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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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friedliebender Mensch, wie Sie wissen. Unsere Gastgeber sind da weniger großherzig. Da kann Sie eine solche Aktion gern mal das Leben kosten.«
    Ihr wurde schlecht. Warum hatte eigentlich ihr Instinkt nicht Alarm geschlagen, als sie Wasmuth das erste Mal begegnet war? Sie hatte ihn für einen Trottel gehalten, einen Trottel und Langweiler. Und war ihm prompt in die Falle gegangen. Schlimmer noch: Durch ihre Hartnäckigkeit hatte sie vielleicht erst dafür gesorgt, dass Emil in die Sache hineingezogen wurde. Egal: Das Warum und Weshalb war ihr in diesem Moment nicht das Entscheidende und zu einem klaren Gedanken war sie ohnehin nicht in der Lage. Sie war fast wahnsinnig vor Angst.
    »Mein Sohn? Was haben Sie mit ihm gemacht?«
    Er seufzte, zuckte die Achseln, schwieg. Grausamer hätte er nicht reagieren können.
    Die Schiffsmotoren drehten hoch, die Fähre setzte zum Anlegemanöver an, das fremde Ufer war nur noch wenige Meter entfernt.
    »Wen treffen wir?« Wenckes Stimme zitterte. Wasmuth antwortete nicht. Er hatte begriffen, dass er sie fest im Griff hatte, ohne Gewalt, ohne Druck, ohne auf Tuchfühlung zu gehen. Seine Waffe hieß Emil. Und sie machte ihn unbesiegbar.
    »Bitte, sagen Sie mir, wer uns am Hafen erwartet. Ich verspreche Ihnen, ich werde kein Theater mehr machen! Bestimmt nicht.«
    Es schien ihm zu gefallen, wenn sie bettelte, denn er ließ sich zu einer Antwort hinreißen:
    »
Kesîbtîya mewcûdbûna Kurdistanê


… bis Vergehen   …
    Seit Stunden kein Lebenszeichen von ihr. Nichts.
    Axel Sanders vergeht vor Sorge, auch wenn er das nicht will, es gar nicht seine Art ist, verdammt, diese Frau macht aus ihm noch einen anderen Menschen.
    Warum hat sie das Handy nicht angestellt? Er ruft bei der Fluggesellschaft an, nervt so lange herum, bis er in Istanbul das Bodenpersonal an die Strippe kriegt und jemand, der zumindest Englisch spricht, eine Notiz findet, dass auf Wenckes Flug ein Mobiltelefon als verloren gemeldet wurde. Beschreibung: oval und pink. Man habe eine Nummer, wo man ganz bestimmt Bescheid gebe, sollte das Gerät gefunden werden. Was aber noch nicht der Fall sei.
    Die Nummer führt zu Wasmuths Mailbox. Eine schleimige Stimme kündigt einen Rückruf an. Doch – welch Wunder – dieses Versprechen ist bislang nicht eingelöst worden.
    Es war Wasmuth. Der blonde Mann, der die Anwältin in die Blaue Lagune gestoßen hat. Da war man sich in Hannover inzwischen einig.
    Wahrscheinlich wegen dieser Sache mit dem Konto.
    Mehr als hundertdreißigtausend Euro Spendengelder sind für die Kurdische Sprachschule Diyarbakir überwiesen worden, deren Adresse in der südanatolischen Provinz sich bei der Überprüfung sehr schnell als reine Phantasieanschrift herausgestellt hatte. Der Verdacht, dass hier Geld in militante Hände geflossen ist, liegt nahe. Brisant, wenn man an die aktuelle Terrorwarnung des Auswärtigen Amtes denkt.
    Wencke ist mit diesem Kerl nach Istanbul geflogen und hat keine Ahnung, worauf sie sich eingelassen hat.
    Axel muss hinterher. Rast mit dem Auto nach Düsseldorf, dort geht heute noch ein Flieger, in einer Stunde, sein Ticket ist reserviert.
    Kerstin weiß nichts von alldem. Wenn sie erfährt, wo er sich tatsächlich herumtreibt, wird sie Fragen stellen. »Warum riskierst du das alles für eine ehemalige Kollegin?« Und sie ist keine Frau, die auf Antworten verzichtet.
    Er muss ihr die Wahrheit sagen. Früher oder später.
    Ich mache es, weil ich Wencke   …
    Verdammt, nie wird er das aussprechen können. Niemals.

19.
    Am Hafen stand Shirin Talabani.
    Schwarzes, glänzendes Haar, grazile Bewegungen und dieses Champagnerlächeln, das Wencke bislang nur auf dem Display von Wasmuths Handy hatte blitzen sehen. Eine wunderschöne, stolze, aufrechte Frau. Sie winkte Wasmuth zu, und es war mit jeder Geste und jedem Blick zu erkennen, dass sie es kaum erwarten konnte, ihm zu begegnen.
    Dieser blonde, blasse Pädagoge verwandelte sich, je näher sie dem Kai kamen. Als die Seeleute die Taue um die Polder warfen, hatte er bereits ein romeogleiches Strahlen im Gesicht. Aus dem unscheinbaren Nebendarsteller war auf einmal der jugendliche Liebhaber geworden. Wäre er nicht gezwungen gewesen, in Wenckes Nähe zu bleiben, dann wäre er wahrscheinlich seiner Liebsten entgegengerannt wie in einer dieser Hollywood-Schmonzetten.
    Die Passagiere verließen ohne große Eile die Fähre. Niemand nahm Anteil daran, dass Wencke offensichtlich genötigt wurde, mitzugehen.
    Kaum hatten sie die

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