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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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mit dem anderen Geschlecht nichts anfangen kann oder sonst wie merkwürdig ist. Die Sache ist klarer, wenn man verheiratet ist. Am besten auch noch Kinder hat.
    Zudem wollen die Menschen Taten sehen. Sie werden einem Verein ihre Spendengelder nur geben, wenn sie überzeugt sind, dass der Vorsitzende die Ärmel hochkrempeln kann, wenn es darauf ankommt. Sie wollen eine Leitfigur, die nicht zögert, wenn es darum geht, Missstände zu beseitigen.
    Mit dieser Frau, dieser einen geliebten Frau, hätte er all das haben können. Doch das Schicksal wollte es anders. Oder hat Gott selbst ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht? Es kostet viel Kraft, nicht mit dem Glauben an die Gerechtigkeit zu hadern. Und diese Kraft findet er nur in der Gewissheit, dass der Verzicht sich lohnt, dass alles einen tieferen Sinn hat, den man jetzt nur noch nicht versteht.
    Doch dies sind die Tage, an denen es darauf ankommt. Alles spitzt sich zu.
    »Guten Morgen«, sagt er zu den Frauen, und er sprichtlangsam und sehr deutlich. »Heute wollen wir uns mit Frage und Antwort beschäftigen.« Die Frauen lächeln ihn an.
    Im Großen und Ganzen ist es für die Welt nicht wichtig.
    Im Kleinen ist es für einen die Welt.

8.
    »Wencke, was versprichst du dir davon? Deine Chefin springt im Dreieck, wenn sie erfährt, was du hier abziehst.« Axel konnte kaum Schritt halten. Beide nagten sie an pappigen Croissants und tranken dazu milchigen Kaffee aus Plastikbechern, während sie über das Wunstorfer Bahnhofsgelände hasteten, an dessen Rand die Moschee
Aksa Camii
lag. Das Frühstück hatte Axel sich bestimmt anders vorgestellt.
    »Ich habe meine Jobbeschreibung gestern Nacht im Bett noch einmal eingehend studiert. Meine Arbeit besteht darin, Verbrechen auf den Grund zu gehen. Wenn mein Auftrag lautet: ›Analysieren Sie den sogenannten Ehrenmord, und zwar so, dass wir Kriminologen ihn verstehen‹, dann kann die Kosian doch wohl das
Wo
und
Wie
nicht bestimmen.«
    »Aber der Mord   …«
    »Nirgendwo steht geschrieben, dass ich mich zurückziehen muss, wenn sich die aktuelle Lage ändert.« Sie nahm einen letzten Schluck und warf den Kaffeebecher in einen Mülleimer am Straßenrand, ohne dabei einen Schritt langsamer zu werden. Axel hatte seinen Wagen etwas weiter Richtung Innenstadt geparkt, weil er meinte, ein paar Schritte an der Morgenluft würden Wenckes erhitztes Gemüt abkühlen. Das Gegenteil war der Fall. Wencke glaubte explodieren zu müssen vor Tatendrang. Die Nachricht von Shirin Talabanis Schwangerschaft hatte alles umgeworfen.
    »Du darfst den Kollegen nicht ins Handwerk pfuschen. Stell dir doch mal vor, damals in Aurich wäre dir jemand vom LKA in die Quere gekommen   …«
    »Ich komme denen nicht in die Quere, weil sie auf der falschen Fährte sind. Für die Polizei steht schon lange fest, dass es der Bruder war.«
    »Und wer war es deiner Meinung nach?«
    Wencke wusste nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollte, dass Axel und sie nach weniger als zwölf Stunden schon wieder da angelangt waren, wo sie damals aufgehört hatten. Er versuchte, sie zu bremsen, und sie preschte umso schneller voran. Jetzt begriff sie, dass genau dieser Kick gestern noch gefehlt hatte. Eine Antwort blieb sie ihm trotzdem schuldig. Stattdessen stieß sie die etwas schief in den Angeln hängende Gartenpforte auf, die den Zutritt in den tristen Vorgarten der Moschee gewährte. Das Gebäude sah – bis auf die giftgrüne Farbe – nicht im Geringsten exotisch aus. Die Wunstorfer Moslems beteten in einem kantigen Kasten, der zuvor wohl eher als Mehrfamilienhaus genutzt worden war. Kein Minarett, keine İznik-Fliesen, und nur ein unscheinbares Schild verriet, dass man hier richtig war – wenn auch erst auf den dritten Blick.
    Wencke und Axel traten durch die nur angelehnte Tür. Aus dem Zimmer links schallte mit übersteuertem Ton ein Fernsehgerät, es war kein Wort zu verstehen, wahrscheinlich eine türkische Telenovela. »Moment mal!«, rief eine Frau, sie kam von rechts, trug ein Kopftuch und schien eine Art Gemeindesekretärin zu sein. Es ergoss sich eine Blätterflut aus ihrem Ordner, als sie die Verfolgung aufnahm. »Sie können hier nicht einfach so reinspazieren, dies ist eine Moschee   …«
    Die Hinweisschilder waren meist in arabischer Schrift verfasst, die zwar wunderbare Muster bildete, Wencke jedoch nicht wirklich weiterhalf. »Entschuldigen Sie, wir suchen Herrn Wasmuth, er unterrichtet hier.«
    Sie schien sich gleich zu beruhigen. »Ach so.

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