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Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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seines Piepsers holte den Arzt wieder in die Realität zurück. Er schaltete den Ton aus und schaute auf das optische Anzeigefeld. Dort leuchtete zweimal das Wort DRINGEND auf, gefolgt von einer Telefonnummer, die ihm nicht geläufig war. Nachdem er sich als Arzt ausgewiesen hatte, ließ ihn der Geschäftsführer des Au Bon Pain das Telefon hinter der Kasse benutzen.
    »Vielen Dank für Ihren Anruf, Herr Doktor! Hier ist Mrs. Farr. Mein Mann, Gerald, hat plötzlich schreckliche Brustschmerzen und klagt über Atemnot!«
    »Bitte rufen Sie einen Krankenwagen«, wies Howard sie an. »Veranlassen Sie, daß er ins GHP-Krankenhaus gefahren wird. Ist Ihr Mann einer meiner Patienten?« Es kam dem Arzt so vor, als ob ihm der Name bekannt sein müsse, aber er konnte ihn nicht unterbringen.
    »Ja«, antwortete die Frau. »Sie haben vor zwei Wochen eine Generaluntersuchung bei ihm gemacht. Er ist leitender Vizepräsident der Boston Banking Company.«
    O nein, dachte Dr. Howard beim Auflegen des Hörers, jetzt geht das schon wieder los! Er entschloß sich, seinen Wagen erst mal an der Beacon Street stehenzulassen, jedenfalls bis nach Erledigung dieses Notfalls, verließ das Cafe, lief über den Fußgängerüberweg zur Hotelseite des Copley-Plaza-Komplexes hinüber und sprang dort in ein Taxi.
    Er traf noch vor dem Ehepaar Farr in der Notaufnahmestation des GHP-Krankenhauses ein. Er teilte Schwester Judith mit, was zu erwarten sei, und orderte vorsorglich einen Anästhesiearzt herbei; er war froh, als er hörte, Philip Barnes hätte als solcher heute Dienst.
    Sobald er Gerald Farr zu sehen bekam, war Dr. Howard sofort klar, daß seine schlimmsten Befürchtungen sich bestätigten. Der Mann lag bereits im Todeskampf; sein Gesicht war bläulichweiß wie Magermilch, auf seiner Stirn standen kristalline Schweißperlen.
    Das sofortige EKG wies darauf hin, daß ein großer Bereich des Herzens geschädigt war. Keine Frage, daß das ein ganz schwieriger Fall werden würde. Sauerstoff und Morphium sorgten zunächst für eine gewisse Beruhigung des Mannes. Als Vorsorge gegen Herzarrhythmie wurde Lidocain verabreicht. Aber trotz aller Bemühungen besserte sich der Zustand des Patienten nicht. Ein zweites EKG ließ vielmehr darauf schließen, daß der befallene Bereich des Herzens sich ausgedehnt hatte.
    Dr. Howard, völlig verzweifelt, ließ nichts unversucht. Aber es war alles vergeblich. Fünf Minuten vor vier sanken Gerald Farrs nach oben rollende Augen tief in sein Gesicht zurück, und sein Herz hörte auf zu schlagen.
    Wie immer wollte Howard den Kampf nicht aufgeben und befahl Wiederbelebungsversuche. Es gelang mehrfach, das Herz zur Aufnahme seiner Tätigkeit zu bewegen, aber jedesmal versagte es nach kurzer Zeit erneut seinen Dienst. Gerald Farr kam nicht wieder zu Bewußtsein. Um Viertel nach sechs erklärte schließlich Dr. Howard den Patienten für tot.
    »Scheiße!« sagte der Arzt voller Abscheu sich selbst und dem Leben im allgemeinen gegenüber. Man hörte ihn sonst nie fluchen, und daher hatte dieser Ausbruch besonderes Gewicht. Er blieb nicht ohne Wirkung auf Judith Reinhart; sie lehnte ihren Kopf an die Schulter des Arztes und legte den Arm tröstend um seinen Nacken.
    »Sie haben wirklich alles getan, was in Ihren Kräften stand«, sagte sie weich. »Niemand hätte mehr tun können. Aber unseren Möglichkeiten sind nun einmal Grenzen gesetzt.«
    »Der Mann ist erst achtundfünfzig«, sagte Howard und mußte Tränen der Enttäuschung zurückhalten.
    Schwester Judith scheuchte die anderen Mitarbeiter aus dem Raum. Dann trat sie wieder zu Dr. Howard und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Schauen Sie mich bitte an!« sagte sie.
    Widerstrebend wandte der Arzt ihr sein Gesicht zu. Eine einzelne Träne rann ihm aus dem Augenwinkel die Nase entlang. Behutsam, aber doch nachdrücklich machte die Schwester ihm klar, daß er diese Dinge nicht so persönlich nehmen dürfe. »Ich weiß, daß zwei derartige Fälle an einem Tag eine schreckliche Belastung sind«, fügte sie hinzu. »Aber da können doch Sie nichts dafür!«
    Howards Verstand sagte ihm, daß sie natürlich recht hatte, aber gefühlsmäßig war das wieder eine ganz andere Sache. Außerdem wußte Schwester Judith noch gar nicht, in welch schlechtem Zustand seine in die Klinik aufgenommenen Patienten waren, besonders Matthew Cowen, und er traute sich kaum, ihr das zu sagen. Zum erstenmal in seinem Leben dachte er ernsthaft daran, seine Laufbahn als Arzt aufzugeben. Leider

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