Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
dies das letzte Mal, daß sie ihn sah; der Schnee würde ihn verschlingen, so wie die schneegefüllte Grube versucht hatte, sie zu verschlingen.
    Jeder Schritt war eine Qual.
    Wind. Schnee. Grausame Kälte.
    Sterben würde leichter sein als weitergehen.
    Der Gedanke jagte ihr Angst ein und gab ihr die Willenskraft, ein paar weitere Schritte zu tun.
    Ein Gutes hatte der Schneesturm: Es gab keinen Zweifel, daß ihre Spur völlig verwischt werden würde. Der wütende Wind und der heftige Schneefall würden es Spiveys Fanatikern unmöglich machen, ihnen zu folgen.
    Schnee fiel vom Himmel, als würde er aus riesigen Behältern gekippt, wirbelte in dicken Klumpen herunter.
    Wieder ein Schritt. Und noch einer.
    Als wollte er sie panzern, schweißte der Wind ihnen den Schnee an Arme, Beine, Rücken und Brust, bis ihre Kleider dieselbe Farbe wie die Landschaft rings um sie hatten.
    Etwas vor ihnen. Ein dunkler Umriß. Er materialisierte im Sturm, wurde dann wieder von einem noch wütenderen Schneeschauer verdeckt. Dann tauchte es wieder auf, verblaßte diesmal nicht. Und noch einer. Riesige Flecken aus Dunkelheit, schattenhafte Formationen, die hinter Schneevorhängen aufragten. Allmählich wurden sie klarer, deutlicher definiert. Ja. Ein Baum. Mehrere Bäume.
    Sie quälten sich wenigstens fünfzig Meter tief in den Wald hinein, ehe sie eine Stelle fanden, wo die ineinander verwo benen Äste so dick waren, daß der Schnee abgehalten wurde. Die Sicht besserte sich. Jetzt waren sie auch den brutalen Fäusten des Windes entkommen.
    Christine blieb stehen, setzte Joey ab, zog ihm die schneeverkrustete Skimaske herunter. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie sein Gesicht sah.

67
    Kyle Barlowe, Tully und Edna Vanoff sammelten sich am Waldrand unter dem letzten Baum um Grace. Der Wind griff von der Wiese zu ihnen herein, als hungerte er nach ih rer Wärme. Grace hatte die Handschuhe ausgezogen, streckte die Arme aus, so daß die Handflächen der Wiese draußen zugewandt waren, und empfing aus dem Äther dort draußen hellseherische Impressionen. Die anderen warteten stumm darauf, daß sie entscheiden würde, was als nächstes zu tun war.
    Draußen auf dem offenen Talboden war das Tosen des Blizzards wie eine endlose Kette von Dynamitdetonationen, ein beständiges Brausen, die heftigen Windstöße wie Er schütterungen, der Schnee so dick wie Rauch. Es war das passende Wetter für das Ende der Welt.
    »Sie sind in diese Richtung gegangen«, erklärte Mutter Grace.
    Barlowe wußte bereits, daß sie den Wald hier verlassen hatten, weil ihm das ihre Spuren sagten. Was ihr Ziel war, als sie nach draußen gezogen waren, war eine völlig andere Frage; obwohl sie erst vor kurzem hier weggegangen waren, waren ihre Fußspuren jenseits der Waldgrenze nicht mehr erhalten. Er wartete, daß Mutter Grace ihm etwas sagte, das er nicht selbst erkennen konnte.
    Burt Tully studierte besorgt die schneegepeitschte Wild nis vor ihnen und sagte: »Da können wir nicht hinaus. Dort draußen würden wir sterben.«
    Plötzlich senkte Grace die Hände und trat zurück, wieder in den Wald hinein.
    Sie folgten ihr, von dem Ausdruck des Schreckens alarmiert, der ihr Gesicht zeigte.
    »Dämonen«, sagte sie heiser.
    »Wo?« fragte Edna.
    Grace zitterte. »Dort draußen.«
    »Im Sturm?« fragte Barlowe.
    »Hunderte... Tausende... Sie warten auf uns. In den Wehen versteckt... warten darauf, sich zu erheben und uns zu vernichten.«
    Barlowe blickte auf das offene Feld hinaus. Er konnte nichts als Schnee sehen und wünschte, er besäße Mutter Grace' Gabe. Da waren bösartige Geister in der Nähe, die er nicht entdecken konnte, und das machte ihn auf beängstigende Art und Weise verletzbar.
    »Wir müssen hier warten«, sagte Grace, »bis der Sturm vorüber ist.«
    Burt Tully war sichtlich erleichtert.
    »Aber der Junge?« fragte Barlowe.
    »Wird stärker«, räumte Grace ein.
    »Und das Zwielicht?«
    »Rückt näher.«
    »Wenn wir warten...«
    »Könnte es zu spät sein«, sagte sie.
    Und Barlowe fragte: »Wird Gott uns nicht beschützen, wenn wir auf die Wiese gehen? Sind wir nicht durch Seine Macht und Barmherzigkeit gewappnet?«
    »Wir müssen warten«, war ihre Antwort. »Und beten.«
    Da wußte Kyle Barlowe, wie spät es wirklich war. So spät, daß sie noch wachsamer sein mußten, als sie je zuvor gewe sen waren. So spät, daß sie nicht mehr kühn sein durften. Satan war jetzt in dieser Welt ebenso stark und wirklich wie Gott selbst. Vielleicht hatte die

Weitere Kostenlose Bücher