Todescode
machte.
Du weißt gar nichts von mir
, sagte sie. Dann kam er näher und sagte leise, dass er natürlich so manches von ihr wüsste und es auch beweisen könnte, wenn er wollte. Seine Unverschämtheit machte sie wütend, und sie fragte:
Wie denn beweisen?
Er kam ganz nah an sie ran, und sie wollte zurückweichen, doch immer stieß sie mit dem Rücken gegen irgendetwas, und dann presste er seinen Körper an ihren, und sein Mund war an ihrem Ohr, und er flüsterte:
Ich weiß, wie du gern berührt werden möchtest … so und so und so …
Sie schüttelte den Kopf und ließ die Jalousie runter. Sie musste was essen. Vielleicht würde sie Alex fragen, ob er mit ihr Mittagspause machen würde. Sie war neugierig, ob er irgendwas Neues über Hilzoy gehört hatte. Und er hatte ausgesehen, als könnte er ein wenig Gesellschaft gebrauchen.
Er war ein attraktiver Typ, und sie fragte sich manchmal, ob er nicht was für sie wäre. Aber er würde wahrscheinlich bald zum Partner befördert, und wenn sie dann was mit ihm hätte, müssten sie die Beziehung beenden. Sie lachte leise in sich hinein. Ja, er war ganz ihr Fall. Noch so ein gutaussehender Bilderbuchamerikaner mit dem richtigen Lebenslauf und einem automatischen Verfallsdatum. Perfekt.
Außerdem schien er sich ohnehin nicht für sie zu interessieren, obwohl sie zugeben musste, dass das für sie einen Teil der Anziehung ausmachte. Sie war es gewohnt, dass Männer sie begehrten. Sie konnten es nicht besonders gut kaschieren, und die meisten versuchten es nicht einmal. Irgendwie war das komisch, denn sie war kein hübsches Kind gewesen, mit weit auseinanderstehenden Augen und viel zu vollen Lippen für ihr Gesicht. Erst spät auf der Highschool hatten ihre Gesichtszüge ein harmonisches Ganzes ergeben. Dafür war sie dankbar. Schön zur Welt zu kommen war so ähnlich, wie als Kind reicher Eltern geboren zu werden. Alles wäre ihr in den Schoß gefallen. So jedoch empfand sie ihr gutes Aussehen stets wie ein phantastisches, unerwartetes Geschenk, etwas, das sie per Zufall erhalten hatte und auf das sie eigentlich kein Anrecht hatte.
Im Grunde war es lächerlich, dass sie sich ausgerechnet für den einzigen Mann in der Kanzlei interessierte, der null Interesse an ihr zeigte. Doch er hatte Eigenschaften, die ihr gefielen. Man konnte zum Beispiel gut mit ihm zusammenarbeiten. Er erklärte immer alles verständlich, und er ließ sich durch ihr Hightech-Wissen nicht einschüchtern, im Gegensatz zu etlichen anderen Kollegen, mit denen sie zusammengearbeitet hatte. Und er war ein ernsthafter Mensch. Sogar zu ernsthaft – sie sah ihn immer in seinem Büro, egal, ob sie morgens ganz früh kam oder abends spät ging. Anscheinend hatte er so gut wie kein Privatleben. Sie meinte, eine seltsame Art von Trauer hinter seiner Ernsthaftigkeit zu spüren, und das faszinierte sie. Sie stellte sich vor, wie sie reagieren würde, falls er Interesse signalisierte. Dann musste sie bei dem Gedanken daran lachen. Er war nicht interessiert, und das war wahrscheinlich auch besser so.
Aber es sprach ja nichts dagegen, ihn zu fragen, ob er Lust hätte, sie zum Lunch zu begleiten. Sie würde sich kurz nach Hilzoy erkundigen und dann erwähnen, dass sie was essen gehen wollte, vielleicht im Straits Café, dem singapurischen Lokal, und falls er Hunger hätte …
Sie ging den Korridor hinunter zu seinem Büro und steckte den Kopf hinein, aber er war nicht da. Seine Sekretärin Alisa sah sie und sagte: »Er musste aufs Polizeipräsidium.«
Sarah runzelte die Stirn. »Polizeipräsidium? Wegen Hilzoy?«
Alisa schüttelte den Kopf. »Hat er nicht gesagt.«
Sarah nickte und erwiderte: »Er sagt nie was, oder?«
Sie ging weiter und überlegte, ob sie sich vielleicht einfach was aus der Cafeteria holen sollte. Ja, das war vermutlich am besten.
9 Etwas traurig Ewiges
Alex kam am nächsten Morgen um sechs Uhr früh ins Büro. Er hatte nicht gut geschlafen, aber er hatte sich zumindest überlegt, wie er nun vorgehen würde. Als Erstes würde er beim Patent- und Markenamt nachfragen. Der Leiter der Technologieabteilung 2130 – die für Computerkryptographie und -sicherheit zuständige Prüfungsstelle beim PMA – war ein Stanfordabsolvent namens Hank Shiffman, mit dem Alex an der Uni befreundet gewesen war. Es war Gold wert, jemanden wie Hank, der an so entscheidender Stelle saß, gut zu kennen – er war clever genug, um zu begreifen, worum es bei Obsidian ging, und er kannte sich natürlich auch mit all
Weitere Kostenlose Bücher