Todesbraut
gemacht, wenn er es nicht ohnehin gewesen ist. Im Prinzip ist er also auf jeden Fall schuldig …«
Wencke schüttelte den Kopf. »Nein, das ist er nicht, davon bin ich überzeugt! Und dafür gibt es mehr als genug Indizien, die unter anderem durch das rechtsmedizinische Gutachten gestützt sind.«
»Und diese Indizien führen direkt zu meiner Frau?« Völker spuckte aus.
»Die rechtsmedizinische Untersuchung hat zum Beispiel den Schluss nahegelegt, dass es sich beim Täter um eine körperlich eher schwache und nicht gerade große Person handelt. Auch unter psychologischen Gesichtspunkten weisen viele Aspekte in Richtung eines Täters, der seine Tat kaltblütig und wahrscheinlich aus eher emotionalen Gründen heraus begangen hat.«
»Ich gebe einen Dreck auf diesen Psychokram. Es spricht doch alles gegen den Bruder, das muss reichen.«
»Wenn Sie da so sicher sind, warum haben Sie dann versucht, meine Arbeit zu behindern, haben mich verfolgen lassen, meine Vorgesetzte über angebliche Überschreitungen der Dienstkompetenz informiert …«
»Die hätten mich ausgeweidet! Es gibt da ein paar Kollegen, die warten nur darauf, mich rauszukicken. Sie wissen ja sicher schon über diese Sache …«
»Ein Fünkchen Wahrheit scheint an dem Korruptionsgerücht ja dran zu sein«, kommentierte Axel. »Warum sonst hat die gesamte Szene rund um den Hauptbahnhof sich von Ihnen als Amateur-Schnüffler einspannen lassen?«
»Die Sache mit der Korruption, das ist Jahre her … Und man konnte mir damals gar nichts beweisen. Das war in erster Linie das Hirngespinst einer Kollegin. Mit diesem Fall hat das aber sowieso nichts zu tun.«
»Womit hat es denn etwas zu tun?«
»Die Sache mit Shirin und mir durfte einfach nicht öffentlich werden. Sie kennen meine Frau nicht.« Er machte eineverzweifelte Geste. »Marina hat es nicht verdient, als Verdächtige zu enden. Ich habe das alles verbockt. Ich bin ein lausiger Ehemann, ein …«
»Stimmt«, pflichtete Wencke ihm bei. »Aber jetzt hören Sie mal auf mit Ihrer Selbstmitleidsschiene! Wenn Sie Ihre Frau vor dem Mordverdacht schützen wollten, okay, das kann ich vielleicht noch verstehen. Aber Sie sind zu weit gegangen! Viel zu weit …«
Axel hatte bereits sein Handy hervorgeholt. »Ich werde die Kollegen jetzt hierherbestellen. Ich denke, Sie werden Ihren Schlafplatz heute Nacht in eine Arrestzelle verlegen.«
Wie ein kleiner, schuldbewusster Junge, den Kopf zwischen den Schultern geduckt, hockte er da, halbwegs nüchtern, halbwegs ernst zu nehmend. »Ich kann nicht mehr. Meine Frau ist weg, mein Leben im Arsch. Bitte, wir können morgen reden …«
Wenn Wencke nicht vor Angst um Emil fast wahnsinnig gewesen wäre, hätte sie sicher laut aufgelacht. Aber das Lachen war ihr seit diesem Abend abhanden gekommen. »Sie sind der Letzte, der hier um Rücksicht betteln sollte. Kutgün Yıldırım wäre heute Abend um ein Haar ertrunken. In der Medizinischen Hochschule kämpfen die Ärzte in diesen Minuten um das Leben der Frau. Einer Ihrer Meisterspione hat sie im Mergelbruch Schwimmen geschickt. Ihr Glück, dass die Anwältin mir zuvor von diesem seltsamen Informanten erzählt hat und ich ihr gefolgt bin, sonst wäre sie jetzt tot! Und Sie würden noch tiefer drinstecken, als Sie es ohnehin schon tun!«
»Was? Wovon reden Sie?«
»Hören Sie auf mit dem Theater! Sie sagen mir jetzt auf der Stelle, wo ich meinen Sohn abholen kann, dann …«
»Was hab ich denn mit Ihrem Sohn zu tun!?«
Verdammt, sein Blick war offen, unbeirrt, zumindest fürseine Verhältnisse. Wenckes Bauch entschied, dass er die Wahrheit sagte, auch wenn ihr Verstand zu gern etwas anderes geglaubt hätte. Eine weitere Welle der Panik stieg in ihr hoch. Aber wie konnte das sein?
Er druckste herum. »Stimmt, ich habe Herrn Talabani Bescheid gegeben, dass er Sie ein wenig beobachten soll, weil Sie in seinen Familienverhältnissen schnüffeln und so weiter.«
»Warum, um Himmels willen?«
»Talabani hat mich angerufen, als er die Todesnachricht erfahren hat. Er war völlig fertig, und er hatte Angst, dass die Kinder in die Sache reingezogen werden. Da habe ich ihm den Tipp gegeben, Ihnen doch mal genauer auf die Finger zu schauen.«
»In Wirklichkeit haben Sie ihn dazu benutzt, mehr über meine Ermittlungen zu erfahren, damit Sie sich und Ihre Frau früh genug in Sicherheit bringen konnten, sobald der Verdacht auf Sie gefallen wäre.«
Völker wand sich wie ein Aal. »Verdammt, ja, ich
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