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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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krankes Tier, und bevor mir nicht einer nachweist, dass …«
    »Ich kann verstehen, dass Sie sich aufregen, Herr Jansen, aber die Entscheidung ist bereits gefallen. Wir befinden uns in einer Notlage. Der Großraum Emden ist abgeriegelt worden. Wir müssen die Sache hier in den Griff kriegen, damit das Grundrecht der Freizügigkeit aller Bürger wieder garantiert werden kann.«
    »He, he, he! Wir reden hier nicht über einen Kasten Bier. Das ist meine Existenz! Der Laden gehört mir nicht mal richtig. Da hat die Bank noch ihre Finger drauf.«
    »Selbstverständlich werden Sie angemessen entschädigt werden, wenn …«
    »Von wem? Das hätte ich gerne schriftlich. Es ist nicht das erste Mal, dass ich für Probleme verantwortlich gemacht werde, für die ich absolut nichts kann. Jeder Politiker, der morgens so gerne Spiegeleier isst, geht mit Reden gegen Massentierhaltung auf Wählerfang und fordert gleichzeitig billige Lebensmittel. Immer wenn ihr einen Dummen braucht, bin ich dran.«
    Tim, halb hinter ihm, versuchte eine andere Kameraeinstellung. Der Typ vom Gesundheitsamt, der nicht viel älter war als er, trat von einem Fuß auf den anderen und wusste vor Peinlichkeit nicht, wohin mit seinen Blicken.
    Tim konnte seinen Vater in dessen Wut sogar verstehen. Er hatte das Vertrauen in den Staat sowieso längst und in gerechte Regelungen spätestens bei seiner Scheidung verloren.
    »Ich kann Ihnen versichern, dass alles geregelt wird. Land oder Bund werden einspringen. Es gibt dafür gesetzliche Vorlagen …«, sagte Carlo Rosin nun und fand sich plötzlich selbst wenig überzeugend.
    »Warum soll ich mit dir ›Schmidtchen‹ reden? Ich will ›Schmidt‹ sprechen. Sagen Sie Ihrem Chef, er soll selbst kommen: Ich will den Nachweis, dass hier Tiere krank sind, und ich will eine notarielle Erklärung, wer die Kosten und die Folgekosten trägt. Ansonsten habe ich hier Hausrecht und werde mein Eigentum schützen. Die Vogelgrippe kommt nicht aus meinen Käfigen, sondern aus New York. Meinetwegen zünden Sie Manhattan an. Ich büße hier nicht für etwas, das ich nicht verbockt habe.« Er wandte sich an seinen Sohn. »Hast du alles drauf? Soll die Welt ruhig sehen, dass ich mich wehre.«
    Jansen griff neben sich. Im toten Winkel zwischen Tür und Wand standen ein Baseballschläger und ein doppelläufiges Schrotgewehr.
    »Herr Jansen, bitte machen Sie uns keine Schwierigkeiten. Wir sind gekommen, um vernünftig mit Ihnen zu reden. Wir wollen doch alle nur Ihr Bestes.«
    Ubbo Jansen lachte breit und zeigte sein Gewehr vor wie eine Trophäe. Er richtete den Lauf nicht auf die jungen Männer. Seine Finger waren auch nicht am Abzug, aber er streichelte den Lauf der Waffe liebevoll, als würde er ein nervöses, ängstliches Kind beruhigen.
    »Mein Bestes? Ja, das glaube ich gerne. Aber genau das kriegt ihr nicht.«
    »Ich kann auch mit der Polizei wiederkommen«, drohte Carlo Rosin.
    »Tun Sie das!«, schlug Ubbo Jansen vor und knallte die Tür zu.

 
    15 Chris wusste nicht, welche Nachricht sie glauben sollte. Es kursierten die wildesten Gerüchte. Nur eins erschien ihr sonnenklar: Die Ostfriesland III war ganz sicher nicht von einem scharfkantigen Eisberg aufgeschlitzt worden und untergegangen wie die Titanic … Aber auf keinen Fall wollte sie länger hier vor dem Hotel »Vier Jahreszeiten« sitzen bleiben und auf Benjo warten. Sie musste hin zur Anlegestelle der Fähre.
    Eine Omi behauptete, gerade eine SMS von ihrer Tochter erhalten zu haben, die mit dem Enkelkind auf der Fähre festsaß. Irgendwelche Verrückten würden die Passagiere nicht von Bord lassen.
    Ein Punker mit hellblauen Haaren und abstehenden Ohren hielt sein Handy hoch und rief: »Kein Wunder! Die haben Kranke an Bord.«
    Die Inselbahn fuhr nicht mehr. Die digitale Anzeige an der Haltestelle wies zwar Ankunft und Abfahrt aus, aber nichts geschah. Chris beschloss, gemeinsam mit mehreren »Vermummten« zu Fuß zum Hafen zu laufen. Unterwegs versuchte sie Benjo anzurufen, aber der antwortete nicht.
    Ein Vater telefonierte mit seiner Tochter. Er war blass und seine Hände zitterten. Vom schnellen Laufen und gleichzeitigen Telefonieren hatte er Seitenstechen. Seine Lunge rasselte so, dass Chris befürchtete, er könnte neben ihr zusammenbrechen. Es habe eine Schießerei gegeben, hustete er. Eine Schießerei!
    Unversöhnlich waren die Fronten. Die Passagiere wollten an Land und die Gruppe um Heinz Cremer stand jetzt so nah an der Fähre, dass die Männer sie mit

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