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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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frei. Sie griff nach oben, packte Charlies ausgestreckte Hand. Vielleicht würden sie es doch schaffen. Sie grub den anderen Arm frei, packte Charlies Handgelenk.
    Der Schnee um sie rutschte. Nur ein klein wenig.
    Charlie fing an zu ziehen, und sie stemmte sich in die Höhe.
    Die weißen Mauern fingen wieder an zu fallen. Der Schnee saugte an ihr, als wäre er Treibsand. Ihre Füße verließen den Boden, als Charlie sie in die Höhe zog, und sie trat um sich, suchte verzweift nach der Wand des Lochs, traf sie, versuchte die Füße dagegenzustemmen und sich so nach oben zu schieben. Er beugte sich langsam zurück, zog sie weiter in die Höhe. Für ihn mußte das qualvoll sein — die Belastung und Anstrengung, die durch seinen unverletzten Arm und seine Schulter in die verwundete Schulter flössen und an den letzten Kräften nagten, die er noch besaß. Aber es funktionierte. Gott sei Dank. Der saugende Schnee ließ sie los. Sie war jetzt weit genug oben, um riskieren zu können, sich nur noch mit einer Hand an Charlies Arm festzuhalten, während sie mit der anderen den Rand des Lochs zu packen versuchte. Eis und gefrorene Erde gaben unter ihren zupackenden Fingern nach, aber sie griff nach und bekam diesmal etwas Festes zu packen. Jetzt, wo sie sich an Charlie und festen Boden klammerte, konnte sie sich in die Höhe hebeln und auf den Rücken, keuchend und wimmernd und mit dem entnervenden Gefühl, daß sie dem kalten Maul eines lebenden Geschöpfes entkam, einer Bestie, die aus Eis und Schnee bestand und die sie beinahe verschlungen hätte.
    Plötzlich wurde ihr bewußt, daß ihr die Schrotflinte, die sie beim Sturz am Riemen über der Schulter getragen hatte, entweder heruntergerutscht war — oder daß der Riemen gerissen war. Sie mußte noch in dem Loch liegen. Aber dieses Loch hatte sich hinter ihr geschlossen, als Charlie sie herausgezogen hatte. Die Waffe war verloren.
    Es machte nichts. Spiveys Leute würden ihnen nicht durch den Blizzard folgen.
    Sie kroch auf Händen und Knien von der Schneefalle weg, hielt nach Joey Ausschau. Und da war er, auf dem Bo den, eingerollt wie ein Fötus, die Knie hochgezogen.
    Chewbacca war bei ihm, als ob er wüßte, daß der Junge seine Wärme brauchte, obwohl er nicht den Anschein erweckte, als könnte er noch Wärme geben. Sein Fell war mit Schnee und Eis verkrustet, und er hatte Eis an den Ohren. Er sah sie mit seelenvollen braunen Augen an, die voll Verwirrung, Leid und Furcht waren.
    Sie schämte sich, daß sie ihm, wenigstens teilweise, die Schuld für Joeys Zustand gegeben und sich gewünscht hatte, sie hätte ihn nie gesehen. Sie legte eine Hand auf seinen großen Kopf, und er leckte sie ihr trotz seiner Schwäche.
    Joey lebte, war bei Bewußtsein, aber in schlimmem Zustand. Festgebackener Schnee überzog seine Skimaske. Wenn sie ihn nicht bald aus diesem Wind herausbekam, würde er sich Erfrierungen holen. Seine Augen wirkten noch ferner als zuvor.
    Sie versuchte, ihn zum Stehen zu bewegen, aber das konnte er nicht. Obwohl sie erschöpft und zitterig war, obwohl ihr linkes Bein immer noch von dem Sturz schmerzte, würde sie ihn tragen müssen.
    Sie grub den Kompaß aus der Tasche, studierte ihn und wandte sich nach Nordosten, auf den Teil des Waldes zu, wo die Höhlen sein sollten. Sie konnte nur eineinhalb oder zwei Meter weit sehen.
    Überrascht vom eigenen Durchhaltevermögen, hob sie Jo ey auf und hielt ihn in beiden Armen. Der Instinkt einer Mutter war es, ihr Kind zu retten, gleichgültig um welchen Preis, und ihre mütterliche Verzweiflung hatte eine letzte armselige Dosis Adrenalin in ihr freigesetzt.
    Charlie schob sich neben sie. Er stand auf eigenen Füßen, sah aber schlimm aus, fast so schrecklich wie Joey.
    »Wir müssen in den Wald!« schrie sie. »Aus diesem Wind heraus!«
    Sie konnte sich nicht vorstellen, daß er sie gehört hatte, nicht solange der Sturm wie eine Furie über das Feld heulte. Aber er nickte, als hätte er ihre Absicht verstanden, und sie traten wieder in die weiße Hölle hinein, vertrauten darauf, daß der Kompaß sie in den vergleichsweisen Schutz der Mammutbäume führen würde, setzten mit übertriebener Vorsicht schlurfend einen Fuß vor den anderen, um nicht wieder in eine Schneefalle zu stürzen.
    Christine sah sich nach Chewbacca um. Der Hund versuchte aufzustehen, um ihnen zu folgen. Aber selbst wenn er das schaffte, bestand doch fast keine Chance, daß er es mit ihnen bis zu den Bäumen schaffen würde. Wahrschein lich war

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