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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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»Ich kann Sie irgendwie verstehen. Und Sie fragen sich wahrscheinlich, warum eine Frau wie ich einen sogenannten Ehrenmörder verteidigen kann.«
    »Und warum?«
    »Ich glaube nicht, dass wir Verbrechen wie diese in den Griff bekommen, wenn wir die Täter hart bestrafen und auf die mangelnde Integration der Türken schimpfen. Ein solches Vorgehen wird die Distanz zwischen den Kulturen nur vergrößern. Man kann Gesetze, die seit mehr als tausend Jahren praktiziert werden, nicht abschaffen, indem man einfach behauptet, sie seien falsch. Wahrscheinlich macht man damit alles nur noch schlimmer. Armanc glaubt, die westlichen Sitten hätten die Ehrbarkeit seiner Schwester zerstört. Warum sollte er also einen Cent auf die deutschen Paragrafen geben, wenn diese doch die Ursache für sein Dilemma sind?«
    »Es leuchtet mir nicht ein, wie ein junger, intelligenter Mann, der in Deutschland aufgewachsen ist, sich trotzdem so stark von diesen archaischen Bräuchen gedrängt fühlt. Was ist denn nun mit Integration?«
    Yıldırım schüttelte den Kopf. »Der Zug ist abgefahren. Esgibt die Kurden und Türken schon zu lange, wir sind zu viele, es ist unrealistisch, hier eine einseitige Annäherung zu erwarten.«
    »Sie meinen, die Deutschen sollten sich auch integrieren?«
    »So könnte man es ausdrücken. Solange ich auf der Straße noch angestarrt, sogar angefeindet werde, nur weil ich ein Kopftuch trage, werde ich mich in diesem Land nicht integrieren, auch wenn ich hier seit meiner Jugend lebe, hier studiert habe und einen deutschen Doktortitel trage. Es kann doch nicht alles an einem Stück Stoff auf dem Scheitel scheitern.« Sie lachte kurz und etwas bitter.
    »Und Sie glauben, Ihre Verteidigung kann da etwas besser machen?«
    »Armanc ist ein lieber Junge, und er hat getan, was er tun musste, wenn es nach seiner Wertvorstellung geht. Ich wollte die Richter davon überzeugen, dass die niedrigen Beweggründe, die ihm in der Anklageschrift unterstellt wurden, in seinen Augen genau das Gegenteil sind. Er hatte das Gefühl, seiner Familie etwas Gutes zu tun. Wenn es niedrige Beweggründe gibt, dann sind diese nicht beim Einzelnen, sondern im Gesamtgefüge zu finden. Das milde Urteil hat mir recht gegeben.«
    »Und vielleicht dazu geführt, dass seine Schwester nun doch sterben musste.«
    »Was wir beide nicht glauben, oder, Frau Tydmers?« Zum Glück erwartete Yıldırım keine wirkliche Antwort.
    »Wie hat eigentlich die Familie Ihres Mandanten reagiert? Welches Gefühl überwiegt bei ihnen: Stolz auf den Sohn, der die Familienehre gerettet hat, oder Trauer um die verstorbene Tochter und Schwester?«
    »Die Eltern sind ja inzwischen beide verstorben, doch die Onkels und Cousins werden Armanc wahrscheinlich Respekt zollen und ihn in seiner Rolle als vollwertigen Mann bestätigen. Uns erscheint das herzlos, aber so ist nun mal die Tradition.«
    »Und die Schwester? Es gab doch noch eine Tochter, die als mittleres Kind geboren wurde. Meryem, soweit ich mich erinnern kann.«
    »Stimmt. Ich habe keine Ahnung, ob sie bereits informiert wurde. Sie lebt seit einigen Jahren in der Türkei.«
    »Sie ist zurückgegangen?«
    »Ja, als sie Mitte zwanzig war, hat sie sich dafür entschieden. Eine engagierte Frau, sehr intelligent. Wäre sie bei ihrer Familie geblieben, hätte es sicher auch bald Probleme gegeben.«
    »Also hat Ihr Mandant nun keine Eltern und keine Schwestern mehr, hockt im Gefängnis und wartet auf eine lebenslange Strafe, die er nicht verdient hat. Er muss zerrissen sein von seinen Gefühlen.«
    »Wenn Sie mögen, können wir heute Nachmittag gemeinsam zu Armanc gehen. Ich nehme Sie als Fallanalytikerin mit, dieses Recht habe ich als seine Anwältin.«
    Wencke nickte, gleichzeitig verdrängte sie den Gedanken, was Tilda Kosian dazu sagen würde. Immerhin arbeitete sie dann sozusagen für die Gegenseite. Shirin Talabanis Bruder war der Hauptverdächtige, und zwar aus gutem Grund. Es lag auf der Hand, dass eine Menge Ärger auf sie wartete, wenn sie sich mit seiner Anwältin im Untersuchungsgefängnis blicken ließ. »Ist es Ihnen recht, wenn ein Kollege mitkommt?«
    »Aus dem LKA?«
    »Nein, er ist ein ehemaliger Kollege, Polizeidienststelle Aurich, mein Nachfolger als Hauptkommissar und ein guter Freund. Axel Sanders ist sein Name.«
    »Warum soll er dabei sein?«
    »Er besucht mich derzeit. Und damals, als wir noch ein Team waren, haben sich unsere Vorgehensweisen immer recht gut ergänzt.«
    »Vorgehensweisen?«
    »Er

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