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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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werden?«
    »Sie durchschauen mich nicht.«
    »Reden Sie sich das ruhig ein. Vielleicht können Sie’s dann leichter glauben.«
    Er sah sie zornig an. Erneut bemerkte sie einen ungeheuren Druck und eine ungeheure Beherrschung an ihm. Was hatte er an sich, das in ihr den Wunsch weckte, herauszufinden, was hinter der Beherrschung lag, das in ihr den Wunsch weckte, den Druck bis zu dem Punkt zu erhöhen, wo die Beherrschung Risse bekam? Wieso wollte sie ihn unbedingt reizen? Weil er sie abfällig behandelt hatte? Ein paar rassistische Bemerkungen gemacht hatte? Er war engstirnig, und sie ließ zu, dass er auch sie engstirnig machte.
    Das alles war richtig. Dennoch hatte es keinerlei Auswirkung auf ihre Gefühle.
    Ben trank sein Glas leer. »Noch einen?«
    Sie kippte den Rest in ihrem hinunter und unterdrückte den Impuls, das Gesicht zu verziehen. »Diesmal zahlen Sie.«
    Er bestellte noch einmal zwei. Sie fragte sich, ob das eine gute Idee war. Schon der erste Drink war ihr zu Kopf gestiegen. Doch sein Angebot hatte provozierend geklungen, und sie wollte auf keinen Fall kneifen.
    Siehst du, wie albern du dich benimmst?
, dachte sie. Doch auch dieser Gedanke blieb wirkungslos.
    Sie saßen ein paar Minuten schweigend da. Die Kellnerin brachte die Drinks und ging wieder. Sarah nahm einen Schluck, blickte nachdenklich zum Fenster hinaus und genoss die Wirkung, die der Alkohol auf sie hatte. Die Bar gefiel ihr. Es war schön, hier im Halbdunkel zu sitzen und die Straße zu beobachten wie von einem geheimem Ausguck aus. Das Pearl’s lag direkt gegenüber. Sie konnte den Eingang klar und deutlich sehen.
    Und dann fiel der Groschen. Dieser Mistkerl. Dieser verfluchte Mistkerl.
    »Sie wollten gar nicht ins Pearl’s«, sagte sie. »Das haben Sie nur gesagt, weil Sie gedacht haben, ich würde Ihnen vielleicht folgen. Sie haben hier Posten bezogen, um abzuwarten, ob ich tatsächlich auftauche.«
    Er zuckte mit den Schultern. »So ungefähr.«
    »So ungefähr … verstehe, Sie haben nicht mit mir gerechnet, sondern mit, lassen Sie mich raten, mit den anderen Bösewichten? Mit den iranischen Terroristen, für die ich arbeite?«
    »Ich bin von Natur aus misstrauisch, schon vergessen?«
    »Wissen Sie was? Ich glaube Ihnen kein Wort. Kein Mensch misstraut allen anderen, nicht mal jemand wie Sie.«
    »Sie sollten sich mehr in der Welt umsehen.«
    »Ich bekomme genug mit. Sie waren früher öfter hier, nicht? Deshalb wollten Sie in ein Hotel in der Stadt und nicht in ein Flughafenhotel. Und Sie wollten auch in die Nähe von North Beach, richtig? Weil Sie sich hier gut auskennen, wussten Sie, wo Sie sich prima auf die Lauer legen können. Meinen Sie im Ernst, ich kauf Ihnen ab, dass das hier für Sie Routine ist? Dass Sie diese Nummer immer abziehen?«
    »Immer, wenn es nötig ist.«
    »Hätten Sie das auch gemacht, wenn meine Eltern nicht aus dem Iran stammen würden?«
    »Wie gesagt, immer wenn es nötig ist.«
    »Geben Sie doch zu, dass Sie es deshalb gemacht haben, weil Sie ein Problem damit haben.«
    »Ich muss Ihnen gegenüber gar nichts zugeben.«
    »Natürlich nicht. Sie müssen es nicht mal sich selbst eingestehen. Dazu fehlt Ihnen nämlich der Mumm.«
    Er legte die Hände auf den Tisch und beugte sich vor. »Jetzt hören Sie mal gut zu. Sie leben nicht in der realen Welt. Sie leben in einer Phantasiewelt. Und wenn irgendwas Ihre kleine Illusion stört – wenn Sie tatsächlich mal jemanden von denen, die Ihnen Ihren Lebensstil ermöglichen, zur Kenntnis nehmen müssen, wenn Sie auch nur mal eine Ahnung davon bekommen, was alles getan werden muss, damit Sie so leben können, wie Sie es Ihrer Meinung nach verdienen –, dann kriegen Sie einen Anfall von moralischer Empörung. Entschuldigen Sie, wenn es mir schwerfällt, Sie ernst zu nehmen.«
    Er lehnte sich zurück und trank seinen Gin in einem langen Schluck aus.
    »Sie haben recht«, sagte sie. »Ich sollte besser unabhängig und allein durch die Welt ziehen und unterwegs Leute töten, die getötet werden müssen, und um mich dann in der tragischen Würde meines aufopferungsvollen Dienstes zu suhlen. Ach ja, und ich sollte natürlich meine Familie verlassen. Das gehört selbstverständlich zur Erleuchtung dazu.«
    Sie lehnte sich zurück und leerte ihr Glas so, wie er seines geleert hatte. Der Gin brannte ihr in der Kehle und ätzte sich bis hinunter in ihren Bauch. Sie presste die Augen zu und erbebte von der Anstrengung, nicht zu husten.
    Als sie die Augen öffnete, sah er

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