Todesangst
Unterbrechung, Helene Brennquivist telefonisch zu erreichen. Doch sie meldete sich nicht. Am späten Vormittag rannte er daher hinauf in das Labor von Dr. Hayes - doch er fand es unbeleuchtet und verlassen vor. Bei der Rückkehr in seine Praxisräume war Howard ärgerlich; zunächst hatte Miß Brennquivist sich seinen Fragen entzogen, und jetzt sorgte sie dafür, daß sie gar nicht erst erreichbar war.
Dr. Howard griff zum Telefon und rief die Personalabteilung an, wo er sich Miß Brennquivists Privatanschrift und ihre dortige Telefonnummer geben ließ. Daraufhin wählte er sofort die entsprechende Nummer - doch nachdem er es zehnmal vergeblich hatte klingeln lassen, knallte er den Hörer wütend auf die Gabel. Dann rief er erneut die Personalabteilung an und verlangte die Personalchefin, Jean Clarkson. Als er sie am Apparat hatte, fragte er: »Hat sich Miß Brennquivist krank gemeldet? Ich versuche schon den ganzen Vormittag über, sie telefonisch zu erreichen.«
»Das überrascht mich«, antwortete Jean Clarkson. »Wir haben nichts von ihr gehört, und sie war bisher immer sehr zuverlässig. Ich kann mich nicht entsinnen, daß sie während der eineinhalb Jahre, die sie bei uns ist, auch nur einen einzigen Tag versäumt hat.«
»Wenn sie krank wäre, würden Sie also auf alle Fälle erwarten, daß sie Bescheid gibt?«
»Gar keine Frage!«
Dr. Howard legte auf, und sein Ärger verwandelte sich in Besorgnis. Er hatte kein gutes Gefühl dabei, daß Miß Brennquivist jetzt so einfach fehlte.
Die Tür zu seinem Büro öffnete sich; Claudia steckte den Kopf herein und sagte: »Dr. Danforth ist am zweiten Apparat. Können Sie das Gespräch annehmen?«
Howard nickte.
»Brauchen Sie irgendeine Unterlage dazu?«
»Nein, vielen Dank«, antwortete er und nahm schon den Hörer ab.
Margaret Danforth’ klangvolle Stimme drang durch die Leitung. »Ich würde fast meinen, daß GHP seine Patienten überprüfen sollte. Ich habe niemals vorher Leichen untersucht, bei denen sich ein derart schlechter innerer Zustand zeigte. Gerald Farr war genauso schlimm dran wie die vorhergehenden Fälle. Jedes seiner Organe wirkt so, als ob es mindestens hundert Jahre alt wäre!«
Dr. Howard gab keine Antwort.
»Hallo?« vergewisserte sich Dr. Danforth.
»Jaja, ich bin dran«, gab er zurück. Ein weiteres Mal traute er sich nicht, ihr mitzuteilen, daß er noch vor weniger als einem Monat bei Gerald Farr eine Generaluntersuchung vorgenommen hatte, die auf nichts anderes hingewiesen hatte als auf die ganz allgemein etwas ungesunde Lebensweise des Mannes.
»Ich frage mich, ob er nicht vor ein paar Jahren einmal einen Schlaganfall gehabt haben muß«, sagte die Leichenbeschauerin. »All seine Gefäße waren atheromatös verändert. Die Kopfarterien waren kaum noch durchlässig.«
»Und was können Sie mir zu Dr. Wanamakers Patienten sagen?« fragte Howard.
»Wie war noch sein Name?«
»Weiß ich nicht«, mußte er zugeben. »Der Mann starb am Freitag an einem Schlaganfall, mein Kollege sagte mir, Sie würden den Fall untersuchen.«
»Ach ja, diese Sache. Nun, auch der zeigte fortgeschrittene Verfallserscheinungen. Ich war immer der Meinung, daß Versicherungen dieser Art besonderes Gewicht auf Vorsorgemedizin legen. Wenn ihr lauter so schwerkranke Patienten als Mitglieder aufnehmt, wird wohl kaum was hängenbleiben.« Sie lachte etwas und fuhr fort: »Aber Spaß beiseite, es war tatsächlich ein weiterer Fall, bei dem nahezu alle Organe irgendwie angegriffen waren.«
»Machen Sie eigentlich auch routinemäßig toxikologische Untersuchungen?« fragte Dr. Howard plötzlich.
»Natürlich - heutzutage ganz besonders. Wir untersuchen zum Beispiel auf Kokain und so.«
»Wie wäre es denn, wenn Sie das bei Gerald Farr nochmals ganz gezielt tun würden? Ginge das?«
»Nun ja, Blut und Urin haben wir noch da«, antwortete Dr. Danforth. »Worauf käme es Ihnen denn besonders an?«
»Im Grunde genommen auf alles. Ich bin da auf der Suche, ohne genau zu wissen, wonach, und was da eigentlich los ist.«
»Es soll mir nicht darauf ankommen, ein paar zusätzliche Untersuchungen durchzuführen«, antwortete die Amtsärztin, »aber Sie dürfen mir glauben, daß Gerald Farr nicht vergiftet war. Er wirkte vielmehr so, als ob seine Zeit einfach abgelaufen sei; so, als ob er dreißig Jahre älter sei, als er tatsächlich war. Ich weiß, daß das nicht sehr wissenschaftlich und vernünftig klingt, aber es ist die Wahrheit.«
»Trotzdem wäre ich für
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