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Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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setzte sich auf, für einen Augenblick verwirrt darüber, wo er denn war. Im Halbdunkel erkannte er Shirleys Gesicht.
    »Es tut mir leid, daß ich dich stören muß«, sagte sie sanft, »aber der Anruf ist für dich.« Dabei reichte sie ihm den Hörer des auf dem Nachttischchen stehenden Telefons.
    Nun mußte er also schließlich doch noch eingeschlafen sein, denn er hatte das Klingeln des Telefons nicht gehört. Er stützte sich auf einen Ellbogen und nahm den Hörer ans Ohr. Er fürchtete gleich, daß es nur eine schlechte Nachricht sein könnte, und er hatte recht damit. Matthew Cowen war tot in seinem Bett aufgefunden worden; offensichtlich hatte er nochmals einen letzten, tödlichen Schlag erlitten.
    »Sind die Angehörigen schon benachrichtigt worden?« fragte er.
    »Ja«, antwortete die Nachtschwester. »Sie wohnen in Minneapolis. Sie sagten, sie kämen morgen her.«
    »Vielen Dank«, gab Dr. Howard zurück und reichte geistesabwesend Shirley Montgomery den Hörer.
    »Probleme?« fragte sie und legte den Hörer wieder auf die Gabel.
    Howard nickte. An Probleme hatte er sich inzwischen fast gewöhnt. »Ein ziemlich junger Patient ist gestorben. So etwa Mitte Dreißig. Er litt an rheumatischer Herzschwäche. Wir hatten ihn aufgenommen, um die Chancen einer Operation zu prüfen.«
    »Wie schwerwiegend war seine Herzkrankheit denn?« fragte Shirley.
    »Nun ja, sie war schon ziemlich ausgeprägt«, antwortete er, und das Gesicht von Matthew Cowen bei seiner Einlieferung trat ihm vor das innere Auge. »Drei von seinen vier Herzklappen waren befallen. Im Grunde genommen hätte man alle ersetzen müssen.«
    »Also gab es keinerlei Garantie für ihn«, sagte Shirley.
    »Keinerlei Garantie«, räumte Dr. Howard ein. »Bereits der Austausch von drei Herzklappen ist sehr riskant. Cowen hatte schon während einer ganzen Weile beginnendes Herzversagen, was sich zweifellos auf Herz, Lungen, Nieren und Leber auswirkte. Natürlich hätte es dabei Probleme gegeben - aber da er ja noch nicht sehr alt war, waren seine Chancen eigentlich nicht schlecht.«
    »Wer weiß, vielleicht war es besser so«, wandte Shirley ein. »Vielleicht ist ihm vieles erspart geblieben. Das hört sich doch so an, als ob er in kurzen Abständen immer wieder ins Krankenhaus hätte gehen müssen.«
    »Das kann natürlich sein«, gab Dr. Howard zu, aber ohne wirklich davon überzeugt zu sein. Es war ihm völlig klar, worum es Shirley im Augenblick ging - sie versuchte, ihn zu beruhigen. Jason Howard war dankbar dafür, daß sie sich darum bemühte, und tätschelte ihren Oberschenkel. »Danke für deine Mühe, das ist lieb von dir«, sagte er.
    Es kam ihm scheußlich kalt vor draußen, als er schließlich zu seinem Wagen lief. Es regnete immer noch, ja sogar mehr als vorher. Er drehte die Heizung auf die höchste Stufe und rieb sich die Oberschenkel, damit sie warm würden. Wenigstens herrschte kaum Verkehr. Um diese Stunde, am Sonntagmorgen um vier, war die Stadt wie ausgestorben. Shirley hatte versucht, ihn mit dem Argument, daß er jetzt, nachdem der Mann tot war und die Familie unterwegs, doch nichts tun könne, zum Bleiben zu bewegen. Obwohl sie damit natürlich recht hatte, fühlte Dr. Howard in sich eine Verpflichtung seinem Patienten gegenüber, der er sich nicht entziehen wollte. Außerdem war ihm klar, daß er jetzt ohnehin keinen Schlaf mehr finden würde.
    Der Parkplatz des GHP-Komplexes war so gut wie leer. Dr. Howard konnte diesmal ganz nahe am Eingang zum Krankenhaus parken und nicht unterhalb des Gebäudes zur Behandlung der nichtstationären Patienten, wie das gewöhnlich der Fall war. Er war so mit den Gedanken an Matthew Cowen beschäftigt, daß ihm beim Aussteigen aus seinem Wagen die Gestalt, die zusammengesunken neben dem Eingang der Klinik stand, gar nicht auffiel. Als er um die Vorderfront seines Autos herumging, trat die Gestalt plötzlich auf ihn zu, und der völlig überraschte Arzt schrie erschreckt auf. Aber sein Gegenüber entpuppte sich als einer der Streuner, die immer wieder einmal auf der Notaufnahmestation des GHP auftauchten und etwas Kleingeld erbettelten. Mit einer unruhigen Hand gab ihm Dr. Howard einen Dollar in der Hoffnung, daß der Mann sich etwas zu essen kaufen würde.
    Shirley Montgomery hatte völlig recht gehabt. Dr. Howard konnte überhaupt nichts tun, außer der Eintragung einer abschließenden Bemerkung in den Unterlagen über Matthew Cowen. Er ging hinein und schaute sich die Leiche noch einmal an.

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