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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Anwältin.«
    »Und vielleicht sind Sie ja bloß ein Arschloch.«
    »Oh, ich bin sehr viel mehr.«
    Seine Hand lag noch immer auf ihrer. Sie zog sie weg und nahm Platz. Nach einem Augenblick setzte er sich zu ihr.
    »Also? Worüber wollten Sie mit mir reden?«, fragte er, mit einer Beiläufigkeit in Tonfall und Miene, als ob es ihm im Grunde egal wäre.
    Sie sah ihn einen langen Moment an, innerlich brodelnd vor Wut. »Vergessen Sie’s«, sagte sie und stand auf, um zu gehen.
    Er sprang mit einer geschmeidigen Schnelligkeit von seinem Stuhl, die sie erstaunte. Er packte ihren Arm. »Wieso?«, sagte er. »Sind Sie sauer, weil ich Sie abgetastet habe? Weil ich nicht scharf geworden bin, als Sie das Gleiche bei mir gemacht haben?«
    »Scharf werden ist eine menschliche Eigenschaft. So was sehe ich bei Ihnen nicht.«
    »Hören Sie. Ich kenne Sie nicht, also traue ich Ihnen nicht. Das ist nichts Persönliches.«
    »Von wegen nichts Persönliches. Sie haben mir wunderbar getraut, bis Sie meinen Namen hörten. Also erzählen Sie mir nicht, es sei nichts Persönliches.«
    »Wie wär’s, wenn Sie sich wieder setzen würden und ich Ihnen einen Drink spendiere?«
    »Ich kann für mich selbst bezahlen.«
    Ben warf einen Blick über ihre Schulter. »Na schön, dann spendieren Sie mir eben einen.«
    Sie folgte seinen Augen und sah die Kellnerin hinter ihr stehen.
    »Einen Bombay-Sapphire-Martini«, sagte Ben. »Ohne Olive, ohne Wermut.«
    Was soll’s.
Sie nickte der Kellnerin zu. »Für mich das Gleiche.«
    Sie nahmen Platz. Ben sagte: »Verraten Sie mir jetzt, warum Sie hier sind?«
    Sie spürte ihren Herzschlag, und das machte sie erneut wütend. Es ärgerte sie, dass er sich ihr gegenüber so cool benahm und sie gleichzeitig nervös machte. Und sie hatte Angst vor dem, was sie als Nächstes sagen würde.
    »Es geht … um das Four Seasons. Ich denke darüber nach, was Sie denken, versetze mich quasi in den anderen hinein, wie Sie mir geraten haben. Und wenn ich Sie wäre, hätte ich Angst, ich könnte … zur Polizei gehen oder so. Ich habe Angst davor, was Sie tun könnten, um das zu verhindern.«
    Er sah sie lange an, und in dem diffusen Licht von der Straße meinte sie zu sehen, wie irgendetwas in seine Augen trat. Mitgefühl? Bedauern?
    Dann wandte er den Blick ab. »Wenn das hier vorüber ist, wird es Ihnen im Rückblick so vorkommen, als wäre es nie passiert.«
    Sie konnte ihm nicht folgen. Wollte er ihr damit sagen, sie sollte sich keine Sorgen machen? Er würde ihr … nichts antun?
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß es einfach. Für Sie ist das alles fremd. Als würde es jemand anderem passieren. Wenn es vorbei ist und Ihr Leben wieder in normalen Bahnen verläuft, werden Sie das Gefühl haben, aus einem Traum zu erwachen.«
    Sie sah ihn an, versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. »Sie haben recht«, sagte sie. »Es fühlt sich tatsächlich so an. Aber … woher wissen Sie das?«
    Er schüttelte den Kopf und schaute weg, und sie dachte:
Weil du nie aufgewacht bist.
    Die Kellnerin brachte die Drinks, und Sarah bezahlte. Sie tranken eine Weile schweigend.
    »Wieso sprechen Sie so gut Farsi?«, fragte Sarah in ihrer Muttersprache.
    »Sie wissen doch schon, warum«, sagte Ben, ebenfalls auf Farsi.
    »Mir gefällt nicht, womit Sie Ihr Geld verdienen«, sagte Sarah wieder auf Englisch.
    Ben lachte. »Macht nichts. Hauptsache, mir gefällt’s.«
    »Sie mögen Gewalt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie ist ein Werkzeug für einen Job.«
    »Und der Handwerker hat keine Freude an seinem Werkzeug?«
    »Warum sind Sie Anwältin geworden? Weil Ihnen die Juristerei Spaß macht?«
    Sie sah ihn an, überrascht, weil die Frage den Kern ihrer eigenen Zweifel traf. »Ich weiß eigentlich gar nicht, warum. Vielleicht einfach, weil ich gut darin bin. Was hat Sie in Ihr Metier verschlagen?«
    Einen Moment lang war sein Gesicht seltsam ausdruckslos. Dann sah er weg. »Das ist eine lange Geschichte.«
    Sie schwiegen wieder. Sarah sagte: »Erzählen Sie mir von sich.«
    »Was denn?«
    Eigentlich wusste sie es selbst nicht. Die Worte waren ihr einfach so über die Lippen gekommen. Sie hatte sie nicht geplant und wusste nicht, wonach sie genau fragte.
    »Ich weiß nicht. Einfach … irgendwas, was Sie mir erzählen können. Nichts über Ihre Arbeit. Irgendwas Persönliches. Damit ich das Gefühl habe, Sie wenigstens ein bisschen zu kennen.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich reiße Fliegen gern die Flügel aus. Es ist bloß ein

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