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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Sie sehen aus, als könnten Sie eine kleine Stärkung gebrauchen.«
    Die Ärztin nickte und blieb sitzen. Sie wischte sich übers Gesicht, und um etwas Positives zu sagen, holte sie weit aus: »Die Zahl der Hausgeburten steigt im Moment sprunghaft.« Sie lachte bitter. »Kann ich verstehen. Ich würde mein Kind jetzt auch lieber zu Hause kriegen als im Krankenhaus. Ich habe heute schon zwei gesunden Mädchen auf die Welt geholfen. Einmal war nicht mal eine Hebamme dabei. Aber der Geburtsvorgang funktioniert selbst heutzutage noch fast von allein. Die Natur ist eben stark …«

 
    68 Dr. Maiwald wurde als Patient in der provisorischen Quarantänestation wach. Die frühere Innere Medizin war umfunktioniert worden, während alle nichtinfizierten Patienten der Inneren nun in der Gynäkologie lagen. Männer und Frauen manchmal gemeinsam in einem Zimmer. Auf solch kleine Nebensächlichkeiten konnte im Moment keine Rücksicht genommen werden.
    Schwester Inge brachte Maiwald ein Telefon. »Die Bürgermeisterin«, sagte sie. »Können Sie schon sprechen?«
    Er war zwar noch benommen, nickte aber, während er versuchte, die Lage, in der er sich befand, auszuloten. Er lag an zwei Tropfen. Ein fiebersenkendes, blutverdünnendes Mittel und eines mit einem Antibiotikum. Beides ziemlich sinnlos, wie er fand. Er wollte sich augenblicklich von den Schläuchen befreien, aber zunächst nahm er das Telefon und hielt es sich ans Ohr.
    Bürgermeisterin Jansen bat um einen Lagebericht.
    »Keine Ahnung. Ich kann Ihnen nicht viel sagen, außer dass der Betrieb hier gerade zusammenbricht und ich mit ihm. Ich liege selbst im Krankenbett.«
    »Ich kann Ihnen aber Hoffnungen machen. Der Krisenstab arbeitet. Wir versuchen, das Chaos zu beherrschen. Hilfe naht. Wir werden innerhalb der nächsten halben Stunde über genügend Tamiflu verfügen, um alle Kranken damit versorgen zu können. Ein Wagen mit dem Mittel ist bereits zu Ihnen unterwegs. Apotheken und Arztpraxen werden versorgt und wir werden vollkommen unbürokratisch Verteilstellen in der Stadt einrichten. Beim Gesundheitsamt und in allen Polizeistationen und Verwaltungsgebäuden. Selbst das Finanzamt wird …«
    »Ich fürchte, ich muss Ihren Optimismus bremsen. Ich erwähnte bereits, dass ich im Krankenhausbett liege. Tamiflu wirkt leider nicht.«
    »Woher wollen Sie …«
    Der Schrecken über seine Worte ließ die Bürgermeisterin nicht weitersprechen.
    »Ich habe es genommen, unmittelbar nachdem ich die erste Patientin untersucht hatte. Es hat mich voll erwischt.«
    »Ja, aber …«
    »Verteilen Sie es trotzdem. Es wird die Bevölkerung beruhigen, und das ist gut so.«
    »Aber Sie sagen doch, es wirkt nicht.«
    »Liebe Frau Jansen, wir werden in den nächsten vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden hier ein Massensterben erleben. Da tut der Bevölkerung jede Beruhigung gut.«
    »Was, glauben Sie, wird passieren?«
    »Ausbruchsversuche. Menschen, die nichts zu verlieren haben, weil es keinen wirksamen Schutz gibt, haben keine Angst vor Absperrungen und Polizeiknüppeln, nicht mal vor Gewehren. Womit wollen Sie ihnen drohen? Gefängnis? Geldstrafe?« Er schluckte schwer und lachte. »Keine Kugel wird ihnen mehr Angst machen als dieses Scheißvirus. Mit Schussverletzungen können wir umgehen. Man kann sie operieren.«
    »Wir haben auch Pläne, wie ein Impfstoff verteilt werden soll, sobald er entwickelt worden ist«, stammelte die Bürgermeisterin.
    »Jaja, ich weiß. Ich selbst war an der Erstellung dieser Pläne beteiligt. Es wird uns nichts mehr nutzen. Unsere Pläne waren für so eine harmlose Nummer wie die Schweinegrippe gedacht. Sie beginnt im Frühjahr, steigert sich dann langsam im Sommer, im Herbst gibt es den nötigen Impfstoff, und bevor sie sich richtig ausbreiten kann, sind wir ihr bereits überlegen. Das ist jetzt anders, Frau Jansen. Unsere Schnelltests brauchen vierundzwanzig Stunden im Labor. Unter normalen Umständen. Im Augenblick müssen Sie mit achtundvierzig Stunden rechnen. Wenn nicht mit drei Tagen. Das heißt, bevor die Erkrankung festgestellt ist, können Sie den Patienten bereits beerdigen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Er sah sich zu seinem Bettnachbarn um, der mit angsterfülltem Gesicht zuhörte. Trotzdem entschloss Dr. Maiwald sich, es so drastisch wie möglich zu sagen: »Ich fürchte, wenn kein Wunder geschieht, wird das Ostfriesland, das wir kennen, in wenigen Tagen aufgehört haben zu existieren.«

 
    69 Rainer Kirsch suchte die Nähe von

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