wusch es ebenfalls und trocknete sich dann mit Papierhandtüchern ab. Auch auf seiner Jacke und der Vorderseite seines Hemdes und seiner Hose war Blut, aber dagegen konnte er im Augenblick nichts tun. Als er gerade seine Reinigung beendet hatte, kam ein diensttuender Arzt mit einem Klemmbrett herein. Er schlug nüchtern das Tuch zurück, das die Leiche von Alvin Hayes bedeckte, und nahm dann sein Stethoskop aus der Brusttasche, um sich dessen Oberteil in die Ohren zu stecken. Das Gesicht von Alvin Hayes wirkte grauenhaft bleich in dem grellen, fluoreszierenden Licht.
    »Sie sind ein Verwandter?« fragte er beiläufig, während er das Stethoskop auf Hayes’ Brust drückte.
    Erst als der Arzt das Stethoskop aus den Ohren nahm, antwortete Howard. »Nein, ich bin ein Kollege. Wir waren gemeinsam am GHP-Krankenhaus tätig.«
    »Sie sind also Arzt?« fragte der Mann nun mit etwas mehr Respekt.
    Dr. Howard nickte.
    »Was ist mit Ihrem Freund passiert?« Er leuchtete mit einer kleinen Lampe in die Pupillen von Hayes.
    »Er verblutete beim Abendessen«, antwortete Howard bewußt schnoddrig, da ihn die gefühllose Art des Arztes einigermaßen ärgerte.
    »Machen Sie keine Witze! Das ist ja eine tolle Geschichte. Na, jedenfalls ist er tot - keine Frage.« Er zog das Tuch wieder über Hayes’ Kopf.
    Dr. Howard mußte all seine Selbstbeherrschung aufbieten, um dem Arzt nicht zu sagen, was er von seiner Gefühllosigkeit halte, aber es wäre verschwendete Zeit gewesen. Statt dessen ging er hinaus und beobachtete das Treiben in der Notaufnahmestation, den Erinnerungen an seine eigene Zeit als Assistenzarzt nachhängend. Es schien schon so lange herzusein, aber nichts hatte sich geändert.
    Dreißig Minuten später wurde die Leiche von Alvin Hayes wieder zu dem Krankenwagen gerollt. Dr. Howard folgte ihr und schaute zu, wie sie erneut eingeladen wurde.
    »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich noch dabeibleibe?« fragte er, wobei er sich über seine Gründe dafür nicht klar war; vielleicht stand er einfach noch unter Schock.
    »Wir fahren direkt zum Leichenschauhaus«, sagte der Fahrer, »aber wenn Sie mitfahren wollen…«
    Als sie aus dem Hof hinausfuhren, kam es Dr. Howard zu seiner großen Überraschung so vor, als sehe er dort draußen denselben wie ein Geschäftsmann gekleideten und fremdländisch wirkenden Mann wieder, der ihm schon vor dem Restaurant aufgefallen war. Dann zuckte er die Schultern - das wäre doch wirklich ein zu merkwürdiger Zufall gewesen. Aber seltsam - der Mann

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