Todescode
Hobby, aber ich überlege, das profimäßig zu machen.«
Sie schüttelte den Kopf, sah ein, dass es Zeitvergeudung war, kam sich albern vor, es überhaupt versucht zu haben. »Sind Sie verheiratet?«, fragte sie. »Haben Sie Kinder?«
Eine Pause entstand, und sie dachte schon, er würde nicht antworten. Doch dann sagte er: »Ich war verheiratet.«
»Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert. Sie ist Filipina. Ich habe sie in Manila kennengelernt. Als ich mit ihr in die Staaten zurückkehrte, stellte ich fest, dass sie nicht die war, für die ich sie gehalten hatte.«
»Vielleicht hat sie dasselbe über Sie rausgefunden.«
»Ganz bestimmt.«
»Kinder?«
Ein langer Moment verstrich. Er sagte: »Eine Tochter. Sie lebt bei ihrer Mutter in Manila.«
Sarah fand sein Zögern irgendwie faszinierend, und noch mehr seine widerstrebende Bereitschaft, zu antworten. »Sehen Sie die beiden nicht?«
Er zuckte die Achseln. »Sie leben am anderen Ende der Welt.«
»Aber das ist nicht der Grund, warum Sie sie nicht sehen.«
Er nahm einen langen Schluck Gin. »Und Sie? Haben Sie einen Freund?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte einen an der Uni. Aber zur Zeit nicht.«
»Wieso nicht? In Ihrer Kanzlei müssen doch alle verrückt nach Ihnen sein.«
»Wieso sagen Sie das?«
Er sah sie an. »Möchten Sie Komplimente hören, oder sind Sie wirklich so blind?«
Sie spürte, wie sie rot wurde, halb vor Ärger, halb vor Verlegenheit. »Ich habe einfach niemanden kennengelernt.«
»Nein, daran liegt’s nicht.«
»Was soll das heißen, daran liegt’s nicht? Woher wollen Sie das wissen? Sie wissen nicht das Geringste über mich.«
»Ich weiß so einiges über Sie. Es ist mein Job, über Leute Bescheid zu wissen.«
»Ach ja? Was wissen Sie denn?«
»Ich weiß, wenn eine so schöne Frau wie Sie ungebunden ist, dann nicht, weil sie niemanden kennengelernt hat, sondern weil sie nicht will.«
»Und wieso sollte ich nicht wollen?«, fragte sie, wobei sie dem Drang widerstand, auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen.
»Aus vielerlei Gründen. Sie waren heute Morgen um sieben Uhr im Büro. Das heißt, Sie wollen richtig Karriere machen. Ein Freund würde Sie nur ablenken. Und wenn in der Kanzlei bekannt würde, dass Sie einen Freund haben, würde sich keiner mehr so große Hoffnungen machen. Und jemanden, der sich keine große Hoffnungen macht, können Sie nicht mehr so subtil manipulieren.«
Sie traute ihren Ohren nicht. »Sie sind ganz schön von sich überzeugt.«
»Sie haben gefragt.«
»Was noch?«
Er nahm wieder einen Schluck Gin. »Sie wissen, dass jeder Mann, mit dem Sie sich ernsthaft einlassen, seine eigene Persönlichkeit verlieren wird. Das wissen Sie, weil es schon mal passiert ist. Er wird Sie wahrscheinlich auf der Stelle heiraten wollen, weil er Angst hat, sie sonst wieder zu verlieren. Das können Sie nicht mitmachen, weil Sie sich alle Möglichkeiten offenhalten wollen. Nicht was Männer angeht, sondern in ihrem Leben. Sie wissen nicht, was Sie wirklich machen wollen. Was Sie machen wollen, wenn Sie erwachsen sind.«
»Ach ja?«, sagte sie, ohne auf die Provokation einzugehen. »Und was will ich mal werden?«
»Keine Ahnung. Anwältin jedenfalls nicht.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Weil Sie, wenn Sie Anwältin sein wollten, nicht so schnell reagiert hätten.«
Sie schüttelte den Kopf, sagte nichts. Seine Dreistigkeit machte sie wütend … aber gleichzeitig musste sie zugeben, dass er mit dem, was er da sagte, ziemlich richtiglag.
»Wollen Sie wissen, warum Sie Ihre Familie nicht sehen?«, fragte sie.
»Ich bin sicher, Sie werden es mir verraten.«
»Weil Sie eine feste Bindung nicht aushalten. Sie ertragen es nicht, dass jemand von Ihnen abhängig ist. Und warum ist das so? Haben Sie mal jemanden enttäuscht, jemanden im Stich gelassen?«
»Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden.«
»Doch, ich denke schon. Wenn nicht, hätten Sie nicht so schnell protestiert. Das widerspricht Ihrer üblichen selbstgefälligen Art zu schweigen.«
Er lächelte. Sie konnte nicht sagen, ob es die übliche Herablassung war, oder ob er sagen wollte:
Touché.
»Was ist der Grund? Glauben Sie, Ihre Tochter ist ohne einen Vater besser dran als mit einem, auf den vielleicht kein Verlass ist? Was soll das sein, eine Art Schutzimpfung? Präventiventtäuschung?«
Er nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Lassen Sie’s gut sein.«
»Wieso? Macht es mehr Spaß, andere zu durchschauen, als selbst durchschaut zu
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